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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 3.1892

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Licht-Verhältnisse und Innen-Dekoration, [1]
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Barber, Ida: Einrichtungs-Schmerzen, [2]
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Interieur des bulgarischen Fürstenschlosses in Sofia, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6760#0160

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jllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für jnnen-Dekoration.

Seite f25.

Juli-Heft.

ist des Hausherrn wohlüberlegter logischer Ausspruch. Ls blieb nichts
Anderes übrig, als möglichst große Flächen dieses „Zopf-Salons" zu
verdecken mit Bildern, Stoffen, Paravents, denn so schön auch ein ächter
Zopf- oder sagen wir RokokoRaum ist,
so sehr wenig passend sind diese Ge-
schichten für die Bedürfnisse unserer
Tage, wo man (d. h. vernünftige Leute,
die der Bequemlichkeit gerne alle „Stil-
Vollheit" zum Opfer bringen) eine be-
queme Ottomane jedem feingefchnitzten
und feidenüberzogenen Rokoko-Möbel
vorzieht, vorausgesetzt, daß man nicht
über Räume disponire, die blos zum
Bewundern, nicht zum Gebrauche
vorhanden sind (auch Räuze, die das
lieben, gibt es).

Das bunte Allerlei, was uns heut-
zutage behufs Wohnungs-Ausstattung
zu Gebote steht, bietet der Fantasie,
dem Geschmacke im Arrangement weit
mehr Spielraum, als die stilächteste
Stube es thut. Orientalische Teppiche
vertragen sich vorzüglich mit Möbeln,
deren Ueberzüge in rothem französischen
Hosenstoff hergestellt und in der Form
des Sitzes und der Lehne dem Be-
dürfniß nach Wohlbefinden mehr ent-
sprechen, als selbst die wahrhaftigst
getreu kopirten Stühle aus einer gothi-
schen Ritterburg oder einem Renaissance-
Zimmer in diesem oder jenem Runst-
gewerbe-Museum. Japanische Bambus-
vorhänge stören neben den geschweiften
Formen eines zopfigen Sekretärs nicht
im Entferntesten und kräftig farbige
Seidenstoffe, als Hintergrund zu einem
goldumrahmten Velgemälde vertragen sich ausgezeichnet mit chinesischen,
blau und roth bemalten Porzellanvasen, deren Ständer ebenso leicht
eine gewundene Renaissance-Säule als eine Barock-Raryatide sein kann,

ohne daß deshalb das Auge dadurch irgendwie beleidigt wird, wo
nur einigermaßen mit der gegensätzlichen Wirkung der Farben, und
diese ist in erster Linie immer wieder von den Licht-Verhältnissen ab-
hängig, gerechnet wird, vertragen sich
die scheinbar heterogensten Dinge vor-
züglich und selbst eine Total-Stimmung
des Raumes ist oft leicht zu erreichen
durch die Art, wie das Licht benützt ist,
somit auch die stärkst beleuchteten Ge-
genstände zu einander in Einklang ge-
bracht sind. Ob diese nun dunkel von
Farbe, die dunkleren parthien eines
Zimmers durch leuchtendere Töne auf-
gehellt sind, also eine im großen Ganzen
ruhig gedämpfte Stimmung geschaffen
wird, oder ob nächst der Lichtquelle
kräftige Farb-Helligkeiten in ihrer Er-
scheinung gesteigert und diese Wirkung
auch auf den übrigen Raum ausgedehnt
wird, bleibt natürlich immer Sache des
speziellen Bedürfnisses, jedenfalls ist
es aber rathsam, bei Auswahl von
Tapeten sich nicht in der Hauptsache
auf die Wirkung von diesen zu ver-
lassen. Eine Tapete mit nachgemachtem
Goldgründe wird nie und nimmer in
ein Zimmer passen, wo z. B. Bilder
als Wand-Dekoration verwendet sind,
jst der Fond, die tapezirte Wand, schon
licht-auffällig, so wirkt sie an sich de-
korativ und schädigt jede kleinere Unter-
brechung. Nur große, ruhige Flächen,
Vorhänge und Portieren z. B. können
da wirksam als Gegenmittel verwendet
werden, wogegen die plazirung von
Bildern vor Allem Ruhe der Umgebung
verlangt. Ein Goldrahmen sieht auf goldenen: Grunde nach nichts aus,
aus gedämpften: Grau, Grün, Violett oder einer anderen Farbe kommt
er ganz anders zur Geltung. Schluß sat°(s. s-uc r>c- e. Bogens).

