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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 2.1920/​21

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1. Dezemberheft
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Schulz, Fritz Traugott: Der Neubau des Germanischen Museums
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https://doi.org/10.11588/diglit.27814#0141

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7ahrgang 1QQ0 1 Dezemberheft

Der Neuhau des Germaniteben Nute ums

oon

Tt?augott Schuld

In dem nachstehenden, Ende November geschriebe-
nen Aufsatz von Professor Dr. Fritz Traugott Schulz
wird zum überhaupt ersten Male eine Beschreibung
des Neubaues des Germanischen Museums in Nürnbetg
und der von dem neuen ersten Direktor Dr. Heinrich
Zimmermann durchgeführten Neuordnung der Säle ge-
geben. Das Obergeschoß des Neubaues ist am 11. De-
zember eröffnet worden.

]\/\it der Amtsübernahme des neuen ersten Direktors
* * Dr. Heinrich Zimmermann ist das Germa-
nische Museum in eine neue Phase seiner Entwicklung
eingetreten. Mit seinen überfüllten Räumen, seiner Un-
übersichtlichkeit und seinen durch die zahlreichen neu-
gotischen Glasfenster herbeigeführten schlechten Licht-
verhältnissen war es mit der Zeit zu einer Qual für den
Besucher geworden und die malerische Altwirkung,
welche hier und da herrscht, vermochte nur Laien über
die tatsächlich bestehenden Unzulänglichkeiten wegzu-
täuschen. Dies war auch der Grund, der noch während
des Krieges zur Inangriffnahme eines Teiles des geplanten
großen Neubaues durch den früheren ersten Direktor
Geheimrat Dr. phil. et ing. Gustav von Bezold führte.

Ist dieser dem allgemeinen Besuch vorerst auch noch
nicht geöffnet, so lassen doch schon einzelne Räume
des alten Museums Zweck und Ziele der neu- und
umgestaltenden Tätigkeit Dr. Zimmermanns wenigstens
in ihren Grundzügen erkennen.

Mehr Licht und Großräumigkeit, mehr
Qualität! Das sind die Grundelemente, auf denen
der neue Direktor aufbaut. So sind aus der alten
Kartäuserkirche die in bedrückender Enge an
den Längswänden aufmarschiert gewesenen, teilweise
sehr bedeutsamen mittelalterlichen Skulpturen verschwun-
den. Entfernt sind die Altäre, welche in mehreren Reihen

hintereinander die Mitte des Raumes quer durchschnitten.
Entfernt sind auch die so wenig zum Charakter der ein-
schiffigen Halle passenden, zinnenbekrönten Ausstellungs-
schränke. Die häßlich grünen Glasmalereien aus der
Epoche Essenweins sind durch wertvolle alte Glasbilder
ersetzt. Nur wenige Ausstattungsstücke, unter denen die
in die Längswände eingelassenen weltberühmten Sta-
tionen von Adam Kraft an erster Stelle stehen,
lassen heute die Kirche in ihrer schlichten eindrucks-
vollen Architektur zur verdienten Geltung kommen. Und
ähnlich ist es auch in anderen Räumen, die sich heute
eines früher so schmerzlich vermißten helleren Lichtes
erfreuen und das Streben nach Befreiung von überflüssi-
gem Ballast bekunden.

Regeres Leben herrscht im Neubau. Zunächst
galt e«, den Bau als solchen zu Ende zu führen, was in
verhältnismäßig kurzer Zeit geschah. Dann mußte an
dessen innere Ausstattung herangetreten werden. Welche
unsäglichen Schwierigkeiten sich heute gerade nach dieser
Richtung dem Leiter eines Museums aufdrängen, davon
macht sich der Laie kaum eine Vorstellung. Die not-
wendigsten Materialien wie Holz, Bespannung für die
Wände und Schränke, Glas, Ausstellungs-Vitrinen, Sockel
und vor allen Dingen Geld und nochmals Geld
fehlen. Und doch soll das Ganze in seiner fertigen
Gestalt den Zauber einer berückenden Stimmung besitzen
und in behaglicher Form zum Genuß und zur Betrach-
tung der Kunstwerke hinleiten. Will ein Museumsdirektor
heute der rechte Mann am rechten Ort sein, dann muß
er — schon allein um Geld und Material zu sparen —
selbst den routinierten Handwerker an Findigkeit
übertreffen. So wurde aus dem alten Museum heraus-

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