Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 2.1920/21
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DOI Heft:
2. Märzheft
DOI Artikel:Donath, Adolph: Ausländische Kunst in Berlin: Edvard Munch und die neuen Italiener
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Dä übler meint, die „Richtungen" mitmachen müssen,
um sich zu läutern. Mag sein, daß er Recht hat. Aber
ist es unbedingt eine Lebensfrage für die Werdenden,
kubistisch und futuristisch zu experimentieren, um
schließlich bei den Porträts und Landschaften der guten
alten Renaissance zu landen? Damit soll nicht gesagt
sein, daß z. B. de C h i r i c o die Renaissance „im Leibe“
hat. Das weiß er gewiß auch selber. Er hat eben die
alt-italienischen Techniken mit heißem Bemühen studiert
und findet nun nach einem Ausflug ins Metaphysische
zu ihnen zurück. Er versteht sein Handwerk und ist
— vielleicht — eine Hoffnung. Auch der interessante
Francalancia hat sich in seinen Landschaften, die
typisch italienisch sind, an den Alten geschult. Er ist
ein beschaulicher Lyriker, während Carlo C a r r ä in
seiner Landschaft mehr das Heroische betont, pathetischer
ist und farbentiefer. Carrä scheint übrigens den
Sprung vom Kubismus zum, sagen wir, poesieverklärten
Naturalismus über Nacht gemacht zu haben. Hingegen
hat Giorgio Morandi in seinen Stilleben durchaus
nichts Italienisches. Sie sind in ihrem sanftem Grau und
Braun wie Ausschnitte aus den dänischen Interieurs eines
Harnershoi. Die Landschaften der in Italien lebenden
Baltin Edith zur Mühlen stehen in ihrer stilvollen
Einfachheit wie gemeißelt da. Es ist Rasse in dieser
Kunst. Aber wohin die Wege des Bildhauers A. Mar-
tini führen sollen, ist unklar. Er fängt als „Gothist“ an.
Es ist wirklich sehr erfreulich, daß wir nach den
jungen Holländern jetzt die jüngsten Italiener kennen
lernen. Und hoffentlich wird die Reihe der Ausländer
fortgesetzt. Bald sollen die Tschechen folgen. Man
spricht schon davon. Wenn aber diese Ausstellung ge-
macht würde, dann müßte man unter allen Umständen
die Entwicklung der tschechischen Moderne
zeigen, deren Beginn in dem kunstwissenschaftlich be-
deutenden Werk eines Joseph M a n e s liegt.
Mariliier,
Aus Dorat, Les Proneurs.
Nachlaß J. Schoeller
Auktion bei
Joseph Baer & Co.
Frankfurt a. M.
310
um sich zu läutern. Mag sein, daß er Recht hat. Aber
ist es unbedingt eine Lebensfrage für die Werdenden,
kubistisch und futuristisch zu experimentieren, um
schließlich bei den Porträts und Landschaften der guten
alten Renaissance zu landen? Damit soll nicht gesagt
sein, daß z. B. de C h i r i c o die Renaissance „im Leibe“
hat. Das weiß er gewiß auch selber. Er hat eben die
alt-italienischen Techniken mit heißem Bemühen studiert
und findet nun nach einem Ausflug ins Metaphysische
zu ihnen zurück. Er versteht sein Handwerk und ist
— vielleicht — eine Hoffnung. Auch der interessante
Francalancia hat sich in seinen Landschaften, die
typisch italienisch sind, an den Alten geschult. Er ist
ein beschaulicher Lyriker, während Carlo C a r r ä in
seiner Landschaft mehr das Heroische betont, pathetischer
ist und farbentiefer. Carrä scheint übrigens den
Sprung vom Kubismus zum, sagen wir, poesieverklärten
Naturalismus über Nacht gemacht zu haben. Hingegen
hat Giorgio Morandi in seinen Stilleben durchaus
nichts Italienisches. Sie sind in ihrem sanftem Grau und
Braun wie Ausschnitte aus den dänischen Interieurs eines
Harnershoi. Die Landschaften der in Italien lebenden
Baltin Edith zur Mühlen stehen in ihrer stilvollen
Einfachheit wie gemeißelt da. Es ist Rasse in dieser
Kunst. Aber wohin die Wege des Bildhauers A. Mar-
tini führen sollen, ist unklar. Er fängt als „Gothist“ an.
Es ist wirklich sehr erfreulich, daß wir nach den
jungen Holländern jetzt die jüngsten Italiener kennen
lernen. Und hoffentlich wird die Reihe der Ausländer
fortgesetzt. Bald sollen die Tschechen folgen. Man
spricht schon davon. Wenn aber diese Ausstellung ge-
macht würde, dann müßte man unter allen Umständen
die Entwicklung der tschechischen Moderne
zeigen, deren Beginn in dem kunstwissenschaftlich be-
deutenden Werk eines Joseph M a n e s liegt.
Mariliier,
Aus Dorat, Les Proneurs.
Nachlaß J. Schoeller
Auktion bei
Joseph Baer & Co.
Frankfurt a. M.
310