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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 3.1892

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Die verschiedenen Arten der Tapete: Zugleich Beschreibung unserer Abbildungen
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Waldau, Otto: Eine Englische Heimstätte, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6760#0199

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Teile s56.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

September-Heft.

tritt sie als „Leder-Imitation" oder als Wolldruck-Tapete auf. In ersterem Genre
leisten sowohl Lieck öx Heid«, als auch I. Zuber öx Lie. und H. Engelhard vor-
zügliches; in billigeren Leder-Imitationen haben auch Flammersheim H Steinmann
und August Schütz Hübsches gebracht. Fred. Walton in Hannover in seinen „Linkrusta-
Tapeten" (einem Fabrikat aus Holzmehl und Leinöl) und Julius Hofmeier in Wien
mit seinem )Skytogen" bieten ganz treffliche,
ebenso geschmackvolle wie dauerhafte Speise-
zimmer-Tapeten in „Leder-Imitation" (siehe
Nr.qqz und qqs), während H. Engel-
hard, August Schütz und I. Zuber H Lie.
in der Anfertigung schöner, sammtartiger
wolldrucktaxeten excelliren.

In Boudoir-Tapeten finden wir
besonders bei I. Zuber öx Lie., H. Engel-
hard und L. Hochstätt« öx Söhne (Nr. H2Z)

Vortreffliches. Leichte, naturalistische Muster
und die Formen des Rokoko, Kouis sei^e
und Empire walten in diesem Genre vor.

Vielfach werden auch Nachahmungen von
bedruckten Baumwollzeugen (Lretonnes) an-
gewandt.

Herrenzimmer-Tapeten dagegen
wählen mit Vorliebe ihre Formen aus der
Renaissance und den orientalischen Stilarten
(Teppich-Muster). Treffliche Muster dieser
Art haben die Lhemnitzer Tapetenfabrik,
die Aktiengesellschaft für Tapetenfabrikation
in Nordhausen, Flammersheim A Steinmann,

H. Engelhard, I. Zuber A Lie., L. Hoch-
stätt« ck Söhne und die Anhalt« Tapeten-
fabrik (Nr. -(25) gebracht.

Schlafzimmer-Tapeten, fast durch-
gängig von lichter Farben- und leicht«, zier-
licher Formengebung, bevorzugen die fran-
zösischen Stilarten vom Ende des vorigen,

Anfang dieses Jahrhunderts, imitiren, in
den besseren Fabrikaten, häufig Tüll- und
Gaze-Stoffe, Stickereien und Lretonnes und
finden sich in den Musterkarten aller besseren
Etablissements. H. Engelhard, I. Zuber
öd Lie., Flammersheim L Steinmann, wie
auch die Anhalter Tapetenfabrik wären viel-
leicht hervorzuheben. Auch L. Kammer« in Karlsruhe, die Lhemnitzer Tapeten-
fabrik und L. Hochstätt« L Söhne haben Anmuthiges in diesem Genre in den
Handel gebracht. Vielleicht bringen wir später einige derartige Abbildungen.

Die Signatur der Badezimmer-Tapete ist Fayence-Imitation. Die Her-
stellung von sogenannten „Kachelmustern" hat eine hohe Vollkommenheit erreicht.

Nr. »19. Gobelin - Muster), Maschinendruck.

Anhalter Tapetenfabrik (E. Schütz), Dessau.

Die besseren Produkte werden durch Lacküberzug (oft auch mittelst leichter Prägung)
ihren keramischen Vorbildern höchst ähnlich gemacht. Sie haben auch den Vorzug,
waschbar zu sein. Die Mannigfaltigkeit der Muster dieser Tapetenart ist eine sehr
große: alle Stilepochen, die die Kachel kennen, sind zur Nachahmung herangezogen,
Neben orientalischen, Renaissance- und Rokoko-Mustern finden sich antike und

modern-italienische Mosaiken, holländisch-
siilisirte oder naturalistische Blumenmale-
reien, figürliche und landschaftliche Dar-
stellungen rc. Leid« ist das Genre, das
sehr viele deutsche Fabriken in reicher Aus-
wahl liefern, in unseren Abbildungen durch
kein Beispiel vertreten.

Eine noch größere Mannigfaltigkeit
und weitaus die größte von allen Taxeten-
arten überhaupt, zeigt die Musterung der
neuerdings immer mehr in Aufnahme kom-
menden Vorzimmer-, Flur- und Trep-
penhaus-Tapeten, die wir in unserer
Besprechung füglich zusammenfassen können.
Auch zur Ausschmückung von Herren-, Speise-
und Empfangs-Zimmern werden diese Ta-
peten vielfach verwandt.

