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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 2.1920/​21

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1. Februarheft
DOI Artikel:
Rein, Erich: Alte Meister aus Düsseldorfer Privatbesitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.27814#0233

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Haltung übernommen von den großen Deckenmalereien,
die Zick u. a. für den Festsaal des Schlosses zu Bruch-
saal um 1750 gemalt hat. Auch hier ist ein durch kühne
Komposition erreichter großer Zug, lebhafte Lichtwirkung
und eine sinnliche, frische Farbe nicht abzuleugnen. Das
Bildnis der Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar
von Johann Wilhelm Tischbein, einem der klassizistischen
Maler um die Wende des 18. zum 19. Jahrhundert
schließt die Reihe der deutschen Malwerke ab.

Die Frühzeit italienischer Malerei tritt hier mit drei
ausgezeichneten Proben sienesischer Kunst in die Er-
scheinung: einem „Sankt Andreas“ von einem Nach-
folger des Duccio di Buoninsegna aus dem ersten Drittel
des 14. Jahrhunderts, der byzantinische Tradition mit
einer freieren Auffassung, mit einer zarten Anmut ver-
einigt, einer „thronenden Madonna“, von P. Schubring
als ein Werk des Ambrogio Lorenzetti erkannt, mit Zügen,
seltsam gemischt aus sienesischer Süße und florentinischer
Herbheit, weiter einer großen Lünette mit der „Klage um
Christus“ — etwa aus der zweiten Hälfte des 15. Jahr-
hunderts — in der die strenge Komposition doch nicht
die zarte Weichheit der einheimischen Stimmung zu ver-
wischen vermag. Venezianische Meister treten für die
italienische Malerei des 16. Jahrhunderts ein: Tintoretto
mit einem geistreichen Bildnis eines venezianischen
Würdenträgers (Abb. 3), der am Niederrhein geborene,
aber in Venedig völlig zum Italiener gewordene Tizian-
Schüler Johannes Stephan von Calcar mit einem Bildnis
eines vornehmen Italieners aus der Familie der Campo-
longi (Abb. 4), das bei aller Großartigkeit der Auf-
machung doch nicht die Nüchternheit niederdeutscher-

Calcar Ein Mitglied der Familie der Campolongi

Rubens Papst Gregor der Große

holländischer Auffassung verleugnen kann, ferner der
jüngere Jacopo Palma mit zwei großen Werken, einer
„Diana und Kallisto“, prächtig durch die Schönheit der
Formen, die kraftvolle und doch beruhigte Bewegung,
und einer allegorischen Darstellung, die trotz dergleichen
Werte allzusehr auf rein äußerliche Wirkung eingestellt
ist. Er ist bezeichnend für den Übergang von der
Renaissance zu der Gesinnung des Barock. Ein „Christus
am Kreuz“ von dem Genuesen Alessandro Magnasco
(1681 —1747) und ein Selbstbildnis des Giacomo Fr.
Cipper aus Bergamo (erste Hälfte des 18 Jahrhunderts)
sind u. a. ein paar gute Beispiele für diese Barockmalerei.

Aus der Abteilung der Handzeichnungen, die eine
sehr erwünschte Ergänzung zu der Gemäldeschau bildet,
mögen eine Federzeichnung mit Tusche „Christus am
Kreuz“ aus dem Kreise Altdorfers angeführt werden, ein
Rötel-Blatt mit zwei männlichen Akten von Agostino
Caracci, ein Blatt mit zwei Zeichnungen in schwarzer
Kreide von Jacques Callot, bezeichnend für die groteske,
satirische Weltbetrachtung und die persönltche geistvolle
Zeichnungsart des genialen Graphikers, ein Aquarell des
Holländers Balthasar van der Ast, eine rotgelbe Tulpe
und Spinne, mit einer kunstvollen Unterschrift, mit Treue
und Geschmack dem Naturvorbild nachgeschaffen.

Der Katalog dieser wertvollen Darbietung alter Mal-
kunst ist von Dr. Walter Cohen mit gewohnter Sachlich-
keit und Sorgfalt bearbeitet worden, er ist wichtig auch
als Dokument des Sammlertums einer deutschen Kunst-
stadt, dessen hohe Zeit wohl vorläufig zu Ende ge-
gangen ist.

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