Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 2.1920/21
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https://doi.org/10.11588/diglit.27814#0454
DOI issue:
2. Juliheft
DOI article:Waetzoldt, Wilhelm: Der preußische Adler
DOI article:Schuster, Julius: Ein Brief der Angelica Kauffman an den Kunst-Meyer: L. Darmstaedter zum 75. Geburtstag dargeboten$nElektronische Ressource
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auch ein gutes graphisches Zeichen. Die Reihe der Skizzen
Esch’s zeigen überraschend deutlich den Weg der
künstlerischen Arbeit vom lebendigen Natureindruck zur
Stempel- und holzschnittgerechten festen Form. Daß
dieser Adler viel weniger als sein Bruder im Reich die
Merkmale des heute herrschenden Stiles trägt, könnte als
künstlerischer Mangel betrachtet werden. Vielleicht ist
aber die Frage eines neuen staatlichen Hoheitszeichens
eine von denen, die nur aus einer gewissen Konvention
heraus gelöst werden können. Wappen gehören zur
amtlichen Graphik, und so wenig wie man amtliche
Erlasse etwa in freien Rhythmen abfaßt, sollte ein amt-
liches Wahrzeichen mit seelischem Ausdruck geladen
sein. Sein Stil muß sachlich-neutral sein und die Gewähr
der Dauer in sich tragen. Gerade das „Unmoderne“
wird Eschs Adler vor raschem Veralten schützen.
Die wilde Wirtschaft, die seit der Revolution auf
dem Gebiete amtlicher Stempel und Siegel eingerissen
war, mußte einmal aufhören. Jedes Staatswesen braucht
aus praktischen Gründen ein Hoheitszeichen. Ein solches
neu zu schaffen, ist aber deshalb so schwer, weil dabei
eine Fülle, teilweise sich widersprechender politischer,
psychologischer, künstlerischer, technischer Gesichts-
punkte mitspricht. Ob Esch’s Adler die glücklichste
Lösung der Wappenfrage darstellt, wird die Zeit lehren.
Diejenigen Wahrzeichen sind die besten, von denen am
wenigsten geredet wird. Und überdies hat Preußen ja
auch größere Sorgen.
Sin ßcicf den Angelica Kauffman an den Kun(f = bteyec
L. Davmßaedtev zum ?y. Qebuetstag dacgeboten
non
lultus Scbußcü
Von Angelica Kauffman sind bisher nur verhältnismäßig
wenig Briefe bekannt geworden. Selbst in großen
Autographen-Sammlungen und Bibliotheken sucht man
Angelica’s etwas geschnörkelte Handschrift, die an Skizzen
von Nasen, Ohren und Gesichtsprofilen erinnert, vergebens.
Der hier mitgeteilte Brief, ein herrliches mit Angelica’s
Porträt-Siegel geschmücktes Stück, ist von um so größerem
Interesse, als er die Beziehung der Künstlerin zu
Goethe und einigen Personen aus Goethe’s Künstler-
kreis berührt wie Hans Heinrich Meyer und
Friedrich Büry. Angelica’s Ahnung, den Kunst-Meyer in
Rom wiederzusehen, ging in der Tat in Erfüllung; Meyer
ging 1795 wieder nach Italien, freilich ohne Goethe.
Der Brief zeigt Angelica „unermüdet, nicht allein zu
arbeiten, sondern auch zu studieren“, wie Goethe 1788
über sie schrieb.
a Monsieur H. Meyer
Peintre tres renome a la Cour de Saxe Weimar
a Weimar
Die Ursach, dass ich Ihr Geehrtes so lang ohne
Antwort gelassen, ist folgende.
Herr Büry, von dem ich das Bild der sogenannten
Pietä des H. Carracci hatte in Empfang nehmen sollen,
und auf Befehl Ihrer Durchlaucht der gnädigen Herzogin
Ihm 100 Scudi bezahlen, hatte genanntes Bild nicht
mehr bei sich. Herr Haigelin*) war schon seit einiger
Zeit der Besizzer davon. Ich hielte hiermit vor nöthig,
dem Herrn Haigelin dessentwegen zu schreiben, um
von Ihnen zu wissen, wie ich mich zu verhalten hatte,
nicht wider den Befehl der gnädigen Herzogin zu
handlen.
