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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 2.1920/​21

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2. Septemberheft
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Bogeng, Gustav A. E.: Betrachtungen zur Buchkunstbewegung der Gegenwart, [6]
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https://doi.org/10.11588/diglit.27814#0035

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Beschäftigung mit ihren Qualitäten immerhin eine erheb-
liche Qualitätssteigerung, die auch der Drucktechnik zu-
gute kommen konnte, zuließ.

Das mag noch mit einigen Beispielen erläutert werden,
die absichtlich die Anführung bestimmter Fälle vermeiden
wollen. Über Geschmacksfragen läßt sich streiten und
es wird immer Leute geben, die die „Aufmachung“ (das
häßliche Wort ist bezeichnend) mit der „Ausstattung“
verwechseln. Aber da, wo nicht ästhetische und psycho-
logische sondern nur rein technische Buchprobleme zur
Erörterung stehen, sollte eigentlich unter den in den
Anpreisungen angerufenen Kennern kein Streit bestehen.
Hierher gehört nun vielfach die Papierwahl und Papier-
verwertung. Eine Vorzugsausgabe auf „besserem“ Papier
hat deshalb einen Sinn, weil das Auflagenpapier in der
einen oder anderen Weise nicht ausreicht, etwa weil es
holzstoffhaltig ist und deshalb aie auf ihm gedruckten
Exemplare einem raschen Verfall anheimfallen. Die Vor-
zugsausgabe auf einem haltbaren Papier sichert dann die
Bücherhaltung und wird deshalb teurer bezahlt. Oder die
Benutzung von Edelpapieren, die kostspielig sind, ist
deshalb für eine Vorzugsausgabe gerechtfertigt, weil die
Abzüge auf ihnen eine bessere Druckqualität haben, die
Absichten des Graphikers besser verwirklichen, der viel-
leicht erst in Handdrücken, oder von ihm Stück für Stück
überprüften und deshalb durch seine Unterschrift gewähr-
leisteten Abzügen, eine ihm genehme vollkommene Wieder-
gabe seiner Griffelkunstblätter erreichen kann. Ob in-
dessen ein Papier den vollen Büttenrand hat, ob es
Handbütten oder Maschinenbütten ist, erscheint erst dann
wesentlich, wenn allein der volle Papierrand die Harmonie
zwischen dem Satzspiegel und dem Seitenrande herstellt,
wenn die Qualität des Handbüttenpapiers die des
Maschinenbüttenpapiers übertrifft. Ähnliches gilt für
Großpapiere, die immer ein Notbehelf sind, weil bei
ihnen die eben erwähnten Proportionen nur dadurch und
vielleicht auch nur unvollkommen gewonnen werden, daß
der Satz umgestellt wird. Allein die Tatsache eines sehr
breiten Seitenrandes macht aus einer Liebhaberausgabe
unserer Zeit noch kein echtes Großpapier. (Und die
Erhaltung der sogenannten „fausses marges“, der ganz
ungleichmäßigen Papierränder, kann schon deshalb kein
Vorzugszeichen sein, weil gerade diese falschen Ränder
bezeugen, daß die für diese Papierformate notwendig ge-
wesene Druckeinrichtung gespart wurde.) Auch für die
Papierwahl gilt das in medio stat virtus, auch China-
und Japanpapier kann schlecht oder im Sonderfall unge-

Karl Stauffer-Bern Liegender weiblicher Akt

Nachlaß Johannes Maximus Mosse

Balthazar van der Meer Fruchtstilleben

Kölner Kunst- und Auktionshaus

eignet sein. Das Japanpapier ist gewiß kräftig und
widerstandsfähig. Aber es hat auch die Fehler seiner
Vorzüge. Es widerstrebt durch seine Härte häufig der
Aufnahme des Druckbildes und macht den Buchkörper
unschmiegsam. Es ist also keineswegs das ideale Buch-
druckpapier, zumal es auch leichte Schmutzflecken nicht
verträgt. Das gewiß sehr saugfähige Chinapapier ist
stark hygroskopisch und verlangt eine dauernde Pflege.
Abzüge auf ihm sind oft schlecht und ungleichmäßig, es
läßt sich ebenfalls schwer reinigen und wird spät binde-
reif. Überhaupt hat die Bevorzugung der Papierkuriosi-
täten vor den Papierqualitäten manches mißliche. Es ist
eine vornehme Gewohnheit, sich Bücher auf eigenem
Papier mit eigenem Wasserzeichen drucken zu lassen.
Uns erscheint sie fragwürdig, wenn das Auflagenpapier
besser als das eigene und das Wasserzeichen künstlich
eingepreßt ist. Auch die regelmäßige Benutzung von
„altem“ Papier für die Abzüge neuer Radierungen, die
eine Regel aus Sonderfällen macht, ist meist nur ein
Sammlersport.

Auch die Auflagenbeschränkungen sind für ein zur
Verbreitung bestimmtes Buch, wenn sie nicht durch dessen
Herstellung wirklich notwendig wurden, durchaus nicht
immer eine Empfehlung. Sammlern vielleicht erwünschte
künstliche Seltenheitswerte lassen sich, wie die Biblio-
philiegeschichte lehrt, auf die Dauer durch merkantile
Spekulationen nicht erzeugen. Eine Auflagenbeschränkung
muß immer einen besonderen Grund haben, sei es, daß

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