Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 3.1892
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Falke, Jacob von: Die Moderne Möbelindustrie nach ihren nationalen Unterschieden, [1]
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III. Jahrgang.
Varmstadt, nn Mär; 1892.
März-Heft.
^ nach ihren nationalen Unterschieden.
or wenigen Jahrzehnten noch wäre es
kaum möglich gewesen, von künstle-
rischen Unterschieden in der Möbel-
industrie der verschiedenen Länder zu reden. Frank-
reichs Geschmack war auch hierin so vorherrschend,
daß für die anderen Länder nichts Eigenes übrig
blieb, Heute ist das anders geworden. Ulan
wird Frankreich zwar immer noch die Vorhand
lassen müssen, gewisse Meise sehen noch
immer nach Haris, als der Heimath und
Geburtsstätte jeglichen Geschmacks,
überwiegend ist dort immer noch die
Fabrikation in Ulasse und Vielseitigkeit
— andererseits aber ist nicht zu leugnen,
daß sich außerhalb Frankreichs ein
eigener, nach den Ländern verschiedener
Geschmack in der Ulöbelindustrie her-
ausgebildet hat, der zwar wiederum
vielfach schwankt, aber doch noch seine
eigenen Wege geht. Vergleichen wir
die Möbelindustrie Deutschlands und Oester-
reichs, auch die Englands, mit derjenigen
derselben Länder
vor dreißig und vier-
zig Jahren, so zeigt
sich nicht blos ein
höchst bemerkens-
wertherUnterschied,
sondern auch ein so
außerordentlicher
Fortschritt, daß ihre
Ulöbelindustrie in diesem Zeiträume überhaupt erst eine Milchindustrie
geworden ist. Bis dahin war mehr oder weniger alles Schablone, eine
Schablone ohne Much, welche nur dem Herkommen folgte, ohne An-
sprüche an Much und Originalität zu erheben. Mittlerweile nun ist
die Reform des Aunstgewerbes und des Geschmacks eingetreten und hat
zuerst und vor Allein unsere Ulöbelindustrie aus der Gedankenlosigkeit
emporgerissen. Diese ist, wie gesagt, heute ihr Eigenes geworden, merk-
lich unterschieden von dem, was in Frankreich der gleichen Art geschaffen
wird und damals vor drei und vier Jahrzehnten geschaffen worden.
Denn während so große Veränderungen in der Ulöbelindustrie
Deutschlands, Oesterreichs, Englands vor sich gingen, ist diejenige Frank-
reichs fast ganz dieselbe geblieben. Der Grund liegt darin, daß Frank-
reich eben einen eigenen Geschmack bereits besaß und fest besaß, wäh-
rend die anderen Länder sich überhaupt erst einen Geschmack schaffen
mußten. Der französische Geschmack als ein eigener Geschmack datirt
aus der Mitte, zum Theil schon aus der erstell Hälfte des siebzehnten
Jahrhunderts. Mas die französische Aunst früherer Zeiten davon
besaß, sind doch immer nur einzelne Züge, wohl als französisch erkennbar,
aber doch nicht geeignet, der gesammten Milchindustrie einen eigenen
Landeskarakter aufzuprägen. Zn diesem Sinne entstand der französische
Geschmack erst im siebzehnten Jahrhundert, und er entstand nicht blos,
er wurde in kurzer Zeit, mit Hülse anderer Zweige der Miltur der
herrschende in den civilisirten Ländern Europas.
Zwar ist seitdem, seit Ludwig XIV. und dein Beginn der fran-
zösischen Müturherrschaft, die französische Milchindustrie manchem Wechsel
in künstlerischer Beziehung unterworfen gewesen. Sie hat eine Reihe
Stilarten durchgemacht; sie ist vom pompösen Stil Ludwigs des Vier-
zehnten zum Rokoko, zum Stil der Regentschaft, übergegangen, dann
zu der seinen, zierlichen, aber auch gezierten Art des fünfzehnten Ludwig,
hat sich unter seinem Nachfolger mit griechischen Motiven verbunden
und diese endlich im Empire zur Herrschaft gebracht. Immer aber