Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 2.1920/21
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https://doi.org/10.11588/diglit.27814#0304
DOI Heft:
2. Märzheft
DOI Artikel:Darmstaedter, Ludwig; Schuster, Julius: Johann Peter Melchior's Breidbach-Porträts: Mitteilung III aus der Dokumenten-Sammlung Darmstaedter der Preußischen Staatsbibliothek
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Mitteilung III aus dev Dokumenten=Sammlung Dacmltaedtec dec Pceußifcben Staatsbibliothek
oon
L. Davmtfaedtev und 7* Schuftet;
Unter den katholischen Geistlichen, mit denen Goethe
in Berührung trat, ist besonders bedeutungsvoll für
die Kunst Emmerich Joseph Freiherr von Breidbach zu
Bürresheim (1707—1774), der vorletzte Kurfürst von Mainz.
Der Name des Erzbischofs Emmerich Joseph wird
stets auf das engste mit der Geschichte der Porzellan-
Manufaktur zu Höchst verknüpft sein. Emmerich Joseph
hat im Jahre 1765 eine Aktien-Gesellschaft zur Erhaltung
der Höchster Porzellan-Manufaktur begründet. Wenn es
auch nicht gelang,
die finanziellen
Schwierigkeiten, in
welche die Manu-
faktur geraten war,
zu beheben, so darf
für Emmerich Joseph
doch der Ruhm des
Hauptbeförderersund
Wiedererneuerers der
Höchster Fabrik in
Anspruch genommen
werden. Seine Vor-
liebe für Porzellan
war so groß, daß er
hervorragende Künst-
ler berief: in erster
Reihe Johann Peter
Melchior (1745 bis
1825), der durch
seine Höchster Wirk-
samkeit von 1770 bis
1780 den künstle-
rischen Ruf der Fa-
brik bedeutend zu
heben wußte.
Melchior, der später in den Dienst der Manufaktur
zu Nymphenburg trat, zeichnete sich besonders in der
Porträtbildnerei aus. Die hohe Kunst Melchior’s doku-
mentiert sich ganz besonders in den Bildnissen von
Emmerich Joseph. Melchior hat den Kurfürsten in drei
verschiedenen Größen, einer Büste sowie in einem größeren
und in einem kleineren Medaillon dargestellt. Das
kleinere Medaillon und die Büste, die unter sich eine
frappante Ähnlichkeit aufweisen, werden hier nach den
Originalen in der Porzellan-Sammlung Darmstaedter wieder-
gegeben. Die Farbengebung der Porträts ist ganz über-
einstimmend und so hervorragend, daß diese, um mit
Ernst Zais1) zu reden, den feinsten Blüten der Porzellan-
malerei zugezählt werden dürfen. Wenn man das
Schwinden des Porzellans im Brand berücksichtigt, so
') Die Kurmainzische Porzellan-Manufaktur zu Höchst 18S7.
ist es auffallend, welche Ähnlichkeit die verschiedenen
Kunstwerke zeigen.
So hervorragend die sonstigen Werke von Melchior,
z. B. sein Goethe-Medaillon, auch sind, keines erreicht
die vollendete Technik dieser erstklassigen Porträtwerke.
Sie liefern die beste Illustration zu Goethe’s Worten,
der Emmerich Joseph als „schönen behaglichen Mann“
charakterisiert. Die Milde der Gesinnung, die ihm als
geistlichem Oberhirten nachgerühmt wird, wie die heitere
dem Asketentum
fremde Lebenslust
konnten nicht treuer
nachgebildet und
verewigt werden als
durch Melchior’s
Meisterhand, der das
schwierige Material
so hervorragend be-
herrschte.
Goethe’s Schilde-
rung, Melchior’s Dar-
stellung und Emme-
rich Joseph’s eigener
Namenszug-) mögen
uns das Bild des
Beförderers derHöch-
ster Porzellan-Manu-
faktur noch einmal
lebendig vor Augen
führen und auch die
Erinnerung an den
viel zu wenig be-
kannten Melchior er-
neuern, von dem
der „Kunstwanderer“
schon einen Brief3) mit Faksimile aus der Dokumenten-Samm.
lung Darmstaedter gebracht hat. Auf Johann Peter Melchior
weiter einzugehen erübrigt sich, da in kürzester Zeit eine
historisch-kritische Darstellung des Lebens und Wirkens
von Melchior aus der Feder Prof. Hofmann’s, des Direktors
des Münchner Residenzmuseums zu erwarten steht. In
dieser werden, wie wir einem Aushängebogen aus
Hofmann’s Melchior-Büchlein entnehmen, auch Melchior’s
Erläuterungen zu einem Entwurf für das Grabdenkmal des
Kurfürsten Emmerich Joseph von Mainz enthalten sein.
Das schönste Denkmal des „schönen behaglichen
Mannes“ werden allezeit Melchior’s Höchster Porzellan-
plastiken sein.
