Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.
Seite ^7.
März-Heft.
deutschen Zimrner so anheimelnde Traulichkeit und Behäbigkeit. Dort
ist Alles, die Möbelstücke und die übrigen Gebrauchsgegenstände, nur
Mittel zum Zwecke; hier dagegen ist der bunte Flitter nur zum Schein,
zum zwecklosen prunken und paradieren da, um den Gindruck des
Aechten, Gediegenen hervorzurusen. Die Wirkung ist jedoch verfehlt,
denn die Gegenstände sind oft so gearbeitet, um nie oder nur in seltenen
Fällen gebraucht werden zu können.
Unbefriedigt wenden wir uns ab von den Räumen, welche unserem
ästhetischen Gefühl nicht genügen konnten. Werden ja noch manche
Verstöße gemacht, welche der Reihe nach aufzuzählen nicht unsere Ab-
sicht ist; würde ja selbst das Vorbild,
das Zimmer unserer Vorfahren, manche
Aenderung erleiden müssen, um haupt-
sächlich auch in gesundheitlicher Be-
ziehung den heutigen Anforderungen
gerecht zu werden, so mag es vielleicht
genügen, mit jenem eine fast typische
Anordnung moderner Geschmacksrich-
tung herausgegriffen zu haben. Es
ist ein Hauptfehler, daß unsere Be-
strebungen aus dem Gebiete des Kunst-
gewerbes zu sehr von der Mode be-
einflußt und durchkreuzt werden. Da-
durch verlieren wir den Sinn für Ein-
heit und den guten Geschmack in ganzen
Anordnungen; überhaupt leidet durch
diesen Wechsel der große leitende Ge-
danke, die Grundidee im allgemeinen
Ausdruck. Besonders aber unterliegt
der nationale Karakter diesen äußeren
Ginflüssen beinahe ganz.
Unsere Wohnungen sind mit
allem Möglichen durcheinander und
Zusammengewürfelt und bezwecken so
das Gegentheil von dem Erhofften,
solange wir nicht ansangen, uns zweck-
mäßig nach nationalen Bedürfnissen,
unangefochten durch vorübergehende
Modelaunen einzurichten; solange wir
nicht in unserer Wohnung eine Stätte
erblicken dürfen, wo man bequem und
ungestört durch Fremdartiges seine oft
kargen Mußestunden in behaglicher
Vuhe verleben kann; solange wir nicht
wieder ein deutsches Zimmer schaffen,
das sich vom französischen, englischen
oder amerikanischen ebenso unterschei-
det, wie es sich gegenwärtig ähnelt,
solange wird auch die alte Klage
uicht zur Ruhe kommen: „meine Woh-
nung behagt mir nicht!" — Mögen
auch Fachmänner und Fabrikanten
mit allen erdenklichen Mitteln arbeiten,
so werden sie doch nicht im Stande
sein, das Richtige zu treffen, solange
sw es unterlassen, dem nationalen
Vedürsniß Rechnung zu tragen.
Eines der schönsten und höchsten
Zdeale des Deutschen ist seine Häuslichkeit, aus welcher ihn die alles
beherrschende Mode nicht vertreiben darf. Haben wir letztere erst ge-
zwungen, sich einer Wohnungs-Einrichtung wie der in obiger Schilde-
rung gewünschten, anzupassen, dann würde auch bald auf anderen
Gebieten der Modethorheit Wandel geschaffen und die moderne Gesell-
schaft von dem mancherlei Flitter der Gegenwart zum soliden Geschmack
unserer Vorfahren zurückgeführt werden können. Suchen wir wieder mit
aller Macht das herzustellen, was unseren Voreltern einst zu Eigen war,
und um dessen Besitz wir sie beneiden müßten, wollten wir zugeben,
daß es uns unmöglich ist, unseren Karakter, den vielgerühmten deutschen
Varakter, auch in unserem Heiligthum, der Wohnung, zu zeigen. —
DI
Abbildung Ar. Nvten-Pult in Renaissance.
as Mrann-Meisen der
mittels chemisch-erzeugten Dampfes.
Beizen der Möbel, pianinos und namentlich der kleineren
Galanteriegegenstände (Albums, Rahmen, Wand- und Zeitungs-
taschen u. dergl. m.), welches bisher und überall mittels Nußbaumbeize
erfolgte, machte ungeheure Mühe, da all die Gegenstände wiederholt
naß gemacht und geschliffen werden mußten, wodurch weiße Kanten
entstanden, die wiederum durch Beizen beseitigt werden mußten, auch
war es äußerst schwierig, durch dieses Verfahren einen einheitlichen, für
alle Möbel gleichmäßigen Farbeton
zu erzielen, nebenbei verzogen sich Fül-
lungen, Blätter und namentlich die
kleineren Gegenstände verursachten viel
Blühe, Aerger und Zeitverlust.
Diese Unannehmlichkeiten könnten
alle vermieden werden, wenn man sich
entschließen wollte, statt mit flüssiger
Beize, mit Dampf, welcher aus che-
mischem Wege erzeugt wird, zu beizen.
