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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 2.1920/​21

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2. Februarheft
DOI Artikel:
Grünstein, Leo: Das Wiener Palais Pálffy und seine Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.27814#0257

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Bestimmungen zufolge, all das wohlgehütete Ergebnis
einer langjährigen Sammeltätigkeit unter den Hammer
des Auktionators gelangen. Diese Auktion, welche von
der Wiener Firma Glückselig und Wärndorfer, unter teil-
weiser Mitwirkung des Dr. Hugo Haberfeld geleitet wird,
dürfte aller Wahrscheinlichkeit nach eines der inter-
essantesten Ereignisse auf dem internationalen Kunst-
markte werden.

Wenn wir uns nun den einzelnen Kunstwerken zuwenden,
(über die wir einige auf flüchtigem Rundgang empfangene
Eindrücke mitteilen wollen) so sind es zunächst die
Möbel des Empire und des Louis Seize, die uns zu
längerem und liebevollem Verweilen Anlaß geben. Wir
führen unter all den hochbewerteten und gut erhaltenen
Stücken vor allem ein paar der bekannten, zuletzt auf
der Wiener Kongreßausstellung des Jahres 1896 viel-
bewunderten historischen Möbel auf: den aus Malmaison

stammenden, auf 12 toskanischen Säulen ruhenden
Schreibtisch Napoleons, ein prunkvolles bureau ä cylindre,
nach außen wie nach innen überaus reich an vergoldeter
Bronzeverzierung, fernerein stilverwandtes lit de bateau-,
das sogenannte Bett des Generals Berthier, welches eben-
falls reichen Bronzeschmuck aufweist und durch die
Mannigfaltigkeit vergoldeter Ornamente und kriegerischer
Embleme auffällt. Als historische Reliquie gelten weiteres:
ein Bett des Napoleon, das die Stadt Paris ihm gewidmet
hat und ein reich geschnitzter und mit Perlmutter ein-
eingelegter Lehnstuhl, der aus dem Besitz der Kaiserin
Josephine herrührt. Ein halbes Dutzend von Stühlen
vermag seine Herkunft aus den Tuillerien nachzuweisen;
einige derselben tragen die vielbegehrte Signatur der
Jacob freres. Zu den Glanzstücken des Pälffy’schen
Mobiliars zählen noch: ein kreisrundes Empiretischchen,
dessen Fuß und Platte aus Sevres-Porzellan verarbeitet

Schreibtisch Napoleons I.

Bronze-Uhr mit Bacchantin

wurden; eine halbrunde, dreiteilige Kommode aus Maha-
goni, gleichfalls im französischen Empirestil — ihr
Gegenstück befindet sich im Österreichischen Museum
zu Wien — ferner zwei polierte Mahagonifauteuils, deren
Sitz und Lehne farbige Gobelins (Beauvais) bilden; eine
italienische Empiregarnitur mit roter Brokatpolsterung;
englische Louis Seize-Möbel mit wertvollen Schnitzereien
in der Art und Anlage eines Adam usw.

Neben den Möbeln hält unsere Aufmerksamkeit eine
Sammlung von Louis Seize- und Empirebronzen fest.
Es sind Kunstwerke von einem Umfange und von einer
Qualität, wie sie seit Jahren auf keiner öffentlichen Ver-
steigerung zu sehen waren. Wir finden hier einen
Überreichtum an Kandelabern und Girandolen, Leuchtern
und Lustern, Vasen und Uhren, von denen manche
Seltenheitswert besitzen.

Einige Beispiele für die bedeutendsten Stücke sind
etwa: ein paar Kandelaber mit je 3 Bronzekaryatiden,
die eine mächtige Mahagonischale stützen, aus welcher
14 Leuchtarme, in Form von Palmschößlingen hervor-
brechen oder eine der Kolossalvasen aus reichvergoldetem
Porphyr. Wir verweisen ferner auf manch reizvolle und
gediegene Spezies von Girandolen, die zumeist franzö-
sischen Stilcharakter haben und durch gräcisierende und
ägyptisierende Details und durch die Fülle und Feinheit
ihrer Bronzeverzierungen auffallen. Gewählt ist eine
kleine Kollektion von Räucherpfannen und Brule-Parfums;
bedeutend eine recht umfangreiche Sammlung von Uhren.
Unter den letzteren interessieren wieder Arbeiten
französischen Ursprungs. Eine Louis Seize-Uhr voll
hübscher Einzelheiten ist beispielsweise: die Karusseluhr
mit den ringelstechenden Putten, ausgezeichnet durch

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