Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 3.1892
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Schulze, Otto: Ueber Bilder-Rahmen und Bilder in ihrem ästhetischen Verhältnis zu einander, [2]
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lich. Telegr.-Adr.: Verlag Koch, Darmstadt.
III. Jahrgang. Darmstadt, im Juli 1892.
Juli-Heft.
ahmen und
ilder in ihren: ästhetischen
erhältnist zu einander
von Gtto Schulze in Köln.
as nun die Größenverhältnisse und
Breite der Rahmen betrifft (ich
spreche hier von farbigen
Bildern), so fordern große
Bilder entschieden auch
einen entsprechend breiten
Rahmen, weil die
„Fassung" stets der
gefaßten Fläche einen
ganz bestimmten Festig-
kcitsgrad schaffen soll,
auch dem Auge gegen-
über. Nichts wirkt
trostloser, als eine
große Bildfläche in
dünnem Rahmen, ganz
abgesehen von tech-
nischenWidersprüchen.
Die Rahmenbreite bei Bildern ohne Rand muß durchschnittlich H4—'/»
der schmälsten Ausdehnung der Bildfläche betragen. Bei ganz kleinen
Bildern ist dringend zu rathen, die Rahmenbreite bis zur Breite des
Bildes zu steigern, da ein kleines Bild sonst aus der Wandfläche ver-
loren geht. Bei solchen kleinen Bildern thut es auch gut, die Bild-
fläche hervortreten zu lassen, so daß der umschließende Rahmenrand
beim Bilde am höchsten ist, die äußere Rahmenkante jedoch nach der
N)and zu flach absällt. Größere Bilder müssen im Rahmen vertieft
erscheinen, um nicht die ebene Wirkung der Wand aufzuheben; die
Bildfläche sollte hier immer tiefer liegen, sich mehr der Wand nähern,
trotzdem muß aber stets der Gindruck gewahrt bleiben, daß das Bild
nnrner noch auf der Wandfläche aufliegt, niemals darin zu versinken
scheint. Gs ist gänzlich falsch, die Bilder sich so aufgehängt zu denken,
öaß dieselben gleichsam sich in ausgeschnittenen Wandöffnungen befänden.
Gin Bild im Wandausschnitt gestattet nur das Fenster durch Ausblick
auf die Natur; ein Bild auf einer Wandfläche ist nicht nur als un-
mittelbar auf ihr vorhanden, sondern sogar von ihr losgelöst zu denken.
Gin wirklicher Schmuck darf nur aufgelegt, angehängt oder aufgeheftet
erscheinen, er darf nie die Grundform zerstören. Aus diesem Grunde
verwerfe ich auch das Tragen von Ohrringen, denn ihr Befestigen
fordert das Durchstechen des Ohrläppchens.
Das Aufhängen der Bilder ist eine eigene Sache, es verlangt mehr
Feingefühl als Geschicklichkeit. Die besten Wandflächen eines Zimmers
für Bilderschmuck sind die, welche sich rechts und links von der Fenster-
wand resp. der Lichtfluthung befinden. Die der Fensterwand gegenüber-
liegende Wand ist dazu untauglich, weil durch das direkt einfallende
Ticht auf dem Bilde Spiegelung obwalten würde, die in das Auge
zurückstrahlt, die Bilder außerdem sehr leiden würden. Gin zu hohes
Hängen darf nicht stattfinden — man findet es in Wohnungen leider
sehr häufig — selbst nicht bei hohen Räumen; s,60—s,70 Meter von
Fußboden bis Unterkante Rahmen wird sich auch bei größeren Bildern
noch günstig erweisen; mittlere Bilder dürfen überhaupt nicht höher
gehängt werden. Zwei bis fünf Bilder ergeben schon einen ausreichen-
den Wandschmuck für ein Zimmer: mehr anzubringen ist schon gewagt,
aber wer Schmuck hat, zeigt ihn, und so habe ich schon s hs Dutzend
gerahmte Bilder gezählt, „gute" will ich nicht gesagt haben. Bortheil-
haftes Hängen und gute Gruppirung der Größen ist von unendlichem
Werth, denn ein Bild soll als Bild zu erkennen sein, es soll gut ge-
sehen werden können, ohne unbequeme Stellung, ohne Anstrengung der
Augen. Bei guten Gemälden sollte der glückliche Besitzer sich besonders
vortheilhafte Standpunkte merken und diese durch Sitzmöbel kennzeichnen,
um hierdurch zu ruhiger genießender Beschauung einzuladen. Größere
Bilder sollen thunlichst die Witte der Wandfläche einnehmen, kleinere
Bilder lassen sich auch in Beziehung auf einen Schreibtisch oder ein
anderes niederes Möbel als Mittelaxe sehr gut vertheilen. Man sollte
davon abstehen, auf einer sogenannten Bilderwand seine ganze Aunst