Rowlandson Die Kunstkenner
weil zu viel gestohlen wurde, selbst während der Besichtigungen.
Die letzten finden immer noch unter reger Teilnahme regelmäßig
statt, nur hatte das sächsische Staatministerium es für angezeigter
gehalten, ganz plötzlich und unerwartet Anfang August d. J. die
Kosten der Besichtigung um 100"/o zu erhöhen. Gerade aber bei
solchen Gelegenheiten sollte der Staat nicht gar so geschäfts-
beflissen sein, und es ist entschieden zu verurteilen, wenn er
historische Stätten zum Gegenstand seiner Finanzwirtschaft macht
und hierbei eine recht kurzsichtige, vielleicht bureaukratische
Politik treibt. Es sollte doch nicht vergessen werden, daß der
Staat gewissermaßen als Erbe so mancher Stätten und Kunst-
schätze diese nicht als Steuerobjekte gemeiner Art betrachten
darf, sie im Gegenteil dem Volke noch zugänglicher machen
sollte, als es bisher geschehen ist. Hier muß dem Drange nach
„Teuerungszuschlägen“ entschieden entgegengetreten werden,
denn solche historischen Stätten gehören eigentlich nicht dem
Staate, sondern dem Volke.
Unter den Eigentümlichkeiten, die das Schloß aufweist, ist
zunächst ein Teil des Geweihes eines 36-Enders zu erwähnen,
der oben eine Höhlung hat, aus der die Gäste trinken mußten,
was natürlich infolge der mehrfachen Enden mit Schwierigkeiten
verbunden war. Dieser sonderbare „Pokal“ war mit einer Buch-
führung verbunden, die 1686 Aufzeichnungen aufweist, wer alles
daraus getrunken hat. Ferner sieht man die Köpfe zweier ver-
kämpfter Hirsche aus dem 17. Jahrhundert, die so verendet auf-
gefunden worden waren. Eine große, runde, starke Tischplatte
stammt aus einem 400 jährigen Eichenstamm, eine Sehenswürdig-
keit, die noch der letzte König von Sachsen aus Rußland mit-
gebracht hatte.
Das Eigenartigste, das das Schloß enthält, stellt wohl das
sogenannte Federzimmer dar. August der Starke hatte bei
einem Stierkampf in Madrid einem Stier mit einem Hieb den
Schädel gespalten, wodurch er sich als Pieis vom König von
Spanien dieses Federzimmer erwarb. Dasselbe zeigt fünf größere
Wandteppiche, einen Baldachin, eine große und noch mehrere
kleine Decken, die sämtlich aus verschiedenen Federn in natura
kunstvoll geknüpft sind, eine mexikanische Handarbeit von größter
Kunstfertigkeit. Übrigens ist jener Stierkampf auch in einem
Bilde dargestellt.
Die Zimmer und Säle sind alle noch in der alten Verfassung
vorzüglich erhalten. Alle besitzen Ledertapeten oder auf Leder
gemalte Bilder von mitunter riesiger Dimension, ausgeführt von
hervorragenden Künstlern, meist italienischer Herkunft. Die
Muster dieser Ledertapeten, die meist reich vergoldet und außer-
ordentlich gut erhalten sind, sind sehr mannigfaltig und zeigen
eine reiche Ornamentik und Stilisierung. Ihr Wert wird dadurch
charakterisiert, daß z. B. ein Quadrat der Ledertapete in der Loge
der Kapelle einen Dukaten Gold gekostet hat. Große Gemälde auf
Leder gemalt weist das Audienzzimmer auf, sowie der Spielsaal,
lelzterer aus dem Leben Augusts des Starken, alle gemalt von
Sylvester. Bemerkenswert ist, daß die Gemälde im Spielsaal vor
einigen Jahren renoviert worden sind, während diejenigen im
Audienzsaal in ihrer ursprünglichen Verfassung sich befinden,
aber außerordentlich frisch wirken. Derartige Monumentalgemälde
geben einen recht wirkungsvollen Kontrast zu unseren modernen
Bildern, die allerdings mit jenen nicht konkurrieren können. Das
Lebensfrische und Lebenswahre ist und bleibt bei diesen Bildern
das Anziehende, die Natürlichkeit in dem Reichtum des Barock
verleiht den Bildern ewige Frische. An der Kapelle sieht man
ein herrliches Gemälde als Altarbild (Mariä Himmelfahrt) von
Stephano Cattaneo und an der Decke ein Freskogemälde
(Himmelfahrt Christi) von demselben Künstler. Die Gemälde des
Schlosses bilden überhaupt zurzeit das Sehenswerteste. Außer
den genannten seien noch erwähnt ein großes Bild des italienischen
Malers Finto in dem Garderobezimmer der Prinzessin Georg,
die drei Schwestern Königsmark darstellend. Im Schlafzimmer
der Königin Carola findet man Gemälde von Lukas Cranach.
