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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 2.1920/​21

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2. Dezemberheft
DOI Artikel:
Grautoff, Otto: Französische Museumspremieren
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Dammann, Walter Heinrich: Altägyptische Amulette
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https://doi.org/10.11588/diglit.27814#0165

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Bedeutung habe. Brüssel, London, Berlin und München
zögen allein aus diesen Bestimmungen Nutzen. Das
Gesetz trägt einen stark bürokratischen Charakter. Alle aus-
ländischen Kunstpro-
dukte werden mit
einem Einfuhrzoll von
100% belegt. Wenn
aber das Kunstwerk
nicht in dem Lande
erzeugt ist, aus dem es
eingeführt wird, beträgt
die Taxe das Doppelte.

Ein von Deutschland
nach Frankreich einge-
führter Watteau würde
also mit einem Einfuhr-
zoll von 200 °/0 belegt,
obwohl das gleiche
Gesetz den Schutz des
nationalen Kunstzieles
erstrebt.

Orientalische Kunst
aus England importiert,
ist höher zu verzollen,
als wenn sie direkt aus dem Orient kommt. Für
die Ausfuhr der Kunstgegenstände sind langwierige
bürokratische Formalien zu erfüllen. Von Werken unter
5000 Frcs. erhebt der Staat 15 %, dann staffelweise weiter

bis zu 25 %. Zu dem kommt noch, daß das Ministerium
sich nach dem Gesetz einen Monat lang überlegen darf,
ob das in Frage stehende Kunstwerk ausgeführt wer-
den darf. Inzwischen
wird manchen reichen
Sammlern die Ge-
schichte zu langweilig
werden; und sie ver-
zichten lieber auf den
Einkauf. Wenn nun
aber auch holländische
und belgische Kunst-
händler große Anstren-
gungenmachen um den
Pariser Markt an sich
zu reißen, so ist nach
den zahlreichen Pro-
testen aus den Kreisen
der Kunstfreunde und
Kunsthändler anzu-
nehmen, daß das Ge-
setz noch abgeändert
wird. Die französische
Regierung wird die
Torheit der neuen Bestimmungen begreifen und lieber
den Fehler wieder gut machen als die Gefahr laufen,
daß Paris nicht mehr das europäische Kunstzentrum
bleibt.

Neuordnung des Louvre

Altägyptitcbc Amulette

non

IDalteü Ji. Dammann

Die in dem nachstehenden Aufsatz von Dr. Walter
H. Dammann (Hamburg) abgebildeten Stücke gehören
dem Hamburgischen Museum für Kunst und Gewerbe.

L^esitzer von ägyptischen Amulettstücken pflegen diese
Kleinbildwerke dem Besucher ihrer Sammlungen
mit entschuldigendem Lächeln vorzuweisen; das Zeug
sei da, wie sich dergleichen eben ansammele. Wirklich
sind diese Arbeiten neben Silberhumpen, Miniaturen,
geschnittenen Gläsern oder anderen augenfälligen
Leistungen neueren Kunstgewerbes unansehnlich; und
ihre große Anzahl in allen Sammlungen macht sie nicht
kostbarer. Dennoch braucht man nicht Ägyptologe zu
sein, um sich — bei einiger Aufmerksamkeit — davon
zu überzeugen, daß diese Amulette nicht nur in ihrer
gedanklichen Bedeutung und Beziehung außerordentlich
gehaltvoll, sondern in ihren besseren Stücken auch von
eigenartigem Kunstreiz sind. Zwar stammt die über-
wiegende Mehrzahl der vorhandenen Amulette aus dem
Neuen Reich und aus der Spätzeit, zeigt also nicht mehr
den reinen, vom Wunsche der Naturnachbildung noch
unerweichten Formwillen der alten Denkmäler. Aber
keineswegs werden diese Kleinbildwerke künstlerisch
verstanden, wenn man in ihnen nur winzige, mehr oder
weniger geschickte Nachformungen des Naturgebildes,

von dem sie Erscheinung und Namen borgen, erblickt.
Wären sie weiter nichts, so könnte unmöglich der Ein-
druck denkmalhafter Wucht von ihnen ausgehen, der
selbst den flüchtig geformten Stücken fast nie fehlt.
Dieser Eindruck kommt dadurch zustande, daß der
ägyptische Künstler, wenn er in kleinstem Maßstabe
arbeitet, die Maßverhältnisse des Naturstückes, an das
sein Bildwerk erinnern soll, absichtlich vergröbert, indem
er gleichzeitig das ganze Körpergebilde vereinfacht. Ver-
fahren und Ergebnis scheinen die gleichen wie bei den
Großgestaltungen der alten Kunst. Aber der künstlerische
Gedanke ist ein völlig anderer. Der Bildhauer des alten
Reiches, der ein Pharaonensitzbild schuf, sollte zwar
auftraggemäß den Menschen verewigen; aber das be-
deutete für ihn nicht die Forderung der Ähnlichkeit oder
Nachahmung in irgendeinem Sinne, sondern die Aufgabe,
einem Stoff — Granit, Syenit, oder was sonst — Form
zu geben — Form, die eindrücklich sei und bei der man
sich des Mannes, dessen Andenken das geformte Stück
Stein geweiht sein sollte, ehrfürchtig erinnere. Die
Amulette aber, wie die Werke der jüngeren Zeiten Ägyp-
tens überhaupt, sind wirklich darauf angelegt, den Ein-
druck der Naturerscheinung selbst hervorzurufen, ohne

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