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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 3.1892

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Barber, Ida: Hygiene und Wohnungs-Einrichtung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6760#0078

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Die mit » versehenen Illustrationen sind
Driginalzeichnungen und stehen unseren
Abonnenten zur verwerthung frei.

verbreitet in allen Aulturstaaten. — Vertreter in Leipzig: Eduard Schmidt,
(Querstraße z,.— Erhältlich durch jede Buchhandlung des In- und Auslandes.—
Nachdruck nur mit besonderer Erlaubnis; und (Quellenangabe gestattet.

Kleinere Beträge sind stets vorauszube-
zahlen. Einzelne Hefte kosten Mk. s.so.
Telegramm-Adr.: Verlag Koch, Darinstadt.

III. Jahrgang. Darmstadt, im Ngril 1892. Npril-Heft.

ggiene und Mnhnungs-Hinrichtnng.

von Ida Barbe r.

rau Kominerzienrath Helder hatte die Ein-
ladungen zu ihrem ersten Empfangstag,
zu deutsch„jour", ausgesendet. Wie freute
sie sich, ihre stilvolle, mit großem Kosten-
auswand hergestellte Wohnungs-Einrichtung
bewundert zu sehen! Das war ja Alles so
gut und zweifelsohne, daß selbst der Kritiker
von Beruf, der gute Doktor Rolf, der au
Allem etwas auszusetzen fand, mit dem Zoll
der Bewunderung sicher nicht kargen durfte.
— Liner der ersten Gäste war auch that-
sächlich Doktor Rolf, ein alter, streng blicken-
der Herr, der schon seit Jahrzehnten im
Elternhause der jungen Hrau als Hausarzt
sungirte. Nachdem er die Hrau Räthin
begrüßt und sie ihn in der angenehmen
Erwartung, eine Anerkennung über ihre
geschmackvoll eingerichtete Wohnung zu
hören, durch Speise-, Empfangs-, Spiel-,
-chlaf-, Fremdenzimmer re. geführt, sagte er, im Lehnsessel Platz nch-
mend: „Dacht' ich's doch! Biel Geld habt Ihr's Euch kosten lassen,
aber" — „Aber?" fragte die junge Frau in gespannter Erwartung.
„Aber herzlich unpraktisch seid Ihr gewesen!" ergänzte der alte Herr
Itirnrunzelnd. Die junge Frau glaubte nicht recht gehört zu haben und
^ch ihn fragend an. „Ja, ja", fuhr Br. Rolf fort, „Eie können es
chu' glauben, Lieschen — ich darf Eie doch noch so nennen? — daß
^ Hehler über Hehler gemacht haben, und wenn es geht, rathe ich
vhnen, sofern Eie gesund bleiben wollen, den ganzen Echnitzkram zurück-
äugeben, die Etaubfänger — er wies auf die reich drapirten Portieren
^ abzunehmen, statt der staubfangenden Plüsch-Bezüge derb leinene
wählen und" — „Eie scherzen, Doktor", unterbrach ihn die junge
Hrau verdrießlich, „was wäre denn eine Wohnung ohne geschnitzte

Möbel, Portieren und Plüsch-Bezüge?" „Was sie wäre? Das will
ich Ihnen bald sagen, Hrauchen", erwiderte der alte Herr, „sie wäre
ein Aufenthalt für Menschen, die gesund bleiben wollen, sich auf Hygiene
verstehen, alle keimhegenden, Bacillen erzeugenden, staubdurchtränkten
Möbel meiden!" „Eonderbar", meinte die junge Hrau, „Eie sind doch
sonst ein so braver, pflichttreuer Mensch, aber wo es gilt, Einem eine
Hreude zu verderben, da thun Eie redlich das Ihrige!" „Gerade weil
ich brav und pflichttreu bin", nahin der Doktor das Mort, „rüge ich
Hehler, suche ich Euch die Augen zu öffnen, stimme ich nicht in den
allgemeinen Ehorus ein, der alles Neue schön, entzückend, reizend findet.
Hür mich gilt nur das, was einen praktischen Werth hat; Alles, was
der Gesundheit schadet, ist mir verpönt!" „Aber, bester Doktor", nahm
die junge Hrau das Wort, „wie können denn meine harmlosen Möbel
der Gesundheit schaden?" „Das will ich Ihnen bald sagen, Hrauchen",
sprach Br. Rolf, bedächtig sein Monocle putzend. „Eehen Eie bei-
spielsweise" — er deutete aus die reich geschnitzte altdeutsche Garnitur
im Ealon — „diese mit dem Aufgebote aller Kunst hergestellten Staub-
fänger an! Tausende krank,nachende Pilzkeime finden hier bequeme
Wohnung; Luft und Licht sind —- auch ganz unverzeihlich — durch
Butzenscheiben abgesperrt, darüber Stores-, Tüll-, Eammt-Borhänge,
Passementerien, am Boden schwere Teppiche, die den Staub festhalten,
die Polstermöbel aus so niedrigen Hüßen ruhend, daß Besen und feuchte
Lappen kaum drunter weg geführt werden können; mit der Zeit wird
sich in den Gurten unter den Polstermöbeln, in den Borhängen, Tep-
pichen, Plüsch-Bezügen ein solches Gewölk von Staub festsetzen, daß
Eie in einer Staub-Atmosphäre leben, ohne es zu ahnen; das nennt
man dann modern, stilvoll!" „Aber bester Doktor", erwiderte die junge
Hrau unwillig, „reinigt man denn seine Wohnung nicht? Werden denn
Teppiche und Polstermöbel nicht geklopft, gebürstet, die geschnitzten
Möbel nicht ge—-" „Ach, das kennt man!" fiel Br. Rolf unwillig
ein. „Wenn morgen die Reinmacherei losgeht, nachdem heute 20 bis
30 Personen hier ihre schmutzigen Hüße abgewetzt, ja, da gibt es riesige
Staubwolken, jedes einzelne Etaubkeimchen wird aus seinem Bersteck
aufgescheucht; etliche entko,innen auch wohl durch Henster und Thüren,
die „leisten aber, glauben Sie nur, Hrauchen, setzen sich, ehe sie noch
 
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