September-Heft.
Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.
Seite f5f.
formen des romanischen, gothischen, Renaissance- und Barockstiles,
während die der letzten 5 Jahre ihre Motive mehr dem Rokoko-, Zopf-
und Empire-Stil entlehnt und außerdem japanische und orientalische
Formen mit heranzieht. Eine naturalistische Strömung, hervorgegangen
aus der irrthümlichen Auffassung des Rokoko- und Zopf-Stiles (die
beide Blumen, aber keineswegs wild-naturalistisch verwenden), wächst
neuerdings in bedrohlicher Meise an und kann uns, da fanatische Lehrer
und Schüler, die Naturalismus mit Natürlichkeit verwechseln, die Dämme
Verständiger Runstpraktiker einzureißen
suchen, leicht in die Zustände der
so er Jahre zurückwerfen. Doch ist
uns deshalb nicht bange; nur vorüber-
gehend kann solche Reaktion sich be-
haupten, und je toller sie sich gebärdet,
-desto schneller muß der Rückschlag er-
folgen. Der tüchtige Zeichner aber
braucht auch in Zeiten, wo das Un-
künstlerische herrscht, nicht zu verzagen.
Alle menschliche Thätigkeit im Allge-
meinen und die des Zeichners im Be-
sonderen ist (wie — nach Bismarck —
die Politik) aus Rompromissen zusam-
mengesetzt. Der einzelne Zeichner kann
sich nicht der herrschenden Mode direkt
widersetzen, aber sie leicht und leise
nach den Runstprinzipien, die er hoch
hält, umzumodeln, das ist ihm gegeben.
Und der Fabrikant, der noch so skla-
visch aus Eigennutz der Tageslaune
zu fröhnen sucht, vermag sich doch
nicht auf die Dauer jenen stäten Ein-
flüssen zu entziehen, die der bessere, ge-
wissenhafte Zeichner auf die Verzie-
rungsweife ausübt. So ist dafür ge-
sorgt, daß auch auf diesem Gebiete
die Bäume des Naturalismus nicht
in den Himmel wachsen.
^and-Wlasmvsaik.
^>er perderbliche Einfluß eines kalten
Rlimas auf jede Art von Wand-
malerei, welche im Freien den Einwir-
kungen der Atmosphäre ausgesetzt ist,
macht die betreffenden Runstwerke nach
kürzerer oder längerer Zeit unansehn-
lich, oder zerstört sie ganz. Selbst auf
Racheln eingebrannte Farben sind er-
sahrungsmäßig nicht allen Witterungs-
einflüssen gewachsen, und man kennt
eigentlich nur eine einzige Technik für
dekorative Ausschmückung der Wand-
flächen, bei deren Anwendung die hier
erwähnten Uebelstände nicht Vorkom-
men, nämlich die sogenannte Mosaik-
malerei. Mit dem unschätzbaren Vor-
züge einer großen Haltbarkeit ausge-
rüstet, erfreuen die in Glasmosaik
-ausgeführten Arbeiten namentlich durch
eine Sattigkeit und Leuchtkraft der
Farben, die, bedingt durch den glasigen Rarakter der Pasten, fast in
keiner anderen Technik zu erreichen sind. Außer für Monumentalbauten
äst das Glasmosaik eine reizvolle Zierde für Privatbauten, namentlich
für Villen, sowie für die Ausschmückung von Rirchen (?). Zn prak-
tischer Hinsicht läßt es sich ferner für Inschriften auf Goldhintergrund
vn Fassaden, für Dekoration rc. empfehlen. Einer verbreiteteren An-
wendung des Mosaiks setzte sich der Uebelstand entgegen, daß dasselbe
bisher von Italien bezogen werden mußte, was einmal für den Be-
steller mit bedeutenden Umständen verknüpft und sodann auch auf
Nr. HOI. Tapete für Empfangszimmer; oder bergt., Maschinendruck.
