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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 5.1894

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Schmidt, E. A.: Das Kunstgewerbe und die Innen-Dekoration auf der Gewerbe-Ausstellung in Erfurt
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https://doi.org/10.11588/diglit.11721#0205

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Gktober-Heft.

Illustr. kunstg ewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekorati on.

5eite f65.

aufs reichste mit Intarsien und Schnitzwerk geschmückt; derselbe ist ^878 auf
der Ausstellung zu Erfurt mit der goldenen Medaille bedacht worden und
steht daher jetzt außer Konkurrenz.

Ebenfalls eine tüchtige Leistung, was die Ausführung der Möbel
anbetrifft, ist das nächste Zimmer (Linkeimeyer L Lomp., Erfurt). Die
einzelnen Stücke sind musterhaft gearbeitet, in einer Art Uebergangsstil,
wobei allerdings das Barocke dominirt. Praktisch sind die abgeschrägten
Ecken und die Abrundungen der Holztheile, wo dieselben beim Polster eine
Rolle spielen. Einzelne Stücke, wie der zierliche Tisch, die beiden Spiegel,
der Schrank rc. sind reich mit Intarsien geschmückt und vorzügliche Arbeiten.
Schade, daß die Firma so ganz die stoffliche Dekoration verschmäht hat, die
ausgestellten Möbel könn-
ten sonst eine angenehmere
Wirkung ausüben; auch
thut in Folge dessen die
etwas grelle Farbe der von
der Firma Rudert, Er-
furt, gemalten Fenster der
Farbenwirkung der matt
gehaltenen Polsterstoffe
entschieden Abbruch; da-
gegen sind die von der
Firma Walther „Zum
breiten Herd", Erfurt, im
Zimmer ausgestellten Sta-
tuen, speziell die Ruth und
die Judith, lebendig in
der Bewegung und von
guter dekorativer Wirkung.

Wände und Decke sind dem
Stile entsprechend bemalt.

Bedeutend vortheilhafter
ist die Wirkung in der
Nebcnkoje. Hier hat die
Firma A. Ziegenhorn,

Erfurt, ein Zimmer im
modern englischen Stile,
einen Damensalon, einge-
richtet. Die Holztheile der
recht eigenartig vornehmen
Möbel sind nußbraun mit
gold gehalten, sie sind schön
gemasert und stehen mit
den aus einer Art Seiden-
rips mit eingewebten
Blumenmustern bestehen-
den Polstcrüberzügen in
brillanter Wirkung. Die
reiche architektonische Glie-
derung erinnert trotz aller
Freiheit in gewisser Be-
ziehung an dieRenaissance.

Die Einrichtung besteht aus
einem Sofa mit architek-
tonischer Krönung, auf
welcher Platz für Nixpes-
sächelchen rc. ist, zwei Arm-
stühlen, zwei Lehnstühlen,
einem Tische, alles aufs
reichste ornamentirt ohne
überladenzu wirken, einem
reizenden Damen-Schreib-
tischchen, einem davor
stehenden Lutherstuhle,
einem riesigen Trumeaux,
einer Art Silberschrank,
verschiedenen kleineren Möbelstücken, den obligaten Teppichen, Stoffdckora-
tionen usw. Das Ganze macht den Eindruck des vornehmen englischen
Hauses, von dem der Engländer selbstbewußt sagt, „mein Haus ist mein
Schloß". Dieselbe Firma hat noch einen reich verzierten Schrank im
Stil der italienischen Renaissance, mehrere Schlaf-Sofas und -Sessel und ein
verstellbares Sanitäts-Keilkissen für Lungenkranke, die letzteren Stücke durch
Patente vor Nachahmung geschützt, ausgestellt.

von Möbeln wären noch die Bambus-Arbeiten der Firma Rüping,
Loburg, zu erwähneu, doch ist da theilweise das uns von den Japanern
gegebene Vorbild nicht erreicht, und könnte die Zusammensetzung origineller
sein. R. Hornickel, Zeitz, hat einige Stücke ausgestellt, von denen sich
nichts Besonderes sagen läßt, außer vielleicht, daß die farbigen Relief-

