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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 3.1892

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Falke, Jakob von: Die pompejanische Wandmalerei in moderner Anwendung
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Bodenschatz, Lorenz: Die Wandbekleidung der Wohnräume, [3] in ästhetischer und gesundheitlicher Beziehung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6760#0048

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Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Seite 33.

Februar-Hest.

hinlänglich Freiheit für die Anwendung der antiken Wanddekoration
erhalten, allein auf diesen Verzicht ist, wenigstens in unseren Wohn-
gemächern, schwer zu rechnen, obwohl unseres Erachtens die antike
Weise, dekorativ betrachtet, nur einen vollgültigen, ja weit vorzüglicheren
Ersatz biete» würde. — Von jener phantastischen Architektur abgesehen,
deren Nachahmung und Verwendung sich überhaupt nicht empfiehlt,
läßt sich also der antiken Dekoration nur dann das Wort reden, wenn
die Wände möglichst ganz und un-
gebrochen zur Verfügung stehen und
des weiteren Schmuckes entbehren.

Das ist also z. B. in einem Tanz-
saal der Hall, in welchem nur nie-
dere Sitze an den Wänden sich be-
finden, die etwa den: Sockel der
antiken Wand entsprechen, oder in
öffentlichen Räumen, in Versamm-
lungslokalen, auch in Hallen und
Stiegen Häusern. Hier ist fast durch-
weg vollkommene Freiheit; man
kann eintheilen nach antiker Art,
man kann die kleinen und die größeren
Bilder, die schwebenden und tanzen-
den Figuren vortrefflich anbringen
und den ganzen Zauber jener heiteren
Dekoration von Blumenstäben, Guir-
landen, Festons, geschwungenen Ge-
hängen auch unseren Wänden mit-
theilen. Nichts hindert uns, und um
wie viel größer der Reiz, wie viel
erfreulicher der Anblick als derjenige
einer in ganzer Länge gespannten
Tapete, wie kostbar sie auch sein mag,
deren ewig wiederholtes Nüster uns
doch den Eindruck der Leere und der Gede macht! was von den
genannten Räumen gilt, das besteht auch, allerdings mit größerer Be-
schränkung, für unsere Landhäuser und Villen zu Recht, deren Gemächer
doch stets mit leichteren: und geringerem Nobiliar ausgestattet zu sein
pflegen, und deren Wände man gewöhnlich nicht des kostbaren Schmucks
der Staffeleigemälde thcilhaftig werden läßt. — Aber auch die städtische

Wohnung, selbst bei unfern: gewohnten Behang und Schmuck der Wände,
braucht nicht ganz aus die Reize der antiken Dekoration zu verzichten.
Denn diese Reize bestehen nicht bloß in der Zeichnung, in den: wechsel-
vollen Reichthum der immer gleich anmuthigen Ornamente, sondern
ebenso auch in der Farbe, in ihren Tönen wie in ihrer Harmonie. Bis-
her ist es fast nur das sog. Pompejanerroth, von welchen: in unserer
Wohnung, und insbesondere in den Speisezimmern, Gebrauch gemacht

wurde, aber keineswegs immer in
glücklicher Weise, denn dieses Roth
ist nur zu oft in unserer Anwendung
stumpf und fuchsig braun ohne die
Schönheit, welche die Alten dieser
Farbe zu geben wußten. Aber neben
Roth sind es auch andere Farben,
welche in ihrem besonderen Ton, in
ihrer Heiterkeit oder Sattheit dem
Roth ebenbürtig sind, so z.B. Blau
(man könnte ebensogut von Pompe-
janer Blau reden), sodann Grün,
Gelb, ein warmes Drap u. a. Selbst
schwarze Wände, ausgeheitert durch
Helle und lustige Ornamente, hat die
antike Dekoration brauchbar und
künstlerisch zu machen verstanden. —
Wenn wir diese Farben alle auch
für unsere Wände zum Nüster neh-
men, werden wir auch annähernd
die gleiche Schönheit in unsere Woh-
nung tragen. Wir verzichten dabei
völlig auf alle und jede sich wieder-
holenden Tapetenmuster, und wir
können das umsomehr, als wir ja
unseren beweglichen Schmuck dex
Wände nicht auszugeben brauchen, wo wir Ornament bedürfen, als
Fries, als Umrandung in den Ecken herab, da finden wir in der antiken
Dekoration die schönste Quelle dafür, sowohl was die Zeichnung wie
die Farbe betrifft. — Und so sind wir in: Stande, uns das Wesentliche
von der pompejanischen Wanddekoration dennoch anzucignen, wenigstens
eine Fülle von Reizen, die uns heute nur zu sehr fehlen. —

2 Abbildung Nr. -MI. Schmiedeeiserner Tlliirbogcu.

etwa Stoff-Imitationen oder Ton in Ton gehaltene Muster zu empfehlen.
Ebenso in den: Speisezimmer, welches sich vorzüglich für satte Farben-
töne oder, je nach der reicheren Ausstattung, auch für gepreßte Leder-
tapeten eignet, wenn man nicht für Holzvertäfelung schwärint.

