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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 3.1892

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Stockbauer, Joseph: Der Blumenschmuck im Hause
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https://doi.org/10.11588/diglit.6760#0084

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April-k)est.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Deköration.

5eite 63.

^ im Dause.

von I. Stockbauer.

onii man behauptet, die Freude an den Blumen, an deren Duft und
Farbe, sei eine angeborene, allen Menschen eingepflanzte, so ist das
nur in den» Maße wahr, wie auch andere gute Eigenschaften, die
Liebe zur Wahrheit, zum Schönen, Guten angeboren erscheinen, aber
erst durch Erziehung ausgebildet und gereift werden müssen, wenn sie nicht ver-
borgen bleiben sollen. Er-

ziehung und Gewohnheit sind j
in dieser Beziehung gar
mächtige Faktoren; dazu kom-
men noch die Eindrücke der
Kindheit, die einen durchs ganze
Leben begleiten. — Die Er-
ziehung zum Schönen gründet
sich auf die natürlichen, allge-
mein menschlichen Anlagen,
aber sie wird beeinflußt von
Mode und vorurtheil und bleibt
daher ebenso vielen Modali-
täten und Veränderungen un-
terworfen, wie die Erziehung
überhaupt. Line nüchterne,
auf das reine Nützlichkeits-
prinzip sich stützende Richtung
betrachtet das Schöne nur vom
Standpunkt des Geldes — oder
praktischen Genußwerthes aus;
eine in sich harmonisch abge-
schlossene Kultur pflegt das I
Schöne seiner selbst willen vom
ideal menschlichen Standpunkt
aus, und in dieser Beziehung
sind zufriedene, von dem Ver-
kehr abgeschlossene Landleute
oft den gebildeten Kreisen in
Städten überlegen. — Line
außerordentliche Blumenfreu-
digkeit mußte im alten Egyp-
ten herrschen. Die Abbildungen
in Tempeln und Palästen führen uns vorzugsweise Blumen vor und namentlich ist
«s die heilige Lotosblume, der wir in Verbindung mit dem Papyrus fast überall
begegnen. Diese Blume fand die vielseitigste Verwendung. Man verkaufte sie, wie
H. Klein in der Gartenlaube schreibt, auf Straßen und Märkten, pflegte sie in
Kübeln und Töpfen, stellte sie als Jimmerschmuck in zierlichen Alabaster- und Thon-
vasen auf und erfreute sich an ihren lichten Farben und am zarten, zimmtartigen
Geruch der Blüthe. Lotosblumen waren das bevorzugte Geschenk der Liebenden;
man trug sie als Amulet aus Holz und gebranntem Thon. Es galt als ein Zeichen
seiner Sitte, nicht nur bei großen öffentlichen Festen, sondern auch in Privatkreisen
und Gesellschaften, mit einer Lotosblume in den Händen zu erscheinen. Den Gästen
wurde oft ein Blumenkragen an den Hals gelegt, ihr Haupt gesalbt und mit
Kränzen geziert, aus denen eine Lotosknospe über die Stirn herabhing. Auf Bildern
von Festmahlen tragen die Gäste Lotosblumen in der Hand, die von den Dienern
und Dienerinnen immer durch frischere ergänzt werden.

wie in Egypten war es auch in Griechenland mit der Vorliebe für Blumen
bestellt. Die griechische Grnamentik ist eine ins Detail ausgebildetc Blumensprache.
Krönende und abschließende Glieder, Verbindungs- und Konfliktssymbole, wie wir
solche an den Vasen- und Tempelmalereien, an den Marmor- und Bronzearbeiten
sehen, sind fast ausschließlich dem Pflanzenreiche entnommen. Der Lotos und das
Palmenblatt, Exheu- und Lorbeerkränze und vor Allem der plastische Akanthus
finden eine weitgehende Anwendung. Eine solche allgemeine Verwendung der
Blumen für Dekoration kann nicht auf eine gewisse Laune der Besitzenden zurück-
gehen, sondern kann nur aus dem breiten Boden einer ganzen Volksseele erwachsen.
Thatsächlich finden wir selbst von einigen Schriftstellern dieses bestätigt. — „In
Griechenland", schreibt Liner, „war es allgemein Sitte, Blumen und Sträucher
in Gefäßen zu ziehen, und zur Zeit des Perikles gab es bereits in Athen Dach-
gärten und mit Topfpflanzen beschattete Dächer. Reiche pflegten Blumen in silbernen
und korbartigen Gefäßen und Vasen, minder Begüterte in Weidenkörben und Holz-
gefäßen. viele neue Blumen wurden eingeführt und der Rosenkultus gewann
größere Ausdehnung. Als Dionysos aus Asien nach Griechenland zurückkehrte,
wurde er von Aphrodite mit einem Rosenkranz statt des Epheus geschmückt".

