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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1869

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Nr. 1-13 (2. Januar - 30. Januar)
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Preis vierteljährlich 40 kr. ohne
Trägerlohn und Postaufschlag.
Jns.-Geb. 2 kr. die Spaltzeile. j

Erscheint wöchentlich dreimal: Dienstag. L
Donnerstag und Samstag.


O Wieder eine demokratische Zeitung die
nichts nutz ist.
Aber sie ist nicht nichts nutz, weil sie demokratisch ist, sondern weil
sie nicht demokratisch ist, weil sie lügenhaft einen falschen Schild
heraushängt und damit das Volk anführt, das sein gutes Geld da-
ran wagt, in der Hoffnung ein Volksblatt zu finden, während man
ihm nur ein neues knoblauchriechendes Schmutzblatt in die Hände
steckt, wie denn diese Journalsorte sich wie der Sand am Meere
d. h. wie die Kinder des Stammes Juda vermehrt. Wir sprechen
von einer neuen Zeitung, die seit Neujahr herauskommt. Wir glaub-
ten nach der Ankündigung ein Blatt erwarten zu dürfen, das uns
in verbesserter Ausgabe die in Mannheim erscheinende „Neue Bad.
Landeszeitung" ersetzen würde, nämlich mit Vermeidung der Schmutz-
flecken der letztern. Die „Neue Landeszeitung" ist nämlich mit
geistiger Begabung und so ziemlich sachlicher Bildung geschrieben,
so daß man mit ihr wenigstens nicht ganz angeschmiert ist, ja daß
man viele ihrer Aufsätze mit wirklich demokratischem Vergnügen
lesen kann, wenn diese Zeitung nur die sehr undemokratische Marotte
nicht hätte, daß sie das Kreuz nicht leiden kann, sich vor der Kirche
grausam fürchtet und — so oft sie von Geistlichen, wenn es gerade
keine reichen Rabbiner sind, oder sogar vom Pabste reden hört, in
krankhafte Wuth gerüth wie ein Ochs vor einem rothen Lappen, u.
daß sie alsdann mit den Füßen stampft und mit den Prügelstangen
am Oberleib vernichtens um sich fährt und zwei Reihen Zähne
weist, wie sie seit Abraham nicht mehr gesehen wurden. Es gab
freilich in Baden eine Zeit, wo dies gut that und Geld eintrug,
dortmals, als die getauften und ungetauften Juden den Minister
Lamey auf das Postament des goldenen Kalbes stellten und mit
tiefster Ehrfurcht anbeteten: da grünte die schöne Sitte, mit geistigen
und körperlichen Pratzen auf die Katholiken loszufahren, und war
dies das allerbeste und gewiß allernobelste Mittel, sich Geld und
Gnade zu verdienen. Jetzt aber hört dies mit Recht auf und
Minister Jollp Excel!enz hat die Katholiken fast eben so gerne als
wie die Juden und bewahrt sie sorglich vor Schulstaub, Klosterluft
und bettelhaftem Almosengeld. Gott vergelt's hoch ihm mit Zinsen!
Also jetzt darf man uns nicht mehr zu nahe treten, und beson-
ders auch deßhalb nicht, weil wir es nicht mehr dulden,
weil wir jedem Flegel die pudelnackte Wahrheit zu sagen uns das
Wort gegeben haben, und zweimal besonders nicht, weil wir
einen trefflichen Boten haben, der hingeht und jedem Buben Ohr-
feigen gibt, der sich ungebührlich aufführt und wo wir nicht hin-
langen können. Und doch getraut sich nun ein neues Blatt unter