Diverse Bilder stellen Jagden dar, die allerdings mitunter recht
primitiv anmuten.
Unter den sonstigen Kunstwerken, die im Moritzburger
Schloß aufbewahrt werden, ist weiter ein Spinett aus dem
17. Jahrhundert erwähnenswert, mit Rosenholz eingelegt. Zwei
Schmuckkästchen aus dem 16. Jahrhundert sind mit zahlreichen
Bronzen verziert, die eine sehr feine Arbeit zeigen. Die Plaketten
sind hier eingelegt und stellen Porträts und Szenen dar. Im
Spielzimmer steht ein altdeutsches Billard aus dem Jahre 1709.
Im Fremdenzimmer befinden sich wertvolle vergoldete Möbel.
Van Glassachen konnte man nur in einem alten Schrank ver-
schiedene Gläser und Pokale mit dem Namenszug Augusts des
Starken und in verschiedenen Zimmern venetianische Leuchter
aus dem 16. Jahrhundert sehen. Zwei große Vasen seien noch
hervorgehoben, rot mit Gold, in chinesischer Holzschnitzerei. In
jedem der zahlreichen Zimmer, die der Besichtigung freigegeben
sind, steht ein anders gestalteter Meißner Ofen, aber alle in
Weiß mit Biau. Man sieht darunter sehr gefällige Formen, meist
aus dem 17. Jahrhundert, zierlich in der Bauart, nicht sehr groß,
auch einfach in der Ausführung, mit dem Komfort der Leder-
tapeten und Ledermalereien, sowie mit der sonstigen Ausstattung
der Räume oft in einem gewissen Gegensatz stehend, gleichsam
um die monumentale Wirkung jener Kunstwerke nicht zu beein-
trächtigen. Bemerkenswert sind auch die verschiedenen Uhren
in jedem Zimmer, teils Tisch-, teils Standuhren, meist englische
Werke, die dem 16. und 17. Jahrhundert entstammen; im Speise-
saal befinden sich zwei antike Bouleuhren, mit Schildkrot ein-
gelegt. Paul Sorgenfrei.
Deut{cf)e 6etoecbe(cbau München 1922.
Der Verwaltungsrat der Bayerischen Landes-Gewerbe-Anstalt
in Nürnberg hat den begrüßenswerten Beschluß gefaßt, daß für
künstlerische Entwürfe zu Gegenständen, welche Handwerker auf
der Deutschen Gewerbeschau München 1922 ausstellen wollen,
eine Summe von 5000 M. bewilligt wird.
Zur Förderung der Gewerbeschau hat auch der Nürnberger
Stadtrat einen bemerkenswerten Beschluß gefaßt: Für die Deckung
der baren Auslagen des örtlichen Vertrauensmannes und Orts-
ausschusses ist ein Betrag bis zu 5000 M. und für Beihilfe an be-
dürftige Nürnberger Aussteller ein Betrag bis zu 30 000 M. ge-
nehmigt worden. Ferner wurde beschlossen, zur Werbung für
Garantiefondszeichnungen die geeigneten Schritte zu unternehmen.
