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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 2.1920/​21

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2. Septemberheft
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Starke, Johannes: Das Handwerk in der Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.27814#0031

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Herausgeber: TXdOlpfl DORGifl

2. Septernberfieft

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„Der Kunstwanderer“ stellt den nachstehenden Auf-
satz des Malers und Privatgelehrten Dr. Johannes Starke
zur Diskussion.

^neuerdings wird wieder einmal viel Kram um das
^ ^ Handwerkliche in der Malerei gemacht. Die Grun-
dierung der Leinwand oder des Holzes, die Kenntnis der
sich vertragenden und die der sich nicht vertragenden
Farben und dergleichen mehr, alles das möchte womög-
lich den Gegenstand besonderer „Vorlesungen“ an den
Akademien bilden, ja es möchte womöglich ein besonderer
„Professor“ hierfür angestellt werden. „Chemie der
Farben“, „Farbenkunde“, „Farbenkreisel“ und ähnliche
Stichworte entfliehen nur zu leicht dem Munde von
Leuten, deren Ausführungen der Maler ohne weiteres
anmerkt, daß sie selbst unfähig sind, auch nur einen
Kopf oder eine Hand in malerisch befriedigender Weise
auf die Leinwand zu setzen.

Demgegenüber ist es an der Zeit, festzustellen, daß
hier maßlose Übertreibungen statt haben. Das Hand-
werkliche in der Malerei erfordert weder besondere Kurse
noch besondere Speziallehrer. Alles das lernt man von
jedem erfahrenen Maler. Und zwar von ihm viel besser
als vom Wissenschaftler, weil er nur das Praktisch-
Wichtige zu geben vermag. Denn mehr weiß er selbst
nicht. Und dem ist gut so. Aller überflüssige wissen-
schaftliche Beikram wird so weggelassen. Der Maler
gibt das „Wissen“ eben der Malerei. Es gibt da schon
ein „Wissen“, eine „Science“, wie die Franzosen sagen.
Das ist aber ein ganz anderes Wissen als das der Ge-
lehrten. Diese verstehen von jenem garnichts. Denn
für den Maler ist die physikalische und die physiolo-
gische Optik gerade so wertlos wie für den Musiker die
wissenschaftliche Akustik.

Als sich der bekannte Komponist Kienzl dem
Studium der Musik zuwendete, dachte er richtig zu
handeln, wenn er erst bei seinem Verwandten, dem be-
rühmten Physiker Mach in Prag, die wissenschaftliche
Akustik studiere. Also tat er es. Und nach 2 Jahren
gestand Mach selbst, daß die Kenntnis seiner Wissen-
schaft dem Musiker Kienzl absolut nutzlos sei. Es
war also verlorene Zeit gewesen.

Kunst und Wissenschaft sind eben zwei verschiedene
Geistesdisziplinen. Hier muß auf reinliche Scheidung
gehalten und gedrungen werden.

Was in der Wissenschaft wichtig ist, ist in der
Regel malerisch Nebensache. Und was den Maler
interessiert, das ist gewöhnlich wissenschaftlich absolut
uninteressant.

Nun ist natürlich hier nicht der Ort und auch nicht
der Raum, dem Maler das, was er handwerklich wissen
muß, im einzelnen aufzuzählen. Das aber läßt sich auch
hier aussprechen, daß sich die jungen Maler nicht sollen
bange machen lassen. Solange man nämlich nicht
„experimentiert“, solange man sich nicht darauf einläßt,
was in alten Schmökern steht, solange man nicht „saucet“,
solange ist es viel schwerer, ein Ölbild
zu malen, das sich nicht hält, wie ein
solches herzustellen, das sich hält. Die
nicht haltbaren Farben, die, welche sich nicht in
Mischungen halten, die findet man schon in Katalogen
der Farbfabriken aufgezählt. Was dort nicht steht, weiß,
wie gesagt, jeder erfahrene Maler, das heißt aber: ein
richtiger Maler, der tonig malen kann. Gerade in Bezug
auf die Farben sagt Schulze- Naumburg in seiner
kleinen „Technik der Malerei“ einmal sehr richtig, daß,

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