Abbildg. Nr. 285. llierumntrl mit Hchät'rr-Idyll, für Lentralheizung

mit transportablen Fayenceplatten aus der wessel'schen Porzellan-Fabrik
nach System Weib.

die beiden jungen Leute kannte, zu einem Bruch fürs Leben gekommen.
Doch gut, daß der alte Herr Rath seither noch kein Bändchen im Rnopfloch
hat und es durch den in Regierungskreisen wohl angesehenen Vr. Dasker zu
erlangen hofft; wer weiß, wie die Sache sich sonst gewendet? —

-Interieur des bulgarischen Mttrstenschlosses

in Sofia.

st dies das luxuriöse, bizarre Heim eines Fürsten der Renais-
sancezeit, ist's das pittoreske, originelle Atelier eines über
Millionen gebietenden Rünstlers, ist's das ganz moderne,,
kokette „UONie" eines eleganten Parisers — bin äe sieole — ist's
endlich das stilvoll prächtige, königlichen Luxus und hoheitsvollen Ernst
mit künstlerisch heiteren Motiven wundersam vereinende Palastinterieur
des Rönigs eines von abendländischem Romfort und morgenländischer
Pracht gleich sehr erfüllten Wunderlandes?

Der Ronak des Fürsten Ferdinand von Bulgarien bietet in seiner
herrlichen Einrichtung von alledem ein wenig. Schon das Treppenhaus,
dessen Wände mit Adrianopeler Teppichen bespannt sind, von deren
satten Farbentönen sich höchst effektvoll kostbare türkische und tscherkes-
sische Waffen und bulgarische Fahnen abheben, dessen Podeste von höchst
karakteristischen, aus Tedern- und Ebenholz gebildeten Statuen die
Helden bulgarischer Sagen verkörpern und von herrlichen Palmen in
Porphyrkübeln belebt sind, führt uns in eine fantastische Stimmungs-
welt hinein. Unter weitfaltigen, seidenen, mit türkischen Arabesken in
Goldstickerei übersäeten Portieren gelangen wir von diesem, nur für
den inneren Hofdienst bestimmten Treppenhause in den sogenannten
Amateursaal. Die offiziellen Befucher benützen die breite Marmor-
treppe rechts vom Vestibüle, die in das Adjutantenzimmer und den

daranstoßenden Audienzsaal führt, deren Einrichtung so ziemlich dieselbe
geblieben ist, wie zu Fürst Alexander's Zeiten.

An der Hauptwand des Amateursaales dominirt ein riesiger Divan,
überragt von einem Thronhimmel aus granatrothem Sammt, der auf
vergoldeten Bronzesäulen ruht. Der Divan ist mit einem Labyrinth
von Fellen allerseltenster Art bedeckt, die weit herabfluthen auf den
herrlichen, den ganzen Saal ausfüllenden Teppich, ein Geschenk des
Sultans. Schneeige Eisbärenfelle, Büffel-, Löwen-, Pantherfelle, Rrokodil-
häute, alle vom Fürsten selber oder von fürstlichen Verwandten, so viele
von: Bruder Philipp von Toburg und vom Prinzen Heinrich von
Orleans erlegt, steigen die paneelwand des kolossalen, bis zu den:
hohen schottischen Ramm, einem authentischen Prachtstück aus Maria
Stuart's Bankettsaal in Holyrood, sich erstreckenden Divans empor und
bilden an dieser Divanwand ein wundervoll dekoratives Arrangement,
das ein Panoplium aus Lanzen, Dolchen, Flinten, Helmen und Panzer-
stücken krönt.

Die wände sind im Uebrigen mit Ledertapeten bekleidet, die einen
wirksamen Hintergrund geben für die delikaten Fleischtöne der Marmor-
statuetten, der gebräunten Holzskulpturen und das tiefe Roth der alten,
fammtgebundenen Pergamente und Missas. Ein breiter Muranofpiegel,
flankirt von einem gigantischen Palmenbaum, scheint die Perspektive
des Gemaches ins Unendliche zu verlängern. Auf einem Zebrafell,
inmitten eines Arrangements merkwürdig geformter, arabischer niedriger
Fauteuils, dehnt sich Gsman, die dänische Dogge des Fürsten. Recht
seltsam und unendlich bezeichnend inmitten all dieser Runstgegenstände
muthet auf den: Malachittische links vom Ramm eine Sammlung von
Miniaturmörser und Festungsmodelle an. Auf einer Schildpattetagöre
gewahren wir ein eigenthümliches Gestell aus Ebenholz, an dessen
Mittelbalken ein wunderthätiger Scarabäus hängt. (Schluß folg».)
 
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