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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 2.1920/​21

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2. Märzheft
DOI Artikel:
Kunstausstellungen / Kunstauktionen / Kunstglas und Elfenbein auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1921 / Amerika als Aufkäufer englischer Literaturschätze / Alte und neue niederländische Buchkunst / Für das Sammeln der Entwürfe unserer Baukünstler / Freie Deutsche Künstlerschaft / Vorträge der Staatlichen Museen zu Berlin / Neue Kusntbücher / Kunstdiebstahl in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.27814#0306

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Farben der Bilder allein diktieren das Gesetz der Beleuchtung,
und Oesers Gemälde verlangen das mystische Licht katholischer
Kirchen, denn als Kirchenschmuck sind diese Schöpfungen ge-
dacht, und in diesem Licht wird der religiöse Bildinhalt zum
lebendigen Vorgang im Raum und im Beschauer zum Erlebnis,
an dem dieser keinen geringeren sinnlichen Anteil hat als die
biblischen und kirchlichen Gestalten, die da Zeugen eines Myste-
riums, eines Mirakels, einer Passion sind.

Die starke geistige Kraft eines großen Könners und der
machtvolle Gedanke des religiösen Vorwurfs durchdringen ein-
ander in ungewöhnlicher Vollkommenheit und schaffen diesen
monumentalen Ausdruck höchster Verzückung und seligster Ver-
klärung, anbetender Andacht und inbrünstigen Vertrauens, die
den Gang der Legende so feierlich, ihren Blick so ewigkeitsweit,
ihre Sprache so sorgenlösend machen. Ich habe Bilder ihrem
Inhalt nach noch nie beschrieben; man kann aber, obwohl man
es eigentlich nicht sollte, von ihnen sprechen, denn Klang und
Farbe sind schon eher eins. Oesers Bilder tragen beides, Farbe
und Wort, so innig vermählt in sich, daß jede Gebärde durch die
Zeichnung, die hier soviel wie das Wort ist, sich zur Handlung
befreit und die Farbe das Blut der Bewegung und die Wärme
des Gefühls hindurchgleiten läßt.

Daneben können nun andere religiöse Bilder und auch viele
Schöpfungen der Nazarener nicht anders als im Ausdruck
erstarrt wirken. Die Farben sind zart und lieblich, die Gebärden
holdselig; aber wenn man das ein halbes dutzendmal hinterein-
ander gesehen hat, so hat man unbewußt ein Reproduktionsver-
fahren im Geiste eingerichtet, dessen Wirkung nur erschlaffendes
Interesse sein kann. Unter den Vertretern der religiösen Malerei
ist der Persönlichkeitswert gerade bei den Nazarenern gering >’
wie stark er aber auch dort sein kann, zeigt uns die zweite Aus-
stellung der Badischen Kunsthalle, die aus bereits vorhandenen
Beständen der Galerie, aus Neuerwerbungen sowie Leihgaben
gebildet wurde und in Farbe und Zeichnungen zahlreiche z. T.
noch nie nach Gebühr beachtete charakteristische Schöpfungen
der Nazarener herausstellt und besonders auf den Mainzer Sette-
gast und den zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Heidelberg tätigen
G. Ph. Schmitt aufmerksam macht.

Alfred Maderno.

Köln.

Man schreibt uns aus Köln: lm graphischen Kabinett bei
Abels auf dem Hohenzollernring sieht man diesen Monat
Original-Graphik von Hermann Kaetelhoehn und Arthur
Henne. Kaetelhoehn, ein geborener Hesse, Schüler von Halm
und Bantzer, ist ein Radierer, der mit großer Liebe die Reize
seines Hessenländchens auf die Platte bannt. Neben anmutigen
Landschaften, und malerischen Dörfchen sieht man charaktervolle
hessische Bauerntypen, von denen er mit Vorliebe seine
„Schwälmei“ zeichnet, die heute noch die Tracht ihrer Väter
tragen. Der Künstler lebt seit 1919 in Essen. Arthur Henne ist
ein junger Dresdner Graphiker. Er sucht seine Motive nur in
der Landschaft. „Obstbäume im Herbstwird“ — „Nach dem
Regen“ und „Überschwemmung“ fallen besonders auf.

München.

In der A 11 e n P i n a k o t h e k ist jetzt ein Jan Vermeer
van Delft, Halbfigur eines an einer Brüstung lehnenden in
der Hand eine Flöte haltenden Mädchens als Leihgabe zu sehen.
T rotz allen Bemühungen ist es der Galerie nicht gelungen, das
bedeutsame Gemälde zu erwerben.

*

In der Modernen Galerie Thannhauser wurde eine
Austeilung zum Gedächtnisse an den 1911 jung verstorbenen
Maler Eugen v. Kahler eröffnet. Wilhelm Hausenstein
schrieb ein Vorwort für den Katalog der Ausstellung.

