Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 3.1892

DOI Artikel:
Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Licht-Verhältnisse und Innen-Dekoration, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6760#0158

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Juli-Heft.

Seite s23.


ischl- Merüältttisse und -Dirnen-^Wekoration.

von ff. L. von Berlepsch, München.

und Weise der Zufuhr von Licht für Innenräume, oder,
um rein architektonisch zu sprechen: Die Zahl und Größe
U der Hagadendurchbrechungen üben zweifelsohne nicht nur einen
ganz wesentlichen Einfluß auf die äußere Gestalt und Ent-
wickelung der Gebäude aus; sie^ haben auch Theil an der
Art, wie die innere Dekoration des Hauses sich gestaltet.

Es gilt dies nicht allein von den Räumen, wie sie nach
dem Belieben des Bauherrn entstehen, der frei über die
Ausnützung seines Platzes disponiren kann, vielmehr ist es
auch der Hall bei den Miethswohnungen, wo überhaupt
auf die Erscheinung der Zimmer nicht blos hinsichtlich ihrer
Größenverhältnisse, sondern auch in Bezug aus Wahl der
Tapeten, Anordnung des Plafonds, Anstrich der Thüren rc. rc.
dem guten Geschmacke ein gewisser Spielraum gelassen werden
kann. Die Anzahl jener Glücklichen, die ihr heim ganz
nach eigenem Ermessen schmücken und der Elastizität ihrer
Geldbeutel dabei eine gewisse Araftleistung zumuthen können,
ist eine relativ außerordentlich kleine. Weit (leichter ist es
natürlich für diese, speziellen Neigungen Raum zu geben,
die Zimmer in ihren Dimensionen,
in der Eintheilung der Wände, der
Gestaltung der Decke so aneinander
zu reihen, daß ihnen ein gewisser
Entwicklungsgedanke zu Grunde liegt,
und dabei nicht blos Abwechselung,
sondern auch eine gewisse Steigerung
des Eindruckes erzielt wird. Eine
Musterleistung in dieser Art zeigt die
Billa des in aller Welt bekannten
und hochgeschätzten Malers Hranz
von Lenbach in München. Auf diese
wird an der Hand von Illustrationen
in einem späteren Artikel des Speziel-
leren zurück zu kommen sein. —

Das Mittelalter kannte den Ge-
brauch von großen Hlächen klarer
und durchsichtiger Glasscheiben nicht. An
kräftig vom Tageslicht erhellte Räume darf
man da nicht denken. Wo die Mittel es ge-
statten, werden die Hensterflächen entweder mit
kleinen zusammengefaßten Glasstücken, viel-
leicht auch in größerem Maßstabe mit farbigem
Glase ausgesüllt. An eigentliche Glasmalereien
ist dabei indessen weniger zu denken, als an
eine gewisse Art von mosaikartiger Zusammensetzung der Scheiben, denn
die Anwendung förmlicher Glasmalereien zu profanen Zwecken fällt
erst in die Zeit der Renaissance. Die meisten Räume werden mithin
Mehr oder weniger immer etwas dämmeriges gehabt haben, wie es
Noch heute bei den gut erhaltenen Airchen aus jener Zeit der Hall ist.
Daher denn auch die starke Anwendung kräftig leuchtenden Materiales,
an manchen Altären z. B. völlige Vergoldung. Diese bezog sich ganz
Sewiß nicht allein auf die Auszeichnung des Ortes selbst, vielmehr hatte
sie den Zweck, in dem halblichte die Gesammtform stärker hervortreten
Zu lassen, als es der Hall gewesen wäre bei Anwendung von stumpferen
Tönen. Gleiches mag zum Theil die reiche Durchwirkung der Arazzi
Mit Goldfäden veranlaßt haben, ebenso wie die Goldgrundirung ge-
musterter Ledertapeten. Dies gilt natürlich zumeist von den Länder-

' Abbildung

Rroulruchtrp in Bronze, tue Gaslicht.

Ausgeführt von Zulaus L Lo., Höchst a. M.

strecken, welche zufolge ihrer klimatischen Verhältnisse nicht jenes herein-
ziehen der Natur in die innere Architektur gestatten, wie es an den
Bauten südlicher Länder (offene Loggien rc. rc.) durch die vorwiegend
wärmere Witterung ermöglicht wird. Aus diesem Grunde
begegnet man auch im Norden nie den hohen Räumen,
wie sie der Süden, der weite, luftige Zimmer nothwendig
macht, bei allen Anlagen architektonisch ausgebildeter Art
ausweist. Dieser Umstand allein schon genügt, um bezüglich
der Dekorationsweise wesentliche Unterschiede zu bedingen.
— Der engen Lingeschlossenheit der Städte mit Thürmen
und Mauern entsprach, zumal im Norden, die Lebens-
gewohnheit der Menschen, die viel weniger mit der freien
Natur in Berührung kamen, als dies in späteren Jahrhun-
derten der Hall wurde. Daher denn auch in der Malerei das
Vorwiegen einer Modellirung in hell und Dunkel, die An-
wendung kraftvoller Lokaltöne, dagegen das Hehlen des
farbig behandelten Schatten, ebenso wie des gleicherweise
farbig behandelten Lichtes. Lichtverhältnisse und Malerei
stehen immer in engstem Zusammenhangs. Daß man z. B.

gerade bei den alten Niederländern
auf gar vielen Bildern eine gewisse
tiefe Gesammtstimmung mit außer-
ordentlich stark markirten einzelnen
Lichtern sieht, ist gewiß kein Zufall,
sondern eine Holge der nicht allzu
starken Lichtzufuhr für die Innen-
räume. In einem Zimmer mit klei-
nen: Henster ist die Wirkung des
Lichtes an den beleuchteten Stellen
eine viel heftigere, als da, wo ein
breiter Lichtstrom die Schatten aus
jenes Maß reduzirt, welches durch
den Strahlen - Uurs bedingt wird.
Rembrandt wäre wahrscheinlich in
einem Oberlicht-Atelier zu anderen
Resultaten gekommen, als es bei
seinen fast immer unter Wirkung geschraubter
Lichtquellen stehenden Bildern der Hall ist.
Das Gleiche gilt von einer Reihe der bedeu-
tendsten niederländischen Maler.

Die Spätgothik brachte im profanbau
das System stark durchbrochener Hacaden mit
möglichst wenig lichtraubenden Pfeilerstellungen
über einander. Eine ganze Reihe von Rath-
hausbauten könnte dafür als Beispiel aufgeführt werden. Wie stark
weiterhin das Bedürfniß nach guter Belichtung der Innenräume stieg,
geht aus dem Umstande hervor, daß es z. B. in der Schweiz, deren Glas-
malereien bekanntermaßen einen Weltruf genossen, am Ende des s 6. Jahr-
hunderts Usus wurde, eine gemalte Scheibe gegen eine solche von reinem,
möglichst durchsichtigem Glase einzutauschen; das ist sicherlich mit einer
der Umstände, daß schließlich die farbige Dekoration der Henster mehr und
mehr in den Hintergrund gedrängt wurde, und an deren Stelle die einge-
schliffene Zeichnung auf durchsichtigem Grunde trat. Ebenso wird der
grüne oder schwarze Ofen mit Reliefkacheln durch die farbigen Arbeiten
dieser Gattung verdrängt, bis auch diese durch den ganz weißen Ofen
ersetzt werden. Das s8. Jahrhundert entspricht in dem möglichst decent
gehaltenen farbigen Schmucke seiner Innenräume vollständig der An-

Nummer 382.
 
Annotationen