Anhalter Tapetenfabrik, E. Schütz, Dessau.
den Preis von wesentlichen: Einflüsse war. — Dem Bestreben, diesen
Mängeln abzuhelfen und einer schönen Runst bei uns mehr Eingang
zu verschaffen, verdankt die Glasmosaik-Anstalt Wichmann in Berlin
ihre Entstehung. Seit einer Reihe von Jahren bemüht, die farbigen
Glaspasten, deren Fabrikation von den Venetianern geheim gehalten
wird, herzustellen, ist dieselbe jetzt in der Lage, alle gewünschten Farben-
nuancen in kurzer Zeit hervorzubringen, und dies ist nicht nur der Fall
in Bezug auf die farbigen Gläser, sondern auch in Betreff des dem
Glasmosaik seinen Hauptreiz ver-
leihenden Goldhintergrundes.
Aber auch hinsichtlich der Zusam-
mensetzung der Glaspasten, dis eigent-
liche Arbeit des Mosaikkünstlers, kann
die erwähnte Glasmosaik-Anstalt allen
Anforderungen gerecht werden, wovon
die bereits von ihr ausgeführten Ge-
mälde Zeugniß ablegen. Der künst-
lerische Leiter der Anstalt ist der Maler
Wilhelm Wichmann, dessen langjährige
Erfahrungen auf dem für das Glas-
mosaik hauptsächlich in Betracht kom-
menden Gebiete der dekorativen Ma-
lerei ihm hierbei besonders zu Statten
kommen.
Bei Herstellung der Glaspasten ist
nicht nur die chemische Zusammen-
setzung des sogenannten Gemenges für
jede Farbe verschieden, es muß auch
die Glasmasse, bevor sie zum Verar-
beiten tauglich erscheint und die erfor-
derliche Undurchsichtigkeit und Schönheit
der Farbe hervortritt, meist mehreren
Schmelzprozessen und Behandlungs-
weisen unterworfen werden. Das Er-
zielen einer bestimmten Farbnuance ist
außerordentlich schwierig und erfordert
große Umsicht. In technischer Be-
ziehung aber erheischt die Herstellung
der Gold- und Silberpasten die größte
Gewandtheit der besonders geschulten
Arbeiter, da sonst der Glanz des Me-
talles, welches auf der Unterseite von
einer starken Glasplatte, oben jedoch
nur von einem ganz dünnen Glas-
häutchen eingeschlossen ist, nicht zur ge-
nügenden Wirkung gelangt. Meist in
Form von Platten von ca. s5—20 om
Durchmesser und 5—^2 om Stärke,
aber auch in Stäben von quadratrundem
und länglichem Querschnitt gelangt das
Farbenmaterial in die Mosaikwerkstatt.
Hier werden die Platten mit meißel-
artigen Werkzeugen in Streifen und
Würfel von meist s—2 om^ Größe
zerkleinert und von dem Mosaikkünstler
zum Bilde zusammengefügt, eine in-
teressante, aber mühsame Arbeit, welche
speziell ein feines Farbengefühl erfor-
dert. Das fertige, aber noch lose
Mosaikbild wird nun mit starkem
Papier überklebt, in Theile zerschnitten und an den Vrt seiner Bestim-
mung überführt, wo dasselbe in einen wetterbeständigen, festen Ritt
eingedrückt wird. Das Bild wird sodann vom Papier gereinigt und
erscheint nun in seiner ganzen Farbenpracht. In: Runstgewerbe-Museum
in Berlin hat die Anstalt schon seit längerer Zeit eine Ropie nach einem
von Salviati hergestellten Ehristusbilde ausgestellt und erst neuerdings
sind wiederum daselbst zwei Masken zur Aufstellung gebracht, welche,
nach den von Prof. Ewald zur Verfügung gestellten Rartons ausgeführt,
beweisen, daß derartiges Mosaik dem italienischen nicht nachsteht. „Atelier.»
Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.
Seite f5f.
formen des romanischen, gothischen, Renaissance- und Barockstiles,
während die der letzten 5 Jahre ihre Motive mehr dem Rokoko-, Zopf-
und Empire-Stil entlehnt und außerdem japanische und orientalische
Formen mit heranzieht. Eine naturalistische Strömung, hervorgegangen
aus der irrthümlichen Auffassung des Rokoko- und Zopf-Stiles (die
beide Blumen, aber keineswegs wild-naturalistisch verwenden), wächst
neuerdings in bedrohlicher Meise an und kann uns, da fanatische Lehrer
und Schüler, die Naturalismus mit Natürlichkeit verwechseln, die Dämme
Verständiger Runstpraktiker einzureißen
suchen, leicht in die Zustände der
so er Jahre zurückwerfen. Doch ist
uns deshalb nicht bange; nur vorüber-
gehend kann solche Reaktion sich be-
haupten, und je toller sie sich gebärdet,
-desto schneller muß der Rückschlag er-
folgen. Der tüchtige Zeichner aber
braucht auch in Zeiten, wo das Un-
künstlerische herrscht, nicht zu verzagen.
Alle menschliche Thätigkeit im Allge-
meinen und die des Zeichners im Be-
sonderen ist (wie — nach Bismarck —
die Politik) aus Rompromissen zusam-
mengesetzt. Der einzelne Zeichner kann
sich nicht der herrschenden Mode direkt
widersetzen, aber sie leicht und leise
nach den Runstprinzipien, die er hoch
hält, umzumodeln, das ist ihm gegeben.
Und der Fabrikant, der noch so skla-
visch aus Eigennutz der Tageslaune
zu fröhnen sucht, vermag sich doch
nicht auf die Dauer jenen stäten Ein-
flüssen zu entziehen, die der bessere, ge-
wissenhafte Zeichner auf die Verzie-
rungsweife ausübt. So ist dafür ge-
sorgt, daß auch auf diesem Gebiete
die Bäume des Naturalismus nicht
in den Himmel wachsen.
^and-Wlasmvsaik.
^>er perderbliche Einfluß eines kalten
Rlimas auf jede Art von Wand-
malerei, welche im Freien den Einwir-
kungen der Atmosphäre ausgesetzt ist,
macht die betreffenden Runstwerke nach
kürzerer oder längerer Zeit unansehn-
lich, oder zerstört sie ganz. Selbst auf
Racheln eingebrannte Farben sind er-
sahrungsmäßig nicht allen Witterungs-
einflüssen gewachsen, und man kennt
eigentlich nur eine einzige Technik für
dekorative Ausschmückung der Wand-
flächen, bei deren Anwendung die hier
erwähnten Uebelstände nicht Vorkom-
men, nämlich die sogenannte Mosaik-
malerei. Mit dem unschätzbaren Vor-
züge einer großen Haltbarkeit ausge-
rüstet, erfreuen die in Glasmosaik
-ausgeführten Arbeiten namentlich durch
eine Sattigkeit und Leuchtkraft der
Farben, die, bedingt durch den glasigen Rarakter der Pasten, fast in
keiner anderen Technik zu erreichen sind. Außer für Monumentalbauten
äst das Glasmosaik eine reizvolle Zierde für Privatbauten, namentlich
für Villen, sowie für die Ausschmückung von Rirchen (?). Zn prak-
tischer Hinsicht läßt es sich ferner für Inschriften auf Goldhintergrund
vn Fassaden, für Dekoration rc. empfehlen. Einer verbreiteteren An-
wendung des Mosaiks setzte sich der Uebelstand entgegen, daß dasselbe
bisher von Italien bezogen werden mußte, was einmal für den Be-
steller mit bedeutenden Umständen verknüpft und sodann auch auf
Nr. HOI. Tapete für Empfangszimmer; oder bergt., Maschinendruck.
