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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 2.1920/​21

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1. Augustheft
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Hirschberg, Leopold: Unbekannte Zeichnungen Johann Peter Lysers
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https://doi.org/10.11588/diglit.27814#0483

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Verliesen des Verlags als vom Glück begünstigter Schatz-
gräber ans Tageslicht zog. Sie geben zu mehreren nicht
uninteressanten Erörterungen Anlaß.

Zu dem Verlage Hoffmann und Campe war Lyser
in mannigfache Beziehungen getreten. Als selbständige
Werke erschienen dort sein erster Roman „Benjamin.
Aus der Mappe eines tauben Malers“, mit 12 Charakter-
bildern (1830) und die „Cäcilia. Ein Taschenbuch für
Freunde der Tonkunst“, mit 8 Federzeichnungen (1833).
Als Illustrator für andere Werke des Verlags war er eifrig
tätig; mehrere Jahrgänge des „Almanachs dramatischer
Spiele“, des „Politischen Taschenbuchs“ von Wit, genannt
v. Dörring, das ABC-Buch August Lewalds, Wienbargs
Paganini, legen Zeugnis davon ab. Aus Heines Briefen
an Immermann erfährt man, daß er auch Bilder zum
„Tulifäntchen“, dessen Erstausgabe 1830 bei Hoffmann
und Campe erschien, gezeichnet hatte; sie sind leider
nie veröffentlicht worden und wohl unwiederbringlich

J. P. Lyser Die Stadtfahrt

verloren. Sehr fraglich ist es, ob die Umschlagszeich-
nungen zum ersteu Sonderdruck von Heines „Harzreise“
(1853) und zu dessen „Der Doktor Faust. Ein Tanzpoem“
(1851) von Lyser stammen, wie in neuerer Zeit vielfach
angenommen wird. Wenn dies der Fall sein sollte, so
sind die betreffenden Vorlagen für den Zweck der
Reproduktion jedenfalls ganz erheblich „frisiert“ worden.
Denn von den kecken, bisweilen genialen Strichen Lysers,
die einmal sogar Menzel veranlaßten, ein Lyser’sches
Blatt zu lithographieren*), ist in dem süßlichen Bildchen
der „Harzreise“ nichts mehr zu finden; auch im Faust-
Umschlag hat höchstens die Bocksgestalt des Teufels
noch etwas von der ursprünglichen Frische behalten.
Wenn der in Illustrations-Angelegenheiten offenbar stets
sehr sparsame Verlag 1851 und 1853 auf Lyser’sche
Originale zurückgriff, so kann es sich nur um alte, im
Archiv vorhandene, nicht benutzte Skizzen des Künstlers

*) „Unterschied zwischen Allopathie und Homöopathie.“
(Dorgerloh).

aus den dreißiger Jahren handeln, die dann von irgend
einem Mode-Stecher den Bedürfnissen der Zeit ent-
sprechend hergerichtet wurden.

Die Vermutung wird bei Betrachtung der vorliegen-
den Blätter zu fast völliger Gewißheit. Die Beziehungen
Lysers zu Hoffmann und Campe, von denen man bisher
annehmen mußte, daß sie bereits 1833 ihr Ende er-
reichten, haben das Jahr 1837, aus dem unsere Blätter
stammen, sicherlich noch überdauert. Offenbar befand
sich Lyser, der bereits 1832 Hamburg mit Leipzig und
Dresden vertauscht hatte, 1837 wieder in einer seiner
vielen Geldverlegenheiten und wendete sich an die alt-
befreundete Firma mit der Bitte um Beschäftigung.
Campe, bei aller Schlauheit und Berechnung in Geschäfts-
sachen doch stets gutherzig, sandte dem Dürftigen das
Manuskript eines ihm zugegangenen Idylls: „Der Be-
such in Hainthal. Von G. F. Eduard Cru-
sius“ zur Anfertigung von Illustrationen zu.

J. P. Lyser Der Abschied

Von diesem tatsächlich 1839 bei Hoffmann und Campe
erschienenen Büchlein kann ich nun unter keinen Um-
ständen glauben, daß der Verleger auch nur einen Pfennig
Kosten daran gewendet habe. Einmal lag die Dichtungs-
gattung des Idylls durchaus nicht im Rahmen seiner
Unternehmungen; dann aber ist diese „Dichtung“ eine
so trostlose und klägliche Verwässerung der „Luise“,
daß selbst ein' viel weniger kritischer Verleger das Buch
nicht zum Druck angenommen hätte. Herr Crusius, der
sicherlich ein in allen Sätteln der Exegese gerechter
frommer Pastor war, wollte dies Produkt seiner Muse
vielleicht seiner Braut in besonders schönem Gewände
darbringen und ließ sich die Sache etwas kosten. In
acht Gesängen wird der Besuch des Pfarrers von Wald-
heim bei seinem Schwiegersohn, dem Pfarrer von Hain-
thal, erzählt; dieser ist abermals der Sohn eines Pfarrers,
und auch sein Schwager ist der Gottesgelahrtheit be-
flissen. Das erschütterndste Ereignis des 148 Seiten um-
fassenden Gedichts ist die Entbindung der Pfarrerin von
einem Mädchen, das später sicher auch wieder einen

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