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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 3.1892

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Plauderei über die einzelnen Abbildungen
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Die Beziehungen der Antiquitätenliebhaberei zum modernen Kunstgewerbe, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6760#0140

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Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Seite fOZ.

Iuni-k)eft.

mit seinem gelblich weißen Licht den Blüthenstempel dieses Gewächses ersetzen. Die
unten stehende Knospe einer Teerose, mit darauf sitzendem Fischerknaben, welcher
mit seinem aus grünem Glas gedachten Ruder das ausfallende Licht dämpft, dürfte
eine reizende Beleuchtung für einen Arbeitstisch abgeben. Auch in der am Kries
angebrachten Lampe zeigen sich Teerosen als ein mit vielem Geschick und Geschmack
verwerthetes Motiv. Die Hummern in ihrem beschaulichen Dasein, sowie die an
der Decke hängende Fledermaus als Beleuchtungskörper dürften etwas extravaganten
Geschmacksrichtungen Befriedigung gewähren.

Der Wandschirm in Rokokostil, Abbildung Nr. stellt in seinen Amo-
rettengestalten die vier Jahreszeiten dar, für welche Malerei ü. In 'Wnttesm auf
licht seidenem Grund gedacht ist. Die Umrahmung in Nußbaumholz mit leichter
Vergoldung gehalten, wird das Ganze äußerst wirkungsvoll zur Geltung bringen.

Den Schluß in der Reihe der Text-Abbildungen bilden die Nummern 272 bis

Die erste dieser drei ist eine Vorlage für ein Sofakissen in Buntstickerei,
die Wahl der Karben ergibt sich von selbst nach Maß-
gabe der zur Wiedergabe kommenden Pflanzen, es
sind dies in der Hauptsache Margueriten, also weiß
mit gelb, während die Blätter und Grasrispen irr
dunkel und hellerem Grün, bis ins Gelbliche spielend,
gehalten werden können. Das Nest in graubrauner
Färbung ähnlich alten trockenen Holzreisern. Das
seine Eier so sorglich betrachtende Vögelchen ist offenbar
ein Rothkehlchen, beansprucht also schmutzig rostrothe

die ringsumher verstreuten Palmen, Papageien und sonstigen erotischen Vögel,
Nippes, Pendulen, Teppiche, Vasen usw. hat das kunstliebende färben- und schön-
heitsfrohe Auge des Besitzers selbst in fernen Zonen ausgesucht, um sich daheim
im Kreise der Lieben des seltenen Iierraths erfreuen, und dieses oder jenes Stück
zu Anknüpfungspunkten interessanter Erzählungen aus vergangener sturmbewegter
Zeit machen zu können.

Die zweite Beilage endlich, eine Fenster-Dekoration im Rokokostil,
stammt von einem jungen, talentvollen Künstler. Die ganze Drapirung des Stoffes
muß als eine originelle vom Alltäglichen durchaus abweichende bezeichnet werden.
Die Wahl des Stoffes bleibt dem Geschmack des Einzelnen überlassen.

Sollte nach all dem Gesagten eine oder die andere unserer geschätzten Leserinnen
dennoch über diesen oder jenen Punkt im Unklaren geblieben sein, so werden wir
es uns zum ganz besonderen Vergnügen schätzen, alle speziellen Anfragen im Brief-
kasten der nächsten Hefte, soweit es in unseren Kräften steht, gewissenhaft durch

unsere bezüglichen Mitarbeiter beantworten zu lassen.

Div Beziehungen der Antiguitälenlieb-
hsbrrei zum modernen Kunstgewerbe.

(Fortsetzung aus dem Mai-Heft.)

/I^in Ding vernachlässigt diese Art von Sammlungen
immer. Sie haben absolut keine Pietät und
Werthschätzung für die Provenienz der Dinge und
darin liegt eben in wissenschaftlicher Richtung der

* Abbildung Nr. 271. Rokoko-Wandschirm mit Malerei ä ts Wattssei, von H. Jesora, Dresden.

Brust, schmutzig grau- bis olivbraune Färbung des Kopfes, Rückens und der
Flügeldecken und Schwanzfedern.