Hi« ist in der That dem Zeichner ein
fast unbeschränktes Feld für das Walten
seiner Fantasie gegeben. Kein Stil, keine
verzierungsweise, die hier nicht zur Anwen-
dung kommen und nicht freundlich« Auf-
nahme sicher sein könnten, sofern sie nur
Neues und Zweckentsprechendes zu
bieten verstehen. Der Erfindungsgabe des
Künstlers ist hier beinah kein Maß und Ziel
gesetzt. Kein Wund«, daß sich die tüchtigsten
Kräfte darauf geworfen haben. Reine, ge-
diegene Zeichnung, originelle Erfindung,
kraftvolle, satte Tönung können hi«, wie
bei keinem andern Genre, sich Geltung ver-
schaffen. Bei allen andern Taxetenarten ist
der Zeichner mehr der herrschenden Mode
und der oft kleinlichen und nicht immer ver-
ständigen Anschauung des großen Publikums
nachzukommen genöthigt. Bei der Vorzim-
mer-Tapete darf er kühnlich seiner besseren
Eingebung folgen, da auch die seltsamste Komposition, die gewagteste Linienführung,
sofern sie nur ruhig und kraftvoll wirkt, Anerkennung findet. Das ist nach der
künstlerischen Seite hin ein nicht hoch genug zu schätzendes Moment.

Außer den im vorhergehenden schon oft genannten Firmen bringen in diesem
Genre anch A. Niederhoff <L Lo. in Saarn a. d. Ruhr, Ed. Frische in Vohwinkel-

ine englische ^Heimstätte.

von Gtto Waldau- London. (Schluß von Seite Z4S.)

er Grund wird grau in grau angelegt und ist nicht glatt,
sondern wolkig und am hellsten in der linken oberen Ecke.
Daraus sind alsdann die Blumen in mindestens natürlicher
Dimension, meist aber noch etwas größer gemalt. Am geeignetsten er-
scheint ein ganzer Rosenzweig, der von der rechten unteren Ecke aus-
geht. Niemals aber sollte man kleinere Blumen wählen, die, aus der
Herne gesehen, ihren Karakter verlieren. Eine einfache schmale Draperie
verdeckt die Stelle, wo das Bild an den Rücken des jKanos angefügt
ist. Diese Art der Verzierung ist jedenfalls den staubfangenden Stoff-
bezügen vorzuziehen, und dürfte da noch besonders anziehend sein, wo
vielleicht ein Mitglied der Hamilie die Hührung des jOinsels versteht
und den Schmuck selber unfertigen kann. Ghne daß wir noch länger
bei all den zierlichen Tischchen und Schränkchen, den Uhren aus dem
Kamin, den Vasen, Nippsachen und Bildern an den Wänden verweilen,
wollen wir nun dem Wohn- und Speisezimmer noch einen kurzen Besuch
abstatten. Diese beiden befinden sich auf der anderen Seite des Vor-
saales und sind an Horm und Größe den soeben verlassenen Räumen
völlig gleich. Das Speisezimmer liegt nach der Straße hinaus, und
hier allein sehen wir etwas massivere Möbel. Der sickedOKvä oder
Anrichteschrank aus dunkel gebeiztem und geschnitztem Eichenholz nimmt
fast eine ganze Wand für sich allein in Anspruch. Die Stühle mit
den hohen Lehnen sind mit russischgrünem Leder überzogen, und der
Spiegel über dem Kamin hat an seinen Seiten Etageren, auf denen
silberne und gläserne jDrunkstücke stehen. Auch hier sind die Henster
nur mit Spitzsngardinen versehen, denn es ist Sommer, und erst im

Winter kommen die Stoffvorhänge an Henstern und Thüren zur An-
wendung. Ein dunkelgrün gehaltener brüsseler Teppich mit schönem,
stilvollem Muster, ein Erzeugniß der Industrie in Dewsbury, bedeckt
den Boden, und die Wände zieren jene prächtigen japanesischen, soge-
nannten Ledertapeten mit erhabenem Blumenmuster, die über London
jetzt auch in immer größeren Mengen ihren Weg nach Deutschland,
Hrankreich und anderen Länder des europäischen Kontinents finden.

Durch die Hlügelthür blicken wir in den sittin^room oder das
Wohnzimmer, von dem aus eine Glasthür in den Garten führt. Die
Möbel in demselben sind so gewählt, daß sie allen Anforderungen,
welche man hinsichtlich Bequemlichkeit stellt, zu genügen vermögen. Ein
halbrundes, tiefgepolstertes Sofa ist in einer der Ecken, vor ihm ein
Tisch von Stühlen umgeben, und mehrere der sogenannten LK8/ cliAirs,
Stühle, in denen man eine halbliegende Stellung einnimmt, und welche
inan in England ganz besonders liebt, stehen umher. Bemerkenswerth
ist eine elektrische Lampe, die sich auf einer Säule hinter dem Sofa
befindet. Dieselbe wird von einem Eupido gebildet, der scheinbar vom
Licht aus den Glühlampen dreier weit überhängender Lilien geblendet,
das Gesicht halb abgewendet, wie abwehrend die Hände gegen dieselben
vorstreckt. Aus diese Weise aber bilden seine Handteller eine Art
Reflektoren. Ein Hlügel, ein Bücherschrank neben einer Menge zier-
licher Gegenstände, wie Blumentischchen, Notenständer und dergleichen
helfen den Raum zu einem wohnlichen und behaglichen machen. Und
wenn die claKirs um die offene Gartenthür herum aufgestellt

sind und man bequem zurückgelehnt der Jugend im Garten zuschaut,
die dort auf der sammtigen Rasenfläche das nationale tenvis

spielt, — oder, wenn im Winter dunkle Nebel Hausen und die Haus-
bewohner scharen sich um das offene Kaminfeuer, dann empfindet man
die ganze Behaglichkeit des englischen Heims. —
 
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