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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 2.1920/​21

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2. Maiheft
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Josten, Hanns Heinz: Fayencen und Steingut
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https://doi.org/10.11588/diglit.27814#0388

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Fayencen und Steingut

üon

Hanns H- 7offen

Die ernsthafte Beschäftigung mit dem beliebtesten
Gebiet deutschen Kunstsammelns, mit dem Reich
der volkstümlichen Keramik, der Fayencen und neuer-
dings mehr und mehr auch des Steinguts, hat wohl
jedem, der sie betrieb, schon manchen Seufzer entlockt.
Ist es doch auf keinem Feld sonst so schwierig, einen
klaren Überblick über die Fülle der Erscheinungen zu
erzielen, und so mühsam, in Einzelfragen zuverlässige
Auskünfte zu erhalten oder auch nur einigermaßen sichere
Anhaltspunkte zu gewinnen, obwohl nun schon über ein
Menschenalter verflossen ist, seit die wissenschaftliche
Forschung auch der Geschichte dieserJErzeugnisse ihre
Aufmerksamkeit zuzuwenden begann. Die Entwicklung
in klaren Linien aufzeigende Gesamtdarstellungen fehlen.

überaus lückenhafte und unvollständige Teilergebnisse zu
Tage förderte. Diese haben vornehmlich in unendlich
vielen größeren und kleineren Aufsätzen, gelegentlich
auch nur in beiläufigen Anmerkungen ihren Niederschlag
gefunden und sind an einer Unmenge verschiedener,
vielfach recht entlegener Stellen verstreut, derart, daß
sich die Kenntnis der gesamten einschlägigen Literatur
nachgerade zu einer Wissenschaft für sich entwickelte,
die zu erwerben sich denen als harte, daher auch nicht
immer erfüllte Pflicht auferlegte, die an der weiteren
Aufklärung des Gebietes teilzunehmen sich berufen
fühlten. Die Grundlagen zu wirklicher Vertrautheit mit
dem Stoff freilich konnte auch sie nicht vermitteln. Die
ältere Literatur, die die Geschichte der hervorragendsten

Aus Pazaureks
„Steingut: Form-
gebung und Ge-
schichte.“


Verlag

Julius Hoffmann
in Stuttgart.

Sie hätten sich naturgemäß und leicht auf der Grund-
lage geschlossen vorliegender Ergebnisse sorgfältiger
Einzeluntersuchungen aufgebaut, wie sie für die Hanauer
Fayencen von Ernst Zeh in jeder Hinsicht vorbildlich
geliefert worden ist. Hätte auch die Vielheit der in Be-
tracht kommenden Erzeugungsstätten allein auf deutschem
Boden deren die ansehnliche Reihe von weit über
hundert erfordert, so wäre dieses Ziel doch im Laufe
so vieler Jahre nicht allzuschwer und bei der geringeren
Bedeutung der Mehrzahl derartiger Betriebe ohne unver-
hältnismäßigen Aufwand erreichbar gewesen. Doch
beherrscht die wissenschaftliche Forschung, ganz beson-
ders die kunsthistorische, von jeher — und wie lange
noch? — eine scheinbar ebenso grundsätzliche als grund-
lose Abneigung gegen das naheliegende und sonst allent-
halben mit glücklichstem Erfolge erprobte Mittel der
Arbeitsteilung unter einheitlichem Gesichtspunkt. So hat
sich eine Forschertätigkeit ergeben, die vorläufig nur

Erzeugungsstätten behandelt, vernachlässigt völlig den
Denkmälerbestand; die neuere wieder berücksichtigt be1
der Behandlung der früher unbearbeitet gebliebenen
Fabriken vor allem, und vielfach nicht weniger einseitig,
die Denkmäler. Eine Ergänzung der älteren Literatur
in dieser Richtung aber ist nur in Bezug auf einzelne
Stucke unternommen worden, und es ist für den Zustand
des Forschungsbetriebes bezeichnend, daß dabei die
meisten von ihnen trotz der wichtigen Stellung in der
Entwicklung, die die Literatur ihnen zuerkennt, nicht
ein einziges Mal abgebildet wurden. Man begnügte
sich, sich einem verschwindend kleinen Kreise von
Kennern verständlich zu machen, und schaltete damit
die Möglichkeit der Hilfeleistung vieler aus, die aus
Liebe zur Sache gern nach bestem Vermögen mitgewirkt
hätten.

Ein Mittel gegen die Gefahren, die dieses Sammel-
gebiet unter solchen Umständen mittelbar oder unmittel-

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