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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 2.1920/​21

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2. Augustheft
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Cartellieri, Otto: Das kurpfälzische Museum in Heidelberg
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Frankfurter Kunstmesse Herbst 1921 / Der Kunstsammler in der Karikatur / Kunstbrief aus Frankfurt a. M. / Ein Besuch im Moritzburger Schloß / Deutsche Gewerbeschau München 1922 / Londoner Kunstschau / Neuerwerbungen des Louvre / Aus der Museums- und Sammlerwelt / Kunstauktionen / Aus der Künstlerwelt / Ausgleich im Oldenburger Bilderkampf / Neue Kunstbücher
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https://doi.org/10.11588/diglit.27814#0497

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Herausgeber: AdOlpl 1 DonOlD

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2. AugustfT-ßfi"

Das kuepfabifebe Jvtufeum in Jieidelbet?g

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Otto CavtelUevi

Unter dem Namen „Kurpfälzisches Museum der Stadt
Heidelberg“ haben die Städtischen Sammlungen zu
Heidelberg ihre Pforten wieder geöffnet. Mit bewährtem
Takt und Geschmack führt uns der Direktor, Dr. Karl
Lohmeyer, eine treffliche Auswahl der Schätze vor, die
da^ Museum birgt. Übersichtlich geordnet, leicht faßbar
treten uns die Jahrhunderte und Stile entgegen. Und ge-
schickt eingefügte Altäre, Leuchter und Möbelstücke ver-
mitteln uns das Milieu, in dem die Gemälde entstanden.
Die reiche Pfälzer Kultur aller Zeiten tut sich vor uns
auf. In Gräberfunden kündigt sich die keltische und alt-
germanische — in Steinen (Mithrasl), Waffen und Ge-
fäßen die Römerperiode an. Schöne altdeutsche Gemälde
der oberrheinischen Schule; das liebliche Rosenkranzbild
des Unbekannten Meisters; ein Pfälzer Kurfürst, gemalt
vom Meister des Hausbuchs; der Apostelaltar von der
Hand des großen Tilman Riemenschneider; Altärchen und
Apostelfiguren aus Heidelberger Kirchen; Teil eines go-
tischen Kirchengestühls aus dem Kloster Schönau; die
Barockplastik „König David“ von der Orgel der Heilig-
geistkirche leiten uns allmählich ins 18. Jahrhundert hin-
über.

Überraschend schön ist die Sammlung an Franken-
thaler Porzellan und Mosbacher Fayencen! Wir be-
obachten die Entwicklung des ersteren von den noch
etwas schwereren, gebundeneren Formen eines Lanz zu
der schwebenden Grazie eines Lück — und endlich zu
der Louis Seize-Strenge eines Link. Von prachtvoller
Wirkung ist das Seidentapetenzimmer (1780) mit köst-
lichem Mobilar aus dem 18. Jahrhundert. Ein herrlicher

Venetianer-Leuchter krönt den Raum, in dem noch eine
Auswahl aus der großen Münzsammlung des Museums
zu sehen ist.

Das 18. Jahrhundert ist auch in hervorragenden Ge-
mälden vertreten. Wir nennen nur van Douven, Oefele,
Hickel, Oelenheinz (mit dem entzückenden „Wiener
Stubenmädchen“), und schließlich Ziesenis, dem allein
es vergönnt war, Friedrich den Großen nach dem Leben
zu malen. Dies Bild stammt wahrscheinlich aus dem
Besitz der Schwester des Königs, Herzogin von Braun-
schweig und ist eins der wenigen glaubwürdigen Bild-
nisse des Königs, die vorhanden sind.

Die Niederländer präsentieren sich in auserlesenen
Stücken. Wie Wilhelm Kalff den schimmernden Römer
auf Silberplatte malt, ist zauberhaft! Auch Coorte’s „Spar-
gel“ und Pieter Claeß’ „Makronen“ gehören zu den Still-
leben, wie eben nur die Niederländer sie uns in dieser
intimen, naturverwandten Durchbildung, voll Sinnenfreude
und dennoch klassischer Ruhe, geschenkt haben. Mit
Interesse merken wir, daß das bisher J. A. Berckhayde
zugeschriebene „Maleratelier“ ein Frühwerk Gerard Ter-
borchs ist.

Proben der italienischen Schule schließen sich an.
Crespi’s impressionistische „Heiligenscene“ bannt uns,
deren gewaltiger Rhythmus aus schwerem Dunkel in
grellste Lichter hinauswogt.

Das zweite Stockwerk führt uns in das 19. Jahr-
hundert: die uns so liebgewordenen, behäbigen Linien
des Biedermeiermobiliars empfangen uns (Abb.). Wir
sind bei den Brüdern Fries, Fohr, bei Karl Rottmann,

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