Medaillons an seinem Salonschranke von vollendeter Geschmacklosigkeit sind.
Die daneben befindlichen Möbel für ein Empfangszimmer, Renaissance-Barock,
sind ganz nett, aber Durchschnittsleistungen, von den Pianos, soweit die-
selben als Dekorationsgegenstände in Betracht kommen, wären die Aus-
stellungsobjekte der Firmen Römhild, Weimar, Gebr. Sempert, Rudol-
stadt, und Geißler, Zeitz, hervorzuheben. Eine besondere Leistung, vielleicht
das Beste in seiner Art, ist der Rokokoschrank der Firma Loebenstein,
Mühlhausen. Auch der zur verloosung angekaufte Büffetschrank in Renais-
sance der Firma G. Wehrstedt, Greußen, verräth einen tüchtigen Meister,
dagegen haben L. Geisenheimer L Sohn, Schleiz, einen Büffctschrank
(Renaissance) ausgestellt, der einen unruhigen und überladenen Eindruck

macht. Lin paar Büffets
von Schneider, Naum-
burg, und Moeller,
Themar, bilden mit den
Schlafzimmern der Firmen
Kirchner, Zeitz, und
Madlung, Ghrdruf, den
Schluß der erwähnens-
wcrthen Kunst - Tischler-
arbeiten.

Zu bedauern ist es,
daß die Bronze-Industrie
durch nennenswerthe Ar-
beiten nicht vertreten ist,
dagegen sind verwandte
Zweige gut vertreten. So
stellt die Firma Kall-
meyer LHarjes, Gotha,
Prunkservice in nickel-
xlattirtem Messing und
massivem Kupfer aus und
konkurrirt aufs beste mit
den schönen Mustern der
Firma Holzschuher,
Schleiz. — Bis zu welchem
Grade technischer Voll-
kommenheit es die Por-
zellanfabrikation gebracht
hat, zeigen die Arrange-
ments der Firmen Schier-
holz L Sohn, Plauen,
und Gebr. Voigt, Sitzen-
darf. Man sieht dort Stoff-
Imitationen in Porzellan,
wie Null, Tüll, Spitzen rc.,
die täuschend gemacht sind;
wenn nur auch immer die
künstlerische Ausführung
und die Wahl der Motive
der brillanten Technik eben-
bürtig wären. Auch in
letzterer Hinsicht vollkom-
men sind die Porzellan-
gemälde aus dem Atelier
Ens LGreiner,Lanscha-
Loburg; etwas Besseres
wird wohl nicht so leicht
geschaffen werden. Die
Firmen Brückmann, Er-
furt, und G. Blume,
Rudolstadt, habe» Majo-
likaöfen aufgestellt, deren
im Renaissancestil gehal-
tenen Formen eine hübsche
Wirkung ausüben. — Fast
auf dem entgegengesetzten Theile der Halle befinden sich die vortrefflichen
Arbeiten der Firma M. Teichmann, Naumburg a.S., von denen besonders ein
Rokoko-Gitter wegen seiner reizenden Formen Anerkennung verdient, ihm
ebenbürtig sind noch die Vrnamentirungen der Lampen und Leuchter in
Renaissanceformen aber mit modernen Naturformen im Detail. Dieselbe
Richtung pflegt I. F. Schneider, Erfurt, welcher dieselben bei wandarmen
für Lampen, bei Wandleuchtern, Visitenkartenschalen rc. mit Erfolg verwandte.
Kuntze, Erfurt, und Beer, Rudolstadt, zeigen einige nette Gitterformen.—
Die eben geschilderten Leistungen zusammengenommen, kommt man zu
dem erfreulichen Schlüsse, daß sich das rührige thüringische Gewerbe und Kunst-
gewerbe den Leistungen des übrigen Deutschland durchaus ebenbürtig zeigt
und von einem gesunden, ständigen Vorwärtsstreben durchdrungen ist. —
 
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