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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Schulze, Otto: Die Keramik im Dienste der Innen-Dekoration, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0176

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Seite s32.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

September-Heft.

ungleich reicher besetzt ist. Unvergleichlich schön sind diese Fliesen-
gemälde ausgeführt; jeder Wand einkomponirt, zeigen sie sowohl
in den Landschaften, wie auch in den graziösen Umrahmungs-
ornamenten mit den duftigen Blumengewinden, den lieblichen
Amoretten, den verschwenderischen Gaben der Erde und des Meeres
die ausgesprochene Raumdekoration einer vornehmen Rüche. Bei
aller Fracht und geradezu künstlerischen Durchbildung aller Einzel-
heiten ist dieser Raum dennoch benutzungsfähig, garantirt doch
das Material von Fußboden, Wand und Decke von vornherein
den größten Widerstand im Temperaturwechsel sowohl als in der
gründlichsten nassen Reinigung. Zn Thicago hat bekanntlich die
Abtheilung der Berliner Porzellan-Manufaktur in ihren meister-
haften Porzellanfliesen-Gemälden die Bewunderung aller Nationen
gefunden. Seit Zähren gehören ihre Versuche auf diesem Gebiet
zu den gelungensten, und es hat daher auch nicht an Anerkennung

der Fassade den architektonischen wie bildnerischen Schmuck gibt!
— Meine obigen Ausführungen schließen auch das in den Ab-
bildungen Nr. sOOs, f002 und s003 reproduzirte prunkvolle
Badezimmer ein, dessen gesammte Wandbekleidung gleichfalls
aus Porzellanfliesen, gefertigt von der Röniglichen Porzellan-
Manufaktur Berlin, mit Blaumalerei unter Glasur besteht.
Zst das Material nicht ganz dazu geschaffen, einem Badezimmer
das Schmuckgewand anzulegen? Dem feucht-frisch-fröhlichen, er-
quickenden und stärkenden Element in dieser Weise einen räumlichen
Abschluß zu geben? Wieder sind es jene der Berliner Manufaktur
eigenen flüssigen Rokoko-Linien mit eleganten Barockformen durch-
setzt. Alles deutet auf die eigentliche Badezeit, auf den Sommer
hin, der in Abbildung Nr. fOOs allegorisch verkörpert ist, wäh-
rend uns die entzückende Badeszene im Hauptbilde die Wohlthaten
des Wassers nach dieser Hinsicht besonders nahelegt. Nnd nun

Abbildung Nr. ;ooz. Badezimmer - Einrichtung. — Nusgvfiilzrt in der Kgl. Porzellan-Manufaktur Berlin.

und reichen Erfolgen gefehlt. Eine Reihe der gewaltigen trans-
atlantischen Dampfer ist in den prunkvollen Speise- und Gesell-
schaftsräumen mit derartigem, Hitze und Rälte, Staub und Nässe
trotzenden Fliesenschmuck ausgestattet worden. Auch der Rauch-
salon der neuen Raiser-Pacht „Hohenzollern" ist in gleicher Weise
durch einen Lyklus von Bildern aus der Geschichte der brandenburg-
preußischen Flotte geschmückt worden. — Die Erfahrungen haben
gelehrt, daß solche Fliesengemälde auch im Freien als Fassaden-
schmuck unvergänglich sind, unanfechtbar von Hitze, Schnee, Aälte
und dem sonst so zerstörend wirkenden Thauwetter. Wir haben
in der That hier ein Dekorationsmittel, dem die Zukunft gehört;
Material und Dekor, ob einfach ornamentirt oder mit einem
Gemälde im Sinne des Wortes durch Aünstlerhand geschmückt,
gewährleisten dauernde Beständigkeit und vornehmste Wirkung.
Zch bin überzeugt, daß, sobald der Eisen-Fachbau eine allgemeinere
Einführung bei uns finden wird, in erster Linie das keramische
feuerfeste Produkt es sein wird, das vom einfachen Verblender
bis hoch zur künstlerisch ausgestatteten Porzellan- und Steingutfliese

erst die lieblichen paradiesischen Ainoretten mit ihren Attributen
an Seepflanzen und Muscheln; die kleinen neckischen Schelme
scheinen mit „des Meeres und der Liebe Wellen" gleich intim
vertraut zu sein. Wie feinsinnig ist diese keramische Dekoration
durchgeführt und obgleich nur in Blau, allerdings in mehrfacher
Schattirung angelegt, tritt sie umsomehr in engste Beziehung zu
ihrer Aufgabe und zum Wasser, als eben nur das transparent-
leuchtende Moment der unter Glasur bemalten porzellanfliese
den stilistisch reizvollsten Abschluß bildet.

Hier gab die Gesammtanlage den Namen „Badezimmer"
her, wie ein solches eben nur in glänzenden Verhältnissen oder
in hervorragenden Bade- und Hotel-Etablissements zu denken ist.
Das berühmte Marmorbad bei der Orangerie zu Rassel erinnert
ja auch an einen fürstlichen Geldbeutel — es ließ mich trotzdem
kalt; nicht minder fürstlich ist das mehrfach publizirte farben-
freudige Badezimmer im Fuggerhaufe zu Augsburg, welches neben
seiner schönen Wand- und Deckentheilung eben nur durch seine
Farbe das sommerlich-wohlige Gefühl mit der Sehnsucht nach
 
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