Anhalter Tapetenfabrik, E. Schütz, Dessau.
den Preis von wesentlichen: Einflüsse war. — Dem Bestreben, diesen
Mängeln abzuhelfen und einer schönen Runst bei uns mehr Eingang
zu verschaffen, verdankt die Glasmosaik-Anstalt Wichmann in Berlin
ihre Entstehung. Seit einer Reihe von Jahren bemüht, die farbigen
Glaspasten, deren Fabrikation von den Venetianern geheim gehalten
wird, herzustellen, ist dieselbe jetzt in der Lage, alle gewünschten Farben-
nuancen in kurzer Zeit hervorzubringen, und dies ist nicht nur der Fall
in Bezug auf die farbigen Gläser, sondern auch in Betreff des dem
Glasmosaik seinen Hauptreiz ver-
leihenden Goldhintergrundes.
Aber auch hinsichtlich der Zusam-
mensetzung der Glaspasten, dis eigent-
liche Arbeit des Mosaikkünstlers, kann
die erwähnte Glasmosaik-Anstalt allen
Anforderungen gerecht werden, wovon
die bereits von ihr ausgeführten Ge-
mälde Zeugniß ablegen. Der künst-
lerische Leiter der Anstalt ist der Maler
Wilhelm Wichmann, dessen langjährige
Erfahrungen auf dem für das Glas-
mosaik hauptsächlich in Betracht kom-
menden Gebiete der dekorativen Ma-
lerei ihm hierbei besonders zu Statten
kommen.
Bei Herstellung der Glaspasten ist
nicht nur die chemische Zusammen-
setzung des sogenannten Gemenges für
jede Farbe verschieden, es muß auch
die Glasmasse, bevor sie zum Verar-
beiten tauglich erscheint und die erfor-
derliche Undurchsichtigkeit und Schönheit
der Farbe hervortritt, meist mehreren
Schmelzprozessen und Behandlungs-
weisen unterworfen werden. Das Er-
zielen einer bestimmten Farbnuance ist
außerordentlich schwierig und erfordert
große Umsicht. In technischer Be-
ziehung aber erheischt die Herstellung
der Gold- und Silberpasten die größte
Gewandtheit der besonders geschulten
Arbeiter, da sonst der Glanz des Me-
talles, welches auf der Unterseite von
einer starken Glasplatte, oben jedoch
nur von einem ganz dünnen Glas-
häutchen eingeschlossen ist, nicht zur ge-
nügenden Wirkung gelangt. Meist in
Form von Platten von ca. s5—20 om
Durchmesser und 5—^2 om Stärke,
aber auch in Stäben von quadratrundem
und länglichem Querschnitt gelangt das
Farbenmaterial in die Mosaikwerkstatt.
Hier werden die Platten mit meißel-
artigen Werkzeugen in Streifen und
Würfel von meist s—2 om^ Größe
zerkleinert und von dem Mosaikkünstler
zum Bilde zusammengefügt, eine in-
teressante, aber mühsame Arbeit, welche
speziell ein feines Farbengefühl erfor-
dert. Das fertige, aber noch lose
Mosaikbild wird nun mit starkem
Papier überklebt, in Theile zerschnitten und an den Vrt seiner Bestim-
mung überführt, wo dasselbe in einen wetterbeständigen, festen Ritt
eingedrückt wird. Das Bild wird sodann vom Papier gereinigt und
erscheint nun in seiner ganzen Farbenpracht. In: Runstgewerbe-Museum
in Berlin hat die Anstalt schon seit längerer Zeit eine Ropie nach einem
von Salviati hergestellten Ehristusbilde ausgestellt und erst neuerdings
sind wiederum daselbst zwei Masken zur Aufstellung gebracht, welche,
nach den von Prof. Ewald zur Verfügung gestellten Rartons ausgeführt,
beweisen, daß derartiges Mosaik dem italienischen nicht nachsteht. „Atelier.»