500
weil zu viel gestohlen wurde, selbst während der Besichtigungen.
Die letzten finden immer noch unter reger Teilnahme regelmäßig
statt, nur hatte das sächsische Staatministerium es für angezeigter
gehalten, ganz plötzlich und unerwartet Anfang August d. J. die
Kosten der Besichtigung um 100"/o zu erhöhen. Gerade aber bei
solchen Gelegenheiten sollte der Staat nicht gar so geschäfts-
beflissen sein, und es ist entschieden zu verurteilen, wenn er
historische Stätten zum Gegenstand seiner Finanzwirtschaft macht
und hierbei eine recht kurzsichtige, vielleicht bureaukratische
Politik treibt. Es sollte doch nicht vergessen werden, daß der
Staat gewissermaßen als Erbe so mancher Stätten und Kunst-
schätze diese nicht als Steuerobjekte gemeiner Art betrachten
darf, sie im Gegenteil dem Volke noch zugänglicher machen
sollte, als es bisher geschehen ist. Hier muß dem Drange nach
„Teuerungszuschlägen“ entschieden entgegengetreten werden,
denn solche historischen Stätten gehören eigentlich nicht dem
Staate, sondern dem Volke.
Unter den Eigentümlichkeiten, die das Schloß aufweist, ist
zunächst ein Teil des Geweihes eines 36-Enders zu erwähnen,
der oben eine Höhlung hat, aus der die Gäste trinken mußten,
was natürlich infolge der mehrfachen Enden mit Schwierigkeiten
verbunden war. Dieser sonderbare „Pokal“ war mit einer Buch-
führung verbunden, die 1686 Aufzeichnungen aufweist, wer alles
daraus getrunken hat. Ferner sieht man die Köpfe zweier ver-
kämpfter Hirsche aus dem 17. Jahrhundert, die so verendet auf-
gefunden worden waren. Eine große, runde, starke Tischplatte
stammt aus einem 400 jährigen Eichenstamm, eine Sehenswürdig-
keit, die noch der letzte König von Sachsen aus Rußland mit-
gebracht hatte.
Das Eigenartigste, das das Schloß enthält, stellt wohl das
sogenannte Federzimmer dar. August der Starke hatte bei
einem Stierkampf in Madrid einem Stier mit einem Hieb den
Schädel gespalten, wodurch er sich als Pieis vom König von
Spanien dieses Federzimmer erwarb. Dasselbe zeigt fünf größere
Wandteppiche, einen Baldachin, eine große und noch mehrere
kleine Decken, die sämtlich aus verschiedenen Federn in natura
kunstvoll geknüpft sind, eine mexikanische Handarbeit von größter
Kunstfertigkeit. Übrigens ist jener Stierkampf auch in einem
Bilde dargestellt.
Die Zimmer und Säle sind alle noch in der alten Verfassung
vorzüglich erhalten. Alle besitzen Ledertapeten oder auf Leder
gemalte Bilder von mitunter riesiger Dimension, ausgeführt von
hervorragenden Künstlern, meist italienischer Herkunft. Die
Muster dieser Ledertapeten, die meist reich vergoldet und außer-
ordentlich gut erhalten sind, sind sehr mannigfaltig und zeigen
eine reiche Ornamentik und Stilisierung. Ihr Wert wird dadurch
charakterisiert, daß z. B. ein Quadrat der Ledertapete in der Loge
der Kapelle einen Dukaten Gold gekostet hat. Große Gemälde auf
Leder gemalt weist das Audienzzimmer auf, sowie der Spielsaal,
lelzterer aus dem Leben Augusts des Starken, alle gemalt von
Sylvester. Bemerkenswert ist, daß die Gemälde im Spielsaal vor
einigen Jahren renoviert worden sind, während diejenigen im
Audienzsaal in ihrer ursprünglichen Verfassung sich befinden,
aber außerordentlich frisch wirken. Derartige Monumentalgemälde
geben einen recht wirkungsvollen Kontrast zu unseren modernen
Bildern, die allerdings mit jenen nicht konkurrieren können. Das
Lebensfrische und Lebenswahre ist und bleibt bei diesen Bildern
das Anziehende, die Natürlichkeit in dem Reichtum des Barock
verleiht den Bildern ewige Frische. An der Kapelle sieht man
ein herrliches Gemälde als Altarbild (Mariä Himmelfahrt) von
Stephano Cattaneo und an der Decke ein Freskogemälde
(Himmelfahrt Christi) von demselben Künstler. Die Gemälde des
Schlosses bilden überhaupt zurzeit das Sehenswerteste. Außer
den genannten seien noch erwähnt ein großes Bild des italienischen
Malers Finto in dem Garderobezimmer der Prinzessin Georg,
die drei Schwestern Königsmark darstellend. Im Schlafzimmer
der Königin Carola findet man Gemälde von Lukas Cranach.