Die Lampenschirme zur eigenen Anfertigung bestehen in ihren Haupt-
iheilen aus duftigem Seidenpapier oder leichten zartfarbigen Seidenstoffen. Zur
Garnitur sind in geschmackvoller Weise getrocknete oder künstliche Blumenzweige,
Libellen, Schmetterlinge, Käfer usw. zur Verwendung gedacht. Diese Arbeiten er-
fordern zwar viele Mühe und Zeitaufwand, indessen wird Alles reichlich durch das
anmuthige duftige Aussehen ausgewogen.

Nr. 374 ist die Wiedergabe eines von der Firma Winterstein (puaas in
Leipzig angefertigten Pianinodecke in Plattstichstickerei. Leider kann die
Reproduktion nicht im Entferntesten die reiche Karben-Pracht und -Harmonie der
Driginal-Arbeit zeigen, doch wollen wir wenigstens versuchen, dieselbe zu schildern:
Der Fonds ist blauer Leinenvelours, die Stickerei in Wolle und Seide, mit Um-
"ähung der Konturen durch Goldfäden. Die Umrahmung des Ganzen wird durch
eine mit Wolle und Gold verzierte Tresse gebildet.

Als Endziel unserer Betrachtungen kommen wir jetzt auf die beiden im Ent-
Wurf wie Ausführung gleich vorzüglichen Kungberlagert, deren erste den Händen
öes durch sein Talent für gediegene Dekorationsweise bekannten Architekten
lj. Kirchmayr entstammt und die Innen-Ansicht eines eleganten Salons
darstellt. Kein Plätzchen ist in dekorativer Hinsicht unbenutzt geblieben, sodaß der
Raum gewissermaßen eine Sammelstelle von Kunst- und Luxus-Gegensiänden aller Art
'1H dabei aber doch solide Behaglichkeit athmet. vielleicht hat sich der Künstler bei
Komposition das Tuskulum eines alten, wandermüden Seefahrers vergegen-
wärtigt, wie' das von der Decke herabhängende Schiffsmodell zu deuten scheint, und

Schaden. Wenn man bei einem noch so schönen Werke nicht angeben kann, woher
es stammt, so ist dasselbe wenigstens um die Hälfte entwerthet und die Wissenschaft
ist es, welche den größten Schaden davon hat. Es ist dann nicht mehr möglich,
den Zusammenhang der Schulen, der Werkstätten, die Geschichte der Meister, die
Bewegung der Kunstblüthe nach den einzelnen Provinzen usw. zu verfolgen; diese
Sachen sind stumme Zeuge», die, so schön sie auch sein mögen, für uns einen großen
Theil ihres Werthes verloren haben und gerade in dieser Beziehung geschieht
außerordentlich Schlimmes. Ls wäre doch eine so kleine Mühe für den Besitzer,
wenn er schon so ein Ding aus dem Zusammenhänge herausreißt, sich wenigstens
über die Provenienz eine Aufzeichnung zu machen, er würde der wissenschaftlichen
Forschung damit einen großen Dienst leisten.

Ich komme nun auf den zweiten Schaden zu sprechen; dieser ist wenigstens
so groß wie der auf wissenschaftlichem Gebiete. Ich habe früher gesagt, daß die
großen Sammler der Vergangenheit immer einen offenen Blick, klaren verstand
und ein warmes Herz hatten für die Kunst der Gegenwart und das Kunstgewerbe
ihrer Zeit; so sehr sie das Alte bewunderten, so offen war ihr Auge für die Gegen-
wart. Heute ist es vielfach der Fall, daß gerade Diejenigen sich die sublimsten
Kenner und Geschmackhelden nennen zu dürfen glauben, welche mit Hoffahrt herab-
schauen aus die moderne Thätigkeit gegenüber der alten. Daraus ist die unselige
Mode des „Sichalteinrichtens" entstanden. Es ist dies an und für sich schon ein
Unsinn; man kann nur alt sein durch die Zeit, man kann sich aber nicht alt machen
oder alt einrichten. Dieser widernatürliche Vorgang ist auch allmählich erst entstanden.

In der ersten Zeit des Aufstrebens unseres Kunstgewerbes begnügte man sich
im Einzelnen diesen und jenen Gegenstand, dessen man bedurfte, nach guten Bei-
 
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