Dieses Verfahren, welches in England
schon lange, hier und da auch in Nord-
deutschland gebräuchlich ist, kann schon
deswegen empfohlen werden, weil all
die oben berührten Uebelstände weg-
sallen, die so behandelten Gegenstände
eine einheitliche, gleichmäßige, schöne
braune Farbe erhalten, auch mehrere
Möbel usw. zu gleicher Zeit gebeizt
werden können, was nicht mehr Kosten
und vor allen Dingen nicht mehr Mühe
und Arbeit wie ein einziger Gegen-
stand erfordert. Nothwendig ist es,
daß inan sich einen verschließbaren
und dichten Raum einrichtet, denselben
mit Stellagen oder Regalen versieht,
mn die einzelnen Gegenstände oder
Möbeltheile, welche sich in einem gut
abgeputzten und sauberen Zustand be-
finden müssen, ausstellen zu können,
auch können die Instrumente und Mö-
bel im fertigen Zustande diesem Raum
überantwortet werden, nur ist darauf
zu sehen, daß Thüren und Kasten dicht
schließen oder mittels Papier oder Tuch-
streisen dicht gemacht werden, um das
Einziehen des Dampfes in das Innere,
falls dieses weiß bleiben soll, zu ver-
hüten, es sei denn, daß der Innen-
raum polirt oder gewachst wurde, da
der Dampf aus Politur und Wachs
seine Wirksamkeit verliert, auch ist sehr
darauf zu achten, daß keine Gegen-
stände irgend welcher Art auf einander
gestellt werden, wodurch z.B. aus einer
Tischplatte ein Fleck entstehen würde,
der schwer zu beseitigen wäre. — In
die Mitte eines solchen Beiz-Raumes
stellt man ein Gefäß, in welchem sich ungelöschter Kalk befindet und
auf denselben gießt man zur Häfte Salmiak und zur anderen Hälfte
Wasser, und läßt dann das Ganze über einem mäßigen Feuer erwärmen.
Naturgemäß wird hierdurch der Kalk zum Löschen gebracht und ent-
wickelt einen ganz bedeutenden Dampf, und eben dieser ist es, welcher
dem Holz in ganz außerordentlich schöner und egaler Weise die ge-
wünschte braune Farbe verleiht. Namentlich für gedrehte Gegenstände
ist diese Prozedur sehr zu empfehlen, da solche trotz des Lang- und
Hirnholzes einen gleichmäßigen Ton annehmen, was bekanntlich mit
dem Naßbeizen kaum, oder nur mit unendlichen Schwierigkeiten zu
isl. - (Siehe auch Briefkasten unter L. L. in v.)
Seite ^7.
März-Heft.
deutschen Zimrner so anheimelnde Traulichkeit und Behäbigkeit. Dort
ist Alles, die Möbelstücke und die übrigen Gebrauchsgegenstände, nur
Mittel zum Zwecke; hier dagegen ist der bunte Flitter nur zum Schein,
zum zwecklosen prunken und paradieren da, um den Gindruck des
Aechten, Gediegenen hervorzurusen. Die Wirkung ist jedoch verfehlt,
denn die Gegenstände sind oft so gearbeitet, um nie oder nur in seltenen
Fällen gebraucht werden zu können.
Unbefriedigt wenden wir uns ab von den Räumen, welche unserem
ästhetischen Gefühl nicht genügen konnten. Werden ja noch manche
Verstöße gemacht, welche der Reihe nach aufzuzählen nicht unsere Ab-
sicht ist; würde ja selbst das Vorbild,
das Zimmer unserer Vorfahren, manche
Aenderung erleiden müssen, um haupt-
sächlich auch in gesundheitlicher Be-
ziehung den heutigen Anforderungen
gerecht zu werden, so mag es vielleicht
genügen, mit jenem eine fast typische
Anordnung moderner Geschmacksrich-
tung herausgegriffen zu haben. Es
ist ein Hauptfehler, daß unsere Be-
strebungen aus dem Gebiete des Kunst-
gewerbes zu sehr von der Mode be-
einflußt und durchkreuzt werden. Da-
durch verlieren wir den Sinn für Ein-
heit und den guten Geschmack in ganzen
Anordnungen; überhaupt leidet durch
diesen Wechsel der große leitende Ge-
danke, die Grundidee im allgemeinen
Ausdruck. Besonders aber unterliegt
der nationale Karakter diesen äußeren
Ginflüssen beinahe ganz.
Unsere Wohnungen sind mit
allem Möglichen durcheinander und
Zusammengewürfelt und bezwecken so
das Gegentheil von dem Erhofften,
solange wir nicht ansangen, uns zweck-
mäßig nach nationalen Bedürfnissen,
unangefochten durch vorübergehende
Modelaunen einzurichten; solange wir
nicht in unserer Wohnung eine Stätte
erblicken dürfen, wo man bequem und
ungestört durch Fremdartiges seine oft
kargen Mußestunden in behaglicher
Vuhe verleben kann; solange wir nicht
wieder ein deutsches Zimmer schaffen,
das sich vom französischen, englischen
oder amerikanischen ebenso unterschei-
det, wie es sich gegenwärtig ähnelt,
solange wird auch die alte Klage
uicht zur Ruhe kommen: „meine Woh-
nung behagt mir nicht!" — Mögen
auch Fachmänner und Fabrikanten
mit allen erdenklichen Mitteln arbeiten,
so werden sie doch nicht im Stande
sein, das Richtige zu treffen, solange
sw es unterlassen, dem nationalen
Vedürsniß Rechnung zu tragen.