Vor Allen: ist die Harmonie der Farben zu berücksichtigen. Ls
ist durchaus falsch, wenn Jemand glaubt, daß zu einem rothen Möbel-
stoff auch eine rothe Tapete gehört. Dies wäre uniform, und es ist
bekannt, daß die Uniformität der größte Feind jeder Individualität
und jeder Aunst ist. Zu rothen Möbeln nehme man etwa eine oliv-
sarbene Tapete, zu blauen Möbeln chamois oder gelblich, zu grünen:
Möbelstoff paßt eine rothbraune Tapete und umgekehrt. Grundsatz ist,
daß die Tapete berufen ist, die Möbel und sonstigen Ausstattungsstücke
eines Zimmers zu heben, daß sie durch harmonische Aontrastsarben
Möbel- und Vorhangstoffe erst recht zur Geltung bringen soll. Hat
man einfarbige Möbelstoffe, so kann die Wand mit reicherer Drna-
mentation versehen sein, sind die Möbelstoffe dagegen bunt, so wähle
man eine mehr Ton in Ton gehaltene Tapete mit reicher Borde.

Im Uebrigen verweisen wir betreffs der richtigen Wahl der Ta-
peten auf die im Verlage vorliegender Zeitschrift erschienene Broschüre:
//Ausschmückung und Einrichtung der Wohnräume unter be-
sonderer Berücksichtigung der Wahl der Tapeten", welche
Schrift durch jede Buchhandlung zum Preise von 60 Psg. bezogen
werden kann. *

Ein Hauptmittel, die Wandbekleidung selbst zu heben, ist eine
wirkungsvolle Borde. Wie der Besatz den Toiletten unserer Damen,
so verleiht die gut gewählte, nicht zu schmale Borde unseren Zimmern
<'inen erhöhten Reiz. Will man eine sehr gute, reiche Wirkung erzielen,
!o lasse man die Borde nebst einem begleitenden Fries jede Wand voll-
ständig umschließen, wozu besondere Borden mit Eckstücken in jeder

Tapetenhandlung zu haben sind. — Auch den Plafonds widme man
etwas mehr Sorgfalt, verbanne endlich alle noch vorhandenen weißge-
tünchten Decken und lasse solche von einen: tüchtigen Meister malen,
oder mit guten Plafondmustern und Borden tapeziren. Es läßt sich
dies Alles in brillantester Weise, ebenso aber auch einfach und mit
wenigen Mitteln Herstellen.

Einen Hauptfaktor für ein behaglich und, wollen wir sagen „stil-
voll" eingerichtetes Zimmer bildet der Anstrich von Thüren und Fenstern.
Dank der Renaissance sind wieder Farben in unsere Wohnung einge-
kehrt und die Zeit der weißangestrichenen Thüren und Fensterrahmen
und sandgescheuerten Fußböden ist gottlob vorüber. Aber immerhin
finden wir noch in gar vielen Wohnungen diese Ueberbleibsel einer-
nüchternen farblosen Epoche und in: Interesse einer richtigen Dekora-
tionsweise ist deren gänzliche Entfernung nicht genug zu wünschen.
Thüren und Fensterrahmen sind von Holz und so lasse man ihnen auch
den Aarakter des Holzes, welches in seiner natürlichen Maserung viel
besser zu unsrer jetzigen farbenreicheren Wand-Dekoration paßt und har-
monischer wirkt, als der kalte porzellanartige weiße Anstrich. Auch die
weißen Porzellanösen passen nicht mehr zu unserer heutigen Zimmer-
Dekoration und wo irgend möglich, vertausche man diese mit einen:
farbigen Uachelosen, welche jetzt in guten Farben und Formen ange-
fertigt werden und viel zur Behaglichkeit eines Zimmers beitragen.

Wie bereits Eingangs flüchtig erwähnt, spielen heutzutage die
Bilder eine Hauptrolle in unserer Dekorationsweise und sind auch hier
gewisse Regeln zu beachten. Z. B. Oelgemälde oder Aupserstiche in
Goldrahmen hänge man möglichst aus eine mehr einfarbige, dunkle
Wand, damit Bild und Rahmen zur Geltung kommen, Bilder mit
schwarzen oder braunen Rahmen erfordern dagegen einen mehr-
heiteren Hintergrund, der sogar etwas bunt sein kann. (Schluß folgt.)
 
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