dem Schmuck des edeln Titels eines Volksblatts in geistiger Ohn-
macht und pöbelhaftester Bildung katholische Institutionen und kath.
Behörden, sowie katholisch-kirchliches Leben und Streben zu ver-
spotten, also zwei Drittel der Landesbevölkerung in ihrer Reli-
gion, d. h. in ihren heiligsten Überzeugungen und in ihren inner-
sten Gefühlen zu verletzen. Und es hat die Frechheit, sich ein demo-
kratisches Blatt, ein Volksblatt zu nennen!
(Das geschieht Alles nur, um dem Graf von Lindenberg zu
beweisen, daß diese Sorte von Demokraten nicht mit den Ultramon-
tanen im Bündniß sei. Diese Leute sind unverbesserlich; mären sie
vernünftig, so würden sie gegen den gemeinsamen Feind ihre An-
griffe richten und nicht gegen diejenigen hinten ausschlagen, die ihnen
wohl wollen und die ebenso bedrängt und bedrückt sind wie sie selbst.
Vor allem aber sollten sie mehr Fleiß darauf verwenden, ihre
„Abendzeitung" mit einem Körnlein Salz zu schreiben, denn bis
jetzt schmeckt diese Brühe so fad wie Spülwasser. Die Redaktion.)
Süddeutschlsnd.
* Heidelberg, 12. Januar. Die Sprache der beioerseiti-
gen officwsen Organe zwischen Berlin unv Wien ist eine so
gereizte geworden, wie sie nur unmittelbar vor Ausbruch eines
Krieges zu sein pflegt. Am stärksten tritt die Norddeutsche Allge-
meine auf, welche die Biswarck'sche Wuth über das Gelingen des
österreichischen Einigungswerkes nicht verbeißen kann und deßhalb
dem österr. Reichskanzler wegen dessen Darlegung der hinterlistigen
preußischen Politik im österr. Nothbuch tue schlimmsten Dinge sagt.
Die stärkste Drohung in der Norddeutschen gegen Beust ist folgende:
„Das Verhalten, Depeschen, welche nicht mitgerheilt worden sind,
der Oeffemlichkeit zu übergeben, mutz im weiteren Verfolge
zum Abbruch des diplomatischen Verkehrs mrt die-
sem Staate (Oesterreich) führen, weil seiner Diplomatie
derjenige Grad von Erziehung fehlt, der unter den Großstaaten für
den Verkehr unentbehrlich ist". Am Schluffe heißt es aber sogar:
„Der Herr Reichskanzler macht sich nicht klar, daß es ein anderes
Ding ist, einen Galanterie-Degen, ein anderes Ding, ein Kaiser-
schwert Zu schwingen. Der Galanteriedegen verursacht em gefähr-
lichsten Falle persönliche Wunden; die Schwingungen eines Kaiser-
schwertes führen zu Völkerkriegen. Doch für diesen Unterschied
scheint dem Herrn Reichskanzler das Verständniß zu fehlen". Wo
einmal eine solche officiöse Sprache geführt wird, kann man nicht
mehr weit vom Dreinschlagen sein.
2) Heidelberg, 11. Jan. Eine Prorectorswahl der Uni-
versität Heidelberg ist zwar kein Weltereigniß; allein bei der