2) Unterschrift unter Dokument, Mainz den 23. Januarii 1774
(dem Jahre, in dem Emmerich Joseph durch einen Schlaganfall
dahingerafft wurde), Original in der Dokumenten - Sammlung
Darmstaedter.
3) 1920, 2. Januarheft.
296
Mitteilung III aus dev Dokumenten=Sammlung Dacmltaedtec dec Pceußifcben Staatsbibliothek
oon
L. Davmtfaedtev und 7* Schuftet;
Unter den katholischen Geistlichen, mit denen Goethe
in Berührung trat, ist besonders bedeutungsvoll für
die Kunst Emmerich Joseph Freiherr von Breidbach zu
Bürresheim (1707—1774), der vorletzte Kurfürst von Mainz.
Der Name des Erzbischofs Emmerich Joseph wird
stets auf das engste mit der Geschichte der Porzellan-
Manufaktur zu Höchst verknüpft sein. Emmerich Joseph
hat im Jahre 1765 eine Aktien-Gesellschaft zur Erhaltung
der Höchster Porzellan-Manufaktur begründet. Wenn es
auch nicht gelang,
die finanziellen
Schwierigkeiten, in
welche die Manu-
faktur geraten war,
zu beheben, so darf
für Emmerich Joseph
doch der Ruhm des
Hauptbeförderersund
Wiedererneuerers der
Höchster Fabrik in
Anspruch genommen
werden. Seine Vor-
liebe für Porzellan
war so groß, daß er
hervorragende Künst-
ler berief: in erster
Reihe Johann Peter
Melchior (1745 bis
1825), der durch
seine Höchster Wirk-
samkeit von 1770 bis
1780 den künstle-
rischen Ruf der Fa-
brik bedeutend zu
heben wußte.
Melchior, der später in den Dienst der Manufaktur
zu Nymphenburg trat, zeichnete sich besonders in der
Porträtbildnerei aus. Die hohe Kunst Melchior’s doku-
mentiert sich ganz besonders in den Bildnissen von
Emmerich Joseph. Melchior hat den Kurfürsten in drei
verschiedenen Größen, einer Büste sowie in einem größeren
und in einem kleineren Medaillon dargestellt. Das
kleinere Medaillon und die Büste, die unter sich eine
frappante Ähnlichkeit aufweisen, werden hier nach den
Originalen in der Porzellan-Sammlung Darmstaedter wieder-
gegeben. Die Farbengebung der Porträts ist ganz über-
einstimmend und so hervorragend, daß diese, um mit
Ernst Zais1) zu reden, den feinsten Blüten der Porzellan-
malerei zugezählt werden dürfen. Wenn man das
Schwinden des Porzellans im Brand berücksichtigt, so
') Die Kurmainzische Porzellan-Manufaktur zu Höchst 18S7.
ist es auffallend, welche Ähnlichkeit die verschiedenen
Kunstwerke zeigen.
So hervorragend die sonstigen Werke von Melchior,
z. B. sein Goethe-Medaillon, auch sind, keines erreicht
die vollendete Technik dieser erstklassigen Porträtwerke.
Sie liefern die beste Illustration zu Goethe’s Worten,
der Emmerich Joseph als „schönen behaglichen Mann“
charakterisiert. Die Milde der Gesinnung, die ihm als
geistlichem Oberhirten nachgerühmt wird, wie die heitere
dem Asketentum
fremde Lebenslust
konnten nicht treuer
nachgebildet und
verewigt werden als
durch Melchior’s
Meisterhand, der das
schwierige Material
so hervorragend be-
herrschte.
Goethe’s Schilde-
rung, Melchior’s Dar-
stellung und Emme-
rich Joseph’s eigener
Namenszug-) mögen
uns das Bild des
Beförderers derHöch-
ster Porzellan-Manu-
faktur noch einmal
lebendig vor Augen
führen und auch die
Erinnerung an den
viel zu wenig be-
kannten Melchior er-
neuern, von dem
der „Kunstwanderer“
schon einen Brief3) mit Faksimile aus der Dokumenten-Samm.
lung Darmstaedter gebracht hat. Auf Johann Peter Melchior
weiter einzugehen erübrigt sich, da in kürzester Zeit eine
historisch-kritische Darstellung des Lebens und Wirkens
von Melchior aus der Feder Prof. Hofmann’s, des Direktors
des Münchner Residenzmuseums zu erwarten steht. In
dieser werden, wie wir einem Aushängebogen aus
Hofmann’s Melchior-Büchlein entnehmen, auch Melchior’s
Erläuterungen zu einem Entwurf für das Grabdenkmal des
Kurfürsten Emmerich Joseph von Mainz enthalten sein.
Das schönste Denkmal des „schönen behaglichen
Mannes“ werden allezeit Melchior’s Höchster Porzellan-
plastiken sein.
2) Unterschrift unter Dokument, Mainz den 23. Januarii 1774
(dem Jahre, in dem Emmerich Joseph durch einen Schlaganfall
dahingerafft wurde), Original in der Dokumenten - Sammlung
Darmstaedter.
3) 1920, 2. Januarheft.
296