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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 2.1920/​21

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2. Septemberheft
DOI Artikel:
Bogeng, Gustav A. E.: Betrachtungen zur Buchkunstbewegung der Gegenwart, [6]
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https://doi.org/10.11588/diglit.27814#0034

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Karl Stauffer-Bern Gottfried Keller

Nachlaß Johannes Maximus Mosse Atnsler und Ruthardt, Berlin

berühmtesten Bibliophilen der Vergangenheit, nur daß
er sich nicht wie diese damit begnügte, einem ausge-
wählten Abzüge einen seinem persönlichen Geschmack
entsprechenden Einband zu geben, sondern alles, was er
sich nur ausdenken konnte, für die Ausstattung, die damit
zu einer Belastung wurde, seines „Buches“ tat.

Nicht allein das Mögliche, auch das Unmögliche
wurde in den Band einer Liebhaberausgabe hineingepackt
und die Verleger kamen den derart erweiterten Wünschen
ihrer Subskribenten nicht ungern entgegen. Um so lieber,
als gerade diese „exemplaires uniques“, die so, wie sie
gerade hergerichtet wurden, kein anderer besitzen konnte,
der amerikanischen Neigung auch zur Buchgigantik ent-
sprachen und die Amerikaner mit Vorliebe sich dieser
Schätze bemächtigten, um sie über das große Wasser
nach Hause zu führen. (Dabei ist allerdings nicht zu
vergessen, daß die Amerikaner bereitwillig auch die
Buchware bezahlten). Daß aber der neue Geschmack
sich verhältnismäßig so rasch und stark durchsetzen
konnte, daran hatte Conquet als Händler ebenfalls einen
Hauptanteil. Er hatte für die Liebhaberausgabe eine Art
geschäftlicher Führung gewonnen durch die Zahl seiner
Kunden, die wiederum die Zahl seiner Bestellungen und
Vorausbestellungen bei den andern Verlegern bestimmten.
Bisweilen wurde dann wohl auch ein in anderem Ver-
lage erscheinendes Werk auf „besonderem“ Papier und
mit „besonderen“ Vorzügen in einer Teilauflage mit dem
Conquet Titelblatt gedruckt. Gerade damit wurde aber
die Empfindung für eine absolute Buchschönheit, deren
im Buche selbst vorhandenen Elemente seine Harmonie
hervorrufen, abgeschwächt und der Geschmack für eine

nur relative Buchschönheit erzogen, die aus dem Buch
eigentlich fremden Zutaten erst entstehen sollte. Maß-
gebend war nicht mehr die Buchkunst und als ihr
Repräsentant das schöne Buch, sondern die Ausstattung
der Liebhaberausgabe im Sinne einer Buchvervollkomm-
nung. Mit anderen Worten: auch von den gelungensten
Buchkunstmeisterwerken nahm man ohne weiteres an,
daß ihnen noch vieles fehlte, das ihnen erst der Sammler
zu geben hätte. Eine Anschauung, die sich der Buch-
kunstbewegung entgegenstellen mußte und sie jedenfalls
nicht förderte.

Dadurch, daß die editeurs d’art in Paris, die Carte-
ret, Conquet, Ferroud, Floury, Jouaust, Pelletan, Piazza,
Romagnol, Rouquette, Simonis-Empis, Testard und welche
sonst noch ihnen zugehören, auf die Liebhaberausgabe
hin ihre Verlage ausbauten, daß die Büchersammlergesell-
schaften der „Bibliophiles frangois“, der „Amis des
Iivres“, der „Cent bibliophiles“, der „Bibliophiles Con-
temporains“ und andere weitere die Liebhaberausgabe
pflegten, kunstverständige Sammler wie die Beraldi,
Borderel usw. die Förderung und Leitung von Liebhaber-
ausgaben mit ihrem Namen deckten oder gar Privataus-
gaben veranstalteten, fand allmählich eine Festlegung der
Geschmacksregeln für die Veranstaltung derartiger Aus-
gaben statt, die zur Ausprägung eines konventionellen
Typs führen und der Verfolgung neuer Wege hinderlich
sein mußte. Die Edition de luxe in ihren exemplaires
d’amateur bedingte zunächst eine Auswahl des kostbaren
Papieres, die auf einige Sorten beschränkt (in der Haupt-
sache: Hollande, Rives, Whatman, velin ä la cuve, velin
du Marais, Chine, Japon ancien, Japon des manufactures
imperiales) bleibend, trotzdem abwechslungsreich genug
sein würde, um den Papierreiz voll auszunutzen. Aber
die Abfolge der Papiere nach den Abzugsgattungen einer
Ausgabenreihe, von den ersten Nummern auf den „besten“
bis zu den letzten auf den gewöhnlichen Papieren ge-
stattet meistens nicht die Papierprüfung nach ausschließ-
lich buchkünstlerischen Gesichtspunkten, wie sie etwa
Morris wollte. Die rein buchhändlerisch ausgebildete
Vorzugsausgabe widerstrebt der Annahme, es könne die
schlechtere Ausgabe buchkünstlerisch der teueren vor-
zuziehen sein. Womit indessen nicht zu verkennen sein
wird, daß die Behandlung dieser Edelpapiere und die

lozef Israels Sailing the boat

Auktion bei Amsler und Ruthardt, Berlin

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