Diverse Bilder stellen Jagden dar, die allerdings mitunter recht
primitiv anmuten.
Unter den sonstigen Kunstwerken, die im Moritzburger
Schloß aufbewahrt werden, ist weiter ein Spinett aus dem
17. Jahrhundert erwähnenswert, mit Rosenholz eingelegt. Zwei
Schmuckkästchen aus dem 16. Jahrhundert sind mit zahlreichen
Bronzen verziert, die eine sehr feine Arbeit zeigen. Die Plaketten
sind hier eingelegt und stellen Porträts und Szenen dar. Im
Spielzimmer steht ein altdeutsches Billard aus dem Jahre 1709.
Im Fremdenzimmer befinden sich wertvolle vergoldete Möbel.
Van Glassachen konnte man nur in einem alten Schrank ver-
schiedene Gläser und Pokale mit dem Namenszug Augusts des
Starken und in verschiedenen Zimmern venetianische Leuchter
aus dem 16. Jahrhundert sehen. Zwei große Vasen seien noch
hervorgehoben, rot mit Gold, in chinesischer Holzschnitzerei. In
jedem der zahlreichen Zimmer, die der Besichtigung freigegeben
sind, steht ein anders gestalteter Meißner Ofen, aber alle in
Weiß mit Biau. Man sieht darunter sehr gefällige Formen, meist
aus dem 17. Jahrhundert, zierlich in der Bauart, nicht sehr groß,
auch einfach in der Ausführung, mit dem Komfort der Leder-
tapeten und Ledermalereien, sowie mit der sonstigen Ausstattung
der Räume oft in einem gewissen Gegensatz stehend, gleichsam
um die monumentale Wirkung jener Kunstwerke nicht zu beein-
trächtigen. Bemerkenswert sind auch die verschiedenen Uhren
in jedem Zimmer, teils Tisch-, teils Standuhren, meist englische
Werke, die dem 16. und 17. Jahrhundert entstammen; im Speise-
saal befinden sich zwei antike Bouleuhren, mit Schildkrot ein-
gelegt. Paul Sorgenfrei.
Deut{cf)e 6etoecbe(cbau München 1922.
Der Verwaltungsrat der Bayerischen Landes-Gewerbe-Anstalt
in Nürnberg hat den begrüßenswerten Beschluß gefaßt, daß für
künstlerische Entwürfe zu Gegenständen, welche Handwerker auf
der Deutschen Gewerbeschau München 1922 ausstellen wollen,
eine Summe von 5000 M. bewilligt wird.
Zur Förderung der Gewerbeschau hat auch der Nürnberger
Stadtrat einen bemerkenswerten Beschluß gefaßt: Für die Deckung
der baren Auslagen des örtlichen Vertrauensmannes und Orts-
ausschusses ist ein Betrag bis zu 5000 M. und für Beihilfe an be-
dürftige Nürnberger Aussteller ein Betrag bis zu 30 000 M. ge-
nehmigt worden. Ferner wurde beschlossen, zur Werbung für
Garantiefondszeichnungen die geeigneten Schritte zu unternehmen.
500