*

Wie man uns aus München schreibt, ist dort ein neues
Unternehmen im Gange, der Münchener Kunsthort. Er
hat sich die Aufgabe gestellt, die Verwertung der ihm über-
lassenen Objekte auf einer Grundlage vorzunehmen, welche dem

Verkaufenden die Gewähr der Wahrung seiner Interessen bietet.
Der Münchener Kunsthort ist ein gemeinnütziges Institut, das
nicht mit der Absicht einer Gewinnerzielung arbeitet. Er dient
sowohl der Beratung in allen Fragen des Kunstbesitzes, wie be-
sonders der Verwertung von solchem, insoferne er vom Besitzer
veräußert werden will. Die Objekte werden in der Regel in
Kommission genommen. Der Münchener Kunsthort übernimmt
außerdem Auktionen und Schätzungen.

Kunftauktionen.

Bectin.

Vom 4. bis 6. April 1921 versteigern Hollstein und
Puppel eine über 1800 Nummern umfassende Sammlung von
Kupferstichen, Holzschnitten, Radierungen und Zeichnungen
deutscher Künstler des XVIII. und XIX. Jahrhunderts. Der soeben
erschienene Katalog verzeichnet über 500 Nummern Chodo-
w i e c k i - Blätter, darunter „Cabinet d’un peintre“ und andere
Seltenheiten. Daran schließt sich eine Abteilung von illu-
strierten Büchern vorwiegend des XVI11. und XIX. Jahr-
hunderts. Von den deutschen Künstlern sind besonders Bause,
Bolt, Dietrich, Genelli, Hosemann, Krüger, Menzel, Preller, Schnorr
von Carolsfeld und ein umfangreiches Werk von Ludwig Richter
hervorzuheben. Außerdem kommen noch eine Anzahl französischer

und deutscher Lithographien zur Versteigerung.

*

Die Auktion der Lithographien bei Henrici hatte über-
raschend guten Erfolg. Für Daumiers „Rue Transnonain, le
15. Avril 1834“ zahlten Amsler und Ruthardt 4100 Mark, Manets
„Les courses“ (Probedruck vor aller Schrift) kam auf 5400 Mark
und für 5 Blatt aus der Künstler-Serie des Toulouse-Lautrec
wurden 2400 Mark gegeben, wie überhaupt die Lithographien
dieses Meisters hoch bezahlt wurden. „Nuit Blanche“ erreichte
500, „Pauvre Pierreuse“ 810, „Lender et Cavalliere“ 1000, „Femme
ötendue“ (Röteldruck) 1000, „Femme se peignant“ (Braundruck
auf braungrauem Untergrund) 1350, „Le petit döjeuner“ (Rötel-
druck) 1250 Mark.

*

In der Antiquitäten-Versteigerung bei Lepke, 8.—11. März,
von deren ersten Ergebnissen an dieser Stelle bereits die Rede
war, ist auch ein Tafelschmuck von zehn bunten Fayence-Gruppen
und -Figuren (Saujagd), Straßburg, 18. Jahrhundert, ausgeboten
worden. Der Preis betrug 45 000 Mark. Ein Alt-Berliner Ddjeuner
(letztes Viertel des 18. Jahrh.) erreichte 7250, ein Meißner Maß-
krug (um 1755) 4500, eine Meißner Porzellandeckeldose in
reliefierter Goldfassung 10 000 Mark. Für eine große Empire-
Kaminuhr aus Goldbronze mit der Figur des Achilles neben dem
Gehäuse und Reliefs aus dem Leben des Helden gab man
8000 Mark, für ein paar 56 cm hohe Empire-Armleuchter in Gold-
bronze 7500 Mark. Eine Miniatur: Graf Hardenberg-Mansfeld,
bez. H A. Scyffert, Anfang 19. Jahrh., brachte 4650 Mark, eine aus
der Sammlung Kann (Paris 191 ) stammende fertige Wachs-
bossierung: Don Juan d’Austria, italienisch, 16. Jahrh., 4500 Mark.

Auf die Antiquitätenauktion folgte bei Lepke am 22. März
die angezeigte Versteigerung von Gemälden erster Meister unserer
Zeit. Das Interesse war stark, die Preise waren gut, wenn auch
nicht übermäßig. Ein Lovis C o r i n t h „Centaurenpaar in Um-
armung“ brachte 5350 Mark, ein Hugo v. Habermann „Dame
auf einer Bank“ 6000, ein weibliches Brustbild (Pastell) von Fritz
v. Uh de 3600, ejn Karl Hagemeister „Bauernmädchen in
Heidelandschaft“ 4600, ein liegender weiblicher Akt von Wilhelm
T r ü b n e r 9500, ein „Schlafendes Kind“ von Max Liebermann
5700 Mark, ein Lesscr Ury „Im Cafö“ (von 1898) 8500 Mark.
Für ein Selbstbildnis von Artur Kampf gab man 3550 Mark, für
die „Ruderregatta in Hamburg-Uhlenhorst“ (Pastell) von Franz
Skarbina 3000, für die Halbfigur einer Zitherspielerin von
Defregger 9000, für ein Damenbildnis (Pastell) von Len-
bach 10 100 Mark. Ein großer Hoguet „Felsentor in der
Normandie“ ging für 16 900 Mark in den Besitz A. Blumenreichs
über. Eine „Dame in ganzer Figur“ (auf Holz) von C. Kiesel
kaufte ein Japaner für 6700 Mark.

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