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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 2.1920/​21

DOI Heft:
1. Septemberheft
DOI Artikel:
Stoehr, August: Etwas vom Ausbessern der Fayencen
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https://doi.org/10.11588/diglit.27814#0016

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günstige Lichtverhältnisse, offenes Stehen in Räumen, in
denen geraucht wird, und andere Umstände ein plötz-
liches Vergilben des Grundes und eine Veränderung in
den Tönen der Bemalung hervorrufen, kommt der Besitzer
darauf, daß ein Stück, auf dessen tadellosen Zustand er
geschworen hätte, doch aus mehreren Teilen, allerdings
raffiniert, zusammengeleimt ist. Dem Sammler und
Kenner wird ja — von früheren Zeiten gesprochen —
meistens schon beim Einkauf durch den Preis klar ge-
worden sein, daß irgend etwas nicht in Ordnung ist,
und der Händler, der auf seine Kundschaft sieht, wird
das nur bestätigen. Ist es notwendig, größere fehlende
Teile zu ersetzen, so wird namentlich bei Henkeln neben
der Kunst der Ergänzung noch ein gewisses Studium
über Form und Stellung einhergehen müssen, um Mon-
strositäten zu vermeiden, wie sie ungeschickte Restaura-
toren leider nur zu oft fertig bringen. Man denke sich
einen schlanken Künersberger Enghalskrug, dem ein
Hanauer Bogenhenkel angefügt worden ist, um das Gro-
teske einer solchen „Ergänzung“ im Bilde zu haben.

Zu welchen abenteuerlichen Experimenten skrupel-
lose Restauratoren gelangen, konnte ich einmal an einem
Frankfurter Enghalskrug mit Purpurmalerei feststellen,
den mir ein bedeutender auswärtiger Händler dazu zur
Verfügung stellte. Ein starker Lacküberzug am Hals und
am Henkel ließen erkennen, daß etwas nicht in Ordnung
war. Abkratzen des Lackes ließ überall einen Fayence-
untergrund zutage treten. Nur der Rand schien etwas
verletzt, und allem Anschein nach war der Hals am

Bauchansatz abgebrochen. Rasch entschlossen übergab
ich den Krug dem Kochtopf, der das Rätsel schnell
löste. Auf den tadellos erhaltenen Leib mit der schönen
Fehrschen Purpurmalerei war ein gar nicht zugehöriger
Hals einer weißen Flaschenvase aufgesetzt und daran ein
ebenfalls nicht zugehöriger Henkel angesetzt worden.
Kreide und Leim taten das übrige, und ein Lacküberzug
stimmte die verschieden getönten Teile zusammen. Der
Händler war gleich mir äußerst erstaunt über das Raffi-
nement des „Künstlers“.

Wie gesagt, allein große Erfahrung, ein geübtes
Auge und der Entschluß, nur bei erfahrenen und be-
kannten Antiquitätenhändlern einzukaufen, die jederzeit
die nötige Garantie zu übernehmen in der Lage sind
und auch ohne weiteres übernehmen, wird den Sammler
vor Schaden bewahren. Der Anfänger aber wird erst
recht gut daran tun, nur dort zu kaufen, wo er die nötige
Beratung findet. Ganz besonders hüte sich der Anfänger
vor jenen Fayencemaßkrügen, Enghalskrügen, Birnkrügen
und Platten, die in großen Mengen während der letzten
Jahre bei Trödlern und Winkelhändlern aufgetaucht und
sogar schon auf Messen in „Antiquitätenbuden“ zu ver-
hältnismäßig billigen Preisen feil gehalten worden sind.
Wer darauf hineinfällt, hat es sich selbst zuzuschreiben,
denn der Trödler wie der Budenbesitzer „verstehen nichts
davon“ und der Käufer kauft auf eigenes Risiko, hat den
Schaden zu tragen und braucht für den Spott der Kenner
nicht zu sorgen, wenn er seine „billige“ Ausbeute zur
Besichtigung vorlegt.

Biedermann
Vue de la ville de
Berne

Kunstauktion bei
Hcllstein und Puppet
Berlin

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