*) Konsul in Neapel.
446
Esch’s zeigen überraschend deutlich den Weg der
künstlerischen Arbeit vom lebendigen Natureindruck zur
Stempel- und holzschnittgerechten festen Form. Daß
dieser Adler viel weniger als sein Bruder im Reich die
Merkmale des heute herrschenden Stiles trägt, könnte als
künstlerischer Mangel betrachtet werden. Vielleicht ist
aber die Frage eines neuen staatlichen Hoheitszeichens
eine von denen, die nur aus einer gewissen Konvention
heraus gelöst werden können. Wappen gehören zur
amtlichen Graphik, und so wenig wie man amtliche
Erlasse etwa in freien Rhythmen abfaßt, sollte ein amt-
liches Wahrzeichen mit seelischem Ausdruck geladen
sein. Sein Stil muß sachlich-neutral sein und die Gewähr
der Dauer in sich tragen. Gerade das „Unmoderne“
wird Eschs Adler vor raschem Veralten schützen.
Die wilde Wirtschaft, die seit der Revolution auf
dem Gebiete amtlicher Stempel und Siegel eingerissen
war, mußte einmal aufhören. Jedes Staatswesen braucht
aus praktischen Gründen ein Hoheitszeichen. Ein solches
neu zu schaffen, ist aber deshalb so schwer, weil dabei
eine Fülle, teilweise sich widersprechender politischer,
psychologischer, künstlerischer, technischer Gesichts-
punkte mitspricht. Ob Esch’s Adler die glücklichste
Lösung der Wappenfrage darstellt, wird die Zeit lehren.
Diejenigen Wahrzeichen sind die besten, von denen am
wenigsten geredet wird. Und überdies hat Preußen ja
auch größere Sorgen.
Sin ßcicf den Angelica Kauffman an den Kun(f = bteyec
L. Davmßaedtev zum ?y. Qebuetstag dacgeboten
non
lultus Scbußcü
Von Angelica Kauffman sind bisher nur verhältnismäßig
wenig Briefe bekannt geworden. Selbst in großen
Autographen-Sammlungen und Bibliotheken sucht man
Angelica’s etwas geschnörkelte Handschrift, die an Skizzen
von Nasen, Ohren und Gesichtsprofilen erinnert, vergebens.
Der hier mitgeteilte Brief, ein herrliches mit Angelica’s
Porträt-Siegel geschmücktes Stück, ist von um so größerem
Interesse, als er die Beziehung der Künstlerin zu
Goethe und einigen Personen aus Goethe’s Künstler-
kreis berührt wie Hans Heinrich Meyer und
Friedrich Büry. Angelica’s Ahnung, den Kunst-Meyer in
Rom wiederzusehen, ging in der Tat in Erfüllung; Meyer
ging 1795 wieder nach Italien, freilich ohne Goethe.
Der Brief zeigt Angelica „unermüdet, nicht allein zu
arbeiten, sondern auch zu studieren“, wie Goethe 1788
über sie schrieb.
a Monsieur H. Meyer
Peintre tres renome a la Cour de Saxe Weimar
a Weimar
Die Ursach, dass ich Ihr Geehrtes so lang ohne
Antwort gelassen, ist folgende.
Herr Büry, von dem ich das Bild der sogenannten
Pietä des H. Carracci hatte in Empfang nehmen sollen,
und auf Befehl Ihrer Durchlaucht der gnädigen Herzogin
Ihm 100 Scudi bezahlen, hatte genanntes Bild nicht
mehr bei sich. Herr Haigelin*) war schon seit einiger
Zeit der Besizzer davon. Ich hielte hiermit vor nöthig,
dem Herrn Haigelin dessentwegen zu schreiben, um
von Ihnen zu wissen, wie ich mich zu verhalten hatte,
nicht wider den Befehl der gnädigen Herzogin zu
handlen.
*) Konsul in Neapel.
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