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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 2.1920/​21

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2. Juliheft
DOI Artikel:
Schumann, Paul: Altholländische Kunst in Dresden
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https://doi.org/10.11588/diglit.27814#0462

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Cornelis Massys

Die Grablegung Christi

Ein Hauptwerk der Sammlung ist ein Reiter mit Pferd von
dem Dortrechtef Albert Cuyp. Der vornehme Reiter tritt aus
der Hütte zu einem gesattelten Pferd, das ein junger Mann am
Zügel hält; ein1 kleines Mädchen steht dabei, ein Hündchen liegt
vor dem Pferde. Der Ausblick über den Fluß auf das jenseitige
Ufer gibt dem Bilde die Weite und das Gepräge der holländischen
Landschaft. Das trefflich erhaltene Gemälde stammt aus der
Sammlung W. von Duschwitz in Wien und ist von Hofstede de
Groot verzeichnet. Unter drei durchweg guten Gemälden des
Haarlemer Architekturmalers Gerrit Ad riaenszBerckheyde
ist besonders die bezeichnete lichte Ansicht des Vyverbergs im
Haag aus der Sammlung Braams in Arnheim hervozuheben.

Weiter folgen die beiden Ost ade Adriaen und Isaac, jeder
ist mit einem bäuerlichen Innenbilde vertreten; besonders lustig
geht es auf Isaacs sauber durchgeführtem Helldunkelbilde zu.
Ihnen schließt sich David Teniers der Jüngere mit einer
lustigen Gesellschaft von Trinkern und Rauchern im Wirtshause
an. Das mit der Jahreszahl 1635 bezeichnete Gemälde in hellen
grauen Tönen gehört zu den besten Werken der gesamten Aus-
stellung. Das Keglerbild von Cornelis Dusart, die lustige
Gesellschaft im Zimmer von Jan Miense Molenaer und die
Kartenspieler des vlämischen Malers Jan van Kessel, der
sonst nur durch seine Silleben bekannt ist, endlich eine holländische
Kirmes des Rotterdamer Pieter deBloot schließen sich jenen
Genrebildern würdig an.

Auch die holländische Landschaftsmalerei ist ansehnlich ver-
treten. Ein Rundbild des Jan van Goyen zeigt in feiner und
sorgfältig durchgebildeter Malerei eine Hütte bei einer Eichen-
gruppe, an der ein Weg vorbeiführt. Diesem vorzüglichen Stück
schließt sich die mit SalomonvanRuysdaels Namen voll-
bezeichnete duftige Landschaft Weg zum Meere aus der Sammlung
August Janssen in Amsterdam würdig an. Bezeichnend sind auch
des Haarlemschen Jan Vermeer Blick auf Haarlem und Simon
de Vliegers Strand von Scheveningen. Eine hübsche Wasser-

zeichnet und stammen aus bekannten Sammlungen wie der
von Baron Steengracht im Haag, August Janssen in Amsterdam,
Peltzer in Köln, Hoogendyk in Amsterdam, Vincent van Gogh,
W. Pitcaion Knowles usw. Für die Zuschreibungen bürgen zum
Teil die bekannten Kenner altholländischer Kunst A. Bredius und
Hofstede de Groot. Es wäre somit einem angehenden Kunstfreunde
hier Gelegenheit geboten, ohne große Mühe den Grundstock zu
einer Sammlung alter Bilder zu legen, wie sie sich nicht so leicht
wieder finden dürfte, ln Dresden zumal fehlt es an solchen
Sammlungen durchaus. Direktor Hans Posse hat ganz Recht,
wenn er im Vorwort zu dem reichbebilderten Katalog dieser Aus-
stellung sagt, die Dresdner Galerie scheine vom Sammeln alter
Gemälde eher abgeschreckt als dazu ermuntert zu haben.

Daß unter den Gemälden die großen Meister der holländischen
und der flämischen Schulen des 17. Jahrhunderts fehlen, ist nicht
verwunderlich, denn Rembrandt und Franz Hals, Rubens und
van Dyck kommen jetzt bekanntlich nur ganz vereinzelt und aus-
nahmsweise auf den Kunstmaikt und haben auch nur bei Ver-
steigerungen Aussicht auf die gewünschten höchsten Zufallspreise,
die sich in der überhitzten Stimmung der Versteigerungen ein-
zustellen pflegen. Aber Meister zweiten Ranges derselben Zeit
sind in der Ausstellung mit ansehnlichen und bezeichnenden
Werken ihres Pinsels wohl vertreten. Da ist z. B. Rembrandts
Schüler Govaert Flinck mit einem ansprechenden ruhigen
Brustbild eines jungen Mädchens vertreten. Dem Antwerpener
Gonzales Coques wird das kleine, der Sammlung Peltzer in
Köln entstammende Bildnis eines jungen Mannes in ganzer Ge-
stalt mit einem am Boden sitzenden Hund zugeschrieben. Das
derbe, verschmitzt lächelnde Gesicht gibt einen humoristischen
Gegensatz zu der pathetisch-eleganten Haltung des Dargestellten,
dessen Hund sich ebenfalls durch natürlichen Mangel an Eleganz
auszeichnet. Man darf nach allem mit Posse an holländischen
Ursprung dieses Bildnisses denken. Unter einem halben Dutzend
weiterer Bildnisse ist besonders ein Damenbildnis von N i c o 1 a s
Maes aus seiner Spätzeit als seine Art bezeichnend hervor-
zuheben.

Gonzales Coques

Bildnis eines jungen Mannes

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