Der Verbrauch an Blumen beim Tempeldienst und bei Festlichkeiten, sogar bei
jedem großen Gastmahl war ein viel größerer als bei uns, und durch Gebrauch
waren gewisse Blumen zu bestimmten Zwecken vorgeschrieben. Die Blumenver-
käuferinnen und Kranzwinderinnen bildeten eine Art Kunstznnft und mehrere sind
s. Z. berühmt geworden, wie die Glycera, welche pausias in einem Bilde verewigt
hat. Dieses Blumengeschäft der Griechinnen hat sich bis in die Römerzeit erhalten,
allerdings auch die nach unseren Begriffen etwas freie Auffassung des Lebensgenusses
derselben. — Da die Blumen bei den Griechen eine bestimmte Bedeutung hatten,
viele besonderen Göttern geweiht waren, so mußten die Blumenkünstlerinnen mit
der Mythologie genau bekannt sein. Aber die meisten Ansprüche an die Blumen-

Abbildung Nr. Z28. Persische Vlumrndase aus Larence.

weit machte schon damals, wie heute noch, Eros, der Bezwinger der Herzen, und
ein griechischer Dichter legt deshalb einem Blumenmädchen folgende Worte in
den Mund: ^ N 's - u ck. t d f> d rn n - 'd

Selbst die individuelle Vorliebe für einzelne Blumen finden wir schon hoch
entwickelt und das duftende Veilchen war die Nationalblume der Athener. In den
Städten gab es regelmäßige Blumenmärkte, deren Besuch an Festtagen ein außer-
ordentlich großer war. (Jäger, Gartenkunst und Gärten.)

Der Mitteltheil des römischen Hauses, das Lavaedium, unfern unbedeckten
Höfen vergleichbar, mit einem Wasserbassin in der Mitte, hatte um dasselbe einen
Rasenplatz, auf dem Lorbeer, Myrthen, Rose», oft auch geschnittene Zwergbäume
standen. In kleineren Häusern werden solche und ähnliche Bäume in irdenen oder
steinernen Gefäßen aufgestellt. In Pompeji fand man solche mit Erde gefüllte
Töpfe. — Das Peristyl, das sich an das Lavaedium anschloß und eine gedeckte
Säulenhalle war, war reich mit Pflanzen und Blumen geschmückt. In kleineren
Häusern waren die Pflanzen in Stein- und Thongefäßen aufgestellt und an manchen
Peristylwänden in Poinpeji fand man fortlaufend ausgestellte steinerne Tröge, worin
Pflanzen, wahrscheinlich Schlingpflanzen, gezogen wurden. Auch zwischen den Säulen
des Peristyls standen Vasen mit Blumen und grünen Pflanzen abwechselnd mit den
Erzeugnissen des Erzgusses und der Marmorplastik. — Je mehr die Bauplätze be-
schränkt wurden, desto mehr wurde auch der Raum für das peristyl und den daran
schließenden Hausgarten eingeengt, und man kam deshalb auf den Gedanken, auf
den Dächern Gärten anzulegen, welche schließlich so häufig wurden, daß in den
Rechtsbüchern besondere Bestimmungen erlassen wurden. Auf dem sorgfältig vor-
bereiteten Boden dieser Gärten standen die Pflanzen in tiefen, viereckigen Kästen,
in Gefäßen von Thon und Blei, wer keinen Dachgarten hatte, begnügte sich mit
einem wcinumrankten Portikus am Hause. Auch die Fenstergärtnerei, welche in
Küsten Blumen, aber auch Schnittlauch, Petersilie und dergleichen zog, war bereits
im alten Rom bekannt. — Wie in Griechenland und bei den alten Völkern über-
haupt, war auch bei den Römern die Rose die Blume der Blumen, die Königin,

Abbildung Nr. Z2I. Holländische Vlumenvase NUS Znyence.

welche überall angepflanzt wurde. Ich will die fabelhaften Angaben über die Ver-
schwendung der Rosenblätter bei Festen und Mahlzeiten nicht wiederholen, nicht
erwähnen, daß der Fußboden oft tief mit Rosenblättern bedeckt war, daß nach
Mahlzeiten Rosenblätter von der Decke wie ein Regen herabgeschüttet, daß Kränze
 
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