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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 3.1892

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Barber, Ida: Mode in der Wohnungs-Einrichtung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6760#0017

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Januar-Heft.

Seite 9.

ode in dev, ^Wohnungs-Minrichtung.

)eine Frau ineint", sagte mir unlängst ein guter freund, der viel
auf Repräsentation und standesgemäße Hausführung lflilt,

„daß unsere Einrichtung nicht mehr den Ansprüchen der Neu-
zeit gemäß sei; rathen, Helsen Sie ihr, ich bitte, — der Kostenpunkt spielt da
für mich keine Rolle — welche Anschaffungen nothwendig sind, um Alles
dem modernen Gesckmack entsprechend herzurichten!" Das war leichter
gesagt als gethan. Frau v. N. hatte ja bereits täglich
Atzungen mit Dekoratören gehalten, war in der
Jagd nach stilistischen Neuheiten von einer
Modedame ihrer Bekanntschaft zur an-
deren gefahren, aber sonderbarer Weise
wie trefflich sich die Modeheroinen
auch auf putz und Kleider ver
standen, vom Dekorationsfach
schienen sie herzlich wenig
Kenntnisse zu besitzen. „Alles,
was ich gesehen", meinte
Frau v. N., „entspricht
nicht meinem Ideal einer
stilvollen Einrichtung!

Freundin Laura hat
im Boudoir einen ja-
panischen Stil, — das
soll ja wohl ultra-
modern sein, — ich
aber finde die grad-
linigen Möbel, die bun-
ten Paravents,die Fächer-
dekorationen und Pago-
den geradezu langweilig;
da ist mir doch mein Ro
koko-Boudoir, wenngleich die
Dekoratöre meinen, Rokoko sei
PL88>5, tausendmal lieber! Freun
din Ella ist ganz stolz aus ihren
Talon im Stil Louis XVI., aber
die bestickten Seidenbczüge, die mit
Drapees garnirten Möbel, die stockartigen Füße
— all das entspricht meinem Schönheitssinn
nicht; weit eher würde ich mich noch für ein
im Stil IxOrri,8 criaslorxe gehaltenes Mobiliar - ''

entschließen, aber da heißt es, dies Genre sei Malerei für Pianino oder Ramtel er,
veraltet, Barock- und altdeutschen Stil sucht
man fast in jeder Trödelbude; ich weiß that-

sächlich nicht, was ich wählen soll, und doch muß alles lns zum nächsten
..fforir", den ick M ersten der Saison mit Glanz eröffnen wül, ftrbg ckm
Die arme, reiche Frau that mir leid, welche Sorgen hatte chr
schon ihre „stilvolle Einrichtung" gemacht! Jahr em, Jahr au^ plagte
sie sich, aus den verschiedenen Dekorations- und Antrqmtaten-Geschasten,
ja aus Trödlerhallen Alles zusammen zu tragen, was stilvoll sem könne.

Die Tagesmode war die Göttin, der sie diente.

sie für Holzmosaik, für Holztapeten, für indisch-chinesilche Möbel,
morgen für Brahminen-Sprüchc, mit denen sie ihr — altdeutsches -peffe-
Zimmer zieren wollte — für eine MrvLQte cke silvL zum live 0
elocK IeL, für Eckdckorationen aus Palmen, Edelweiß u. dergl. ine ir.

Ansummen wurden Jahr ein Jahr aus für die sogenannt», stilvo e
Einrichtung verschwendet und dabei machte sie den Eindruck, als wäre


sie auf diversen Möbel-Ausverkäufen zusammengeholt worden. — „willst
Du eine wirklich stilvolle Einrichtung sehen", sagte ich ihr, „so begleite
mich morgen in das Palais des Herzogs D. wir werden da Ge-
legenheit haben — das herzogliche paar kommt erst übermorgen von
der Hochzeitsreise zurück, — eine ebenso reiche, wie moderne und stil-
volle Einrichtung zu sehen. Du magst daraus erkennen, was Du eventuell
anschaffen mußt, um Dein Heim zu resormiren." — Frau
v. N. war entzückt von der sich ihr darbietenden
Gelegenheit, die sie mit Freuden ergriff.
Punkt sO Ahr holte sie mich des anderen
Tages in ihrem mit blauem Atlas
ausgelegten Toupe ab, kaum sO Mi-
nuten später betraten wir das
herzogliche Palais, dessen feen-
haft schöne Einrichtung mir
durch eine Gunst des Zu-
falls schon Tags zuvor
zu schauen vergönnt war.
Das „Sesam öffne dich"
in Form einer Empfeh-
lungs-Karte an den
Vber-Hofmeister übte
auch heute seine Wun-
derkraft. Meine Be-
gleiterin machte große
Augen, als wir die im
griechischen Stil erbaute
Vorhalle betraten. Das
Mittel-Portal besteht aus
vier dorischen Säulen, die
in blau-roth-goldenen Tin-
ten gehalten, das effektvollste
polycrom zur Geltung bringen.
In Blau-Roth-Gold sind auch
die Wandbekleidungen, die längs
der Fenstervertiefungen angebrachten
Drapees, die Nischenbekleidungen. Die
Mitte des Vorhofes ziert ein Springbrunnen
mit Marmor-Bassin; Algen und Seepflanzen
schimmern durch das feuchte Naß hindurch.
Zwei breite Freitreppen von weißem Marmor
mit purpurrothen Velours-Teppichen belegt,
führen in die oberen Räume. Fußboden und
Decke des Vestibüls sind aus Mosaik, die
Wände mit japanischen Tapeten bekleidet, prachtvolle mit goldschil-
lerndem Metall inkrustirte Thüren aus dunklem Eichenholz führen oben
in eine Halle, deren Fußboden mit Hochrothen Teppichen belegt, die
wände mit rothcm Mahagoniholz etwa 5 Fuß hoch getäfelt sind;
nach oben zu indische Malereien, die auch die Decke zieren. Die Mitte
der Halle nimmt eine Vase aus Karlsbader Porzellan ein, ein Pracht-
stück, das die pickenheimer Fabriken (Firma Fischer L Mieg) gelegentlich
der Wiener Industrie-Ausstellung gefertigt. — Die Vase ist circa 8 Fuß
hoch, mit Amoretten bemalt, der Fond blau wie Lapis Lazuli. —
Palmen und exotische Blumen zieren die Ecken und Nischen. — Zur
Rechten der Vorhalle befindet sich der in maurischem Stil ausgestattete
Empfangssalon. Die wände sind mit terrakottafarbigem Seiden-Peluche
bezogen, von dem sich altmaurische Stickereien effektvoll abheben, den
 
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