Eines der schönsten und höchsten
Zdeale des Deutschen ist seine Häuslichkeit, aus welcher ihn die alles
beherrschende Mode nicht vertreiben darf. Haben wir letztere erst ge-
zwungen, sich einer Wohnungs-Einrichtung wie der in obiger Schilde-
rung gewünschten, anzupassen, dann würde auch bald auf anderen
Gebieten der Modethorheit Wandel geschaffen und die moderne Gesell-
schaft von dem mancherlei Flitter der Gegenwart zum soliden Geschmack
unserer Vorfahren zurückgeführt werden können. Suchen wir wieder mit
aller Macht das herzustellen, was unseren Voreltern einst zu Eigen war,
und um dessen Besitz wir sie beneiden müßten, wollten wir zugeben,
daß es uns unmöglich ist, unseren Karakter, den vielgerühmten deutschen
Varakter, auch in unserem Heiligthum, der Wohnung, zu zeigen. —
DI
Abbildung Ar. Nvten-Pult in Renaissance.
as Mrann-Meisen der
mittels chemisch-erzeugten Dampfes.
Beizen der Möbel, pianinos und namentlich der kleineren
Galanteriegegenstände (Albums, Rahmen, Wand- und Zeitungs-
taschen u. dergl. m.), welches bisher und überall mittels Nußbaumbeize
erfolgte, machte ungeheure Mühe, da all die Gegenstände wiederholt
naß gemacht und geschliffen werden mußten, wodurch weiße Kanten
entstanden, die wiederum durch Beizen beseitigt werden mußten, auch
war es äußerst schwierig, durch dieses Verfahren einen einheitlichen, für
alle Möbel gleichmäßigen Farbeton
zu erzielen, nebenbei verzogen sich Fül-
lungen, Blätter und namentlich die
kleineren Gegenstände verursachten viel
Blühe, Aerger und Zeitverlust.
Diese Unannehmlichkeiten könnten
alle vermieden werden, wenn man sich
entschließen wollte, statt mit flüssiger
Beize, mit Dampf, welcher aus che-
mischem Wege erzeugt wird, zu beizen.
Dieses Verfahren, welches in England
schon lange, hier und da auch in Nord-
deutschland gebräuchlich ist, kann schon
deswegen empfohlen werden, weil all
die oben berührten Uebelstände weg-
sallen, die so behandelten Gegenstände
eine einheitliche, gleichmäßige, schöne
braune Farbe erhalten, auch mehrere
Möbel usw. zu gleicher Zeit gebeizt
werden können, was nicht mehr Kosten
und vor allen Dingen nicht mehr Mühe
und Arbeit wie ein einziger Gegen-
stand erfordert. Nothwendig ist es,
daß inan sich einen verschließbaren
und dichten Raum einrichtet, denselben
mit Stellagen oder Regalen versieht,
mn die einzelnen Gegenstände oder
Möbeltheile, welche sich in einem gut
abgeputzten und sauberen Zustand be-
finden müssen, ausstellen zu können,
auch können die Instrumente und Mö-
bel im fertigen Zustande diesem Raum
überantwortet werden, nur ist darauf
zu sehen, daß Thüren und Kasten dicht
schließen oder mittels Papier oder Tuch-
streisen dicht gemacht werden, um das
Einziehen des Dampfes in das Innere,
falls dieses weiß bleiben soll, zu ver-
hüten, es sei denn, daß der Innen-
raum polirt oder gewachst wurde, da
der Dampf aus Politur und Wachs
seine Wirksamkeit verliert, auch ist sehr
darauf zu achten, daß keine Gegen-
stände irgend welcher Art auf einander
gestellt werden, wodurch z.B. aus einer
Tischplatte ein Fleck entstehen würde,
der schwer zu beseitigen wäre. — In
die Mitte eines solchen Beiz-Raumes
stellt man ein Gefäß, in welchem sich ungelöschter Kalk befindet und
auf denselben gießt man zur Häfte Salmiak und zur anderen Hälfte
Wasser, und läßt dann das Ganze über einem mäßigen Feuer erwärmen.
Naturgemäß wird hierdurch der Kalk zum Löschen gebracht und ent-
wickelt einen ganz bedeutenden Dampf, und eben dieser ist es, welcher
dem Holz in ganz außerordentlich schöner und egaler Weise die ge-
wünschte braune Farbe verleiht. Namentlich für gedrehte Gegenstände
ist diese Prozedur sehr zu empfehlen, da solche trotz des Lang- und
Hirnholzes einen gleichmäßigen Ton annehmen, was bekanntlich mit
dem Naßbeizen kaum, oder nur mit unendlichen Schwierigkeiten zu
isl. - (Siehe auch Briefkasten unter L. L. in v.)