Die Herbstfeier.
Eine Erzählung von L. M. F.
(Fortsetzung.)
Aber wenn mich Gott an dieser Wunde von hinnen ruft, soll - er Fritz
doch erfahren, daß sein Vater mit keinem unversöhnlichen Herzen ben ist.
Fassen Sie ihn in den öffentlichen Blättern aufrusen, liebes Kind" er sich
bei ihnen melye, um eine beruhigende Familiennachricht zu vernehn ,.TüZie er
jetzt geheißen pst, weiß ich nicht! Aber wenn er noch lebt, meldet e. sich ge-
wiß. Darauf kenne ich meinen weichherzigen Fritz! — „Sollte er freilich " —
die Stimme des kräftigen Alten fing zu beben an, — „sollte er sich zu den
Gräueln der Erpressung, der Gottlosigkeit, — des vollen, dreisten Unglau-
bens haben verlocken lassen, — ha dann meldet er sich wohl nicht! — Aber
dann — dann thut's ja auch nichts! Dann mag er immerhin — !"
- ^Usabeth legt schmeichelnd die Hand auf den Mund des zürnenden Grei-
die fürchterlichen Worte zurück. Dann eilte sie an ein Wand-
schrankleln, holte einige beschriebene Blätter heraus, und hielt eins davon,
noch unfähig zu reden, vor die Augen des Obristen.
„Gott im Himmel!" stammelte der; „die Handschrift meines Fritz!" —
Elisabeth aber, letzt ihrer innern Thränen Herr geworden, las mit gefaßter,
wenn gleich noch immer tiefbewegter Stimme folgende Worte:
„Elisabeth, mein innig geliebtes Weib!"
"Ich stehe mitten in Paris, in diesem neuen Rom, wohin so oft mein
ungestümes Herz mich zu treiben versuchte, und nun endlich getrieben bat —
einen dithyrambischen Ausschwung meiner begeisterten Seele?
Ach Elisabeth, es sieht hier Alles so gar viel anders aus, als wir es uns in
mancher bilderleuchtenden Stunde dachten. Die gewöhnlichen Leute schleichen
klug und kalt und nüchtern um mich her, wie in den großen Städten meines
' °der vielmehr klüger und kälter und nüchterner noch; und den
Machthabern fehlt die Ungezwungenheit und Sicherheit solcher Staatsmänner
dre in den Elementen des vornebmen Geschäftlebens geboren und erzogen sind^
Diese hier stehen entweder auf dem Kothurn, und man fühlt, daß sie froh

sein werden, ihn zu Hause abzuschnallen und in ungezwungener Natürlichkeit
einherzugehen, oder sie bringen die ersehnte Natürlichkeit ohne weiteres mit
in Rathsgemach und Festsaal, und tragen sie recht störend und widerwärtig
zur Schau. — Zch freue mich zum erstenmal, daß du mir nicht hierher folgen
wolltest, und lieber im Vaterlande die Entscheidung meines Schicksals er-
wartest. Hier fühlt man es allzutief: Rom ist untergegangen für immer! —
Aber in den Feldlagern, meine Elisabeth, gewiß, in Len Feldlagern, da lebt
und webt und siegt es noch in all seiner wiedererwachten Herrlichkeit. Die
Kriegsleute, welche hier in Geschäften umherwanken müssen, werden unwill-
kürlich mit in den herrschenden Ton gezogen, und können nur kaum durch
einzelne matte Fittigschläge ihr ächtes, eigentlichstes Wesen entfalten. — Ich
bin als Chasseur-Rittmeister angestellt, vermuthlich bald als Adjutant eines
Generals. — Mein Name heißr Florentin Grünwald. Das deutsche Vater-
land mochte ich nimmer verläugnen, und bei diesen neuen Lauten denke ich
der Hoffnung, die mir noch immer! noch immer! für ein neues, herrliches
Zeitalter unsrer ganzen Erde grünt und blüht. — O in's Feld! zu großen,
göttlichen Thaten in's Feld hinaus! Dein holdes Bild und vie leuchtende Er-
scheinung der Freiheit in meinem Herzen!"
Der alte Obrist sah mit thränenhellen Augen eine Zeitlang still vor sich
hin. Dann sagte er heiter: „Nun, dazumal ist er unter allen Jrrthümern
und fremden Namen doch immer noch der weiche, glühende, ehrliebende Fritz
gewesen. Wolle Gott ihn auch späterhin so behütet haben, da wohl viel
härtere und lockendere Versuchungen über ihn gekommen sind! — Haben Sie
fernere Nachricht von ihm, liebe Frau Elisabeth Grünwald? Oder vielmehr,
liebe Frau von Greifenhorst! denn so heißen Sie doch ganz gewiß, und lassen
sich auch wohl fortan meine liebe Tochter nennen."
Mit den Thränen der innigsten Rührung, vom süßen Leide fast über-
wältigt, kniete Elisabeth neben dem ehrwürdigen Schwiegervater und bedeckte
seine Hand mit Küssen.
„Also haben Sie noch spätere Kunde von ihm, liebes Kind?" Hub der
Obrist nach einer Weile wieder an. „Gewißlich, Sie haben welche. Ich les' es
ja aus Ihren heitern Augen."
(Fortsetzung folgt.)
 
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