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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1869

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Nr. 14-25 (2. Feburar - 27. Februar)
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«HA 18.

Donnerstag den 11. Februar

1869.

* Der Necurs an das Großh. Staatsmini-
sterium wegen Aufhebung des Vereines katholischer
Jungfrauen auf dem Lindenberg.
(Schluß.)
Glänzend lauten die Zeugnisse, welche die Bewohnerinnen des
Lindenbergs auszuweisen hatten. So äußert sich die Gemeinde-
behörde von Unteribenthal in folgender anerkennender Weise:
„Dieselben bebauten ihr Grundeigenthum selbst mit einander
und zwar mit solchem Fleiße und Umsicht, mit Vortheil in jeder
Hinsicht, daß ein jeder Mann ihnen das Zeugniß als tüchtige
Oekonomisten und Beförderer der Landwirthschaft im vollsten Maße
geben muß. Hinsichtlich ihres Betragens gegen die Umgebung und
als Gemeindeangehörige gegen ihre Mitbürger sind sämmtliche Be-
wohner des Lindenbergs friedsam, zuvorkommend, uneigennützig,
dienstfertig und bescheiden, pünktlich und gehorsam in ihren Pflich-
ten gegen die Gemeindeordnung und gegen Ertheilung obrigkeit-
licher Befehle. Gegenseitig dieses Betragens haben dieselben die
allgemeine Gunst in der Umgebung erworben, und hauptsächlich
die Gemeinde Unteribenthal hat durch ihre Gegenwart eine Be-
günstigung erworben, welche darin liegt, daß in Unteribenthal in
der Nähe der Einwohnerschaft selbst täglich ein Gottesdienst ab-
gehalten wird und somit der Einwohnerschaft Gelegenheit gegeben
ist in christlicher Beziehung ihre Andacht zu verrichten. Das Ort
Unteribenthal ist nach Buchenbach eingepfarrt, welches eine Stunde
von hier entfernt ist, auch jede andere Pfarrkirche ist nicht minder
entfernt, und so ist vor der Einführung des Gottesdienstes auf dem
Lindenberg das Ort Unteribenthal während dem sonntäglichen
Gottesdienst von der Hilfe in jeder Gefahr beraubt gewesen, nament-
lich im Falle bei Ausbruch einer Feuersbrunst oder bei Ueberfall
gewaltthätiger Art im Eingriff des Eigenthums oder der Sicherheit
für das menschliche Leben, was somit durch die Abhaltung des
sonntäglichen Gottesdienstes auf dem Lindenberg dadurch beseitigt
ist, weil fast gewöhnlich ein Theil der kräftigen Mannschaft dem
Gottesdienst auf dem Lindenberg beiwohnt und in einem solchen
Falle sogleich zur Hilfeleistung bei der Hand wäre.
Bezüglich dieser angeführten Thatsachen würden wir bedauern,
wenn die Sache nach dem jetzigen Ausspruch vollzogen werden
müßte, indem diese Einrichtung entschieden in Ruin zerfallen würde.
Das Fortbestehen wie bisher, wäre somit der Wunsch der Unter-
zeichneten."
Der Gemeinderath von St. Peter ertheilt den Jungfrauen
folgendes Lob:
„Den Schwestern und Bewohnerinnen auf dem Lindenberg,
welche mit St. Peter in privatlichem Verkehr sind, wird auf ihr
Verlangen von dem unterzeichneten Gemeinderath pflichtmäßig be-
zeugt, daß sich dieselben seit ihrer Anwesenheit auf dem Linden-
berg vom Jahr 1857 in jeder Beziehung gegen Jedermann freund-
lich, friedsam und bescheiden, gegen die Nachbarschaft dienstfertig,
zuvorkommend und nachsichtig, gegen die Anordnungen in der Ge-
meinde und Aufträge in Bezug aus ihre Liegenschaften in hiesiger
Gemarkung pünktlich und folgsam gezeigt haben. Auch ihr Er-
scheinen in St. Peter in einem gemeinschaftlichen Kleide und in
ihrer Eingezogenheit bei Begräbnissen u. dergl. macht bei der hiesi-
gen Jugend und bei den älteren noch nicht ganz sittenlosen Men-
schen keinen bösen Eindruck. Ebenso ihr Erscheinen in einem ge-
meinsamen Kleide, welches dieselben schon seit dem Jahre 1858
und 59 tragen und zwar bei Verrichtung ihrer landwirtschaftlichen
Arbeiten auf ihrem Grundeigenthum, welches sie mit Ausnahme
der schwersten und ganz in die Classe der Knechte fallenden Ar-
beiten bereits ganz allein besorgen, welche Arbeiten sonst viele
Dienstboten in Anspruch nehmen würden.
Die Landwirthschaft wird von ihnen mit einem solchen Fleiß,
Umsicht und Vortheil betrieben, daß das Erträgniß des Bodens
gegen den früheren sich um ^/s vermehrt hatte, besonders muß der
Bau des Winterroggens und des Klees, sowie die Einführung der
Stallfütterung des Viehes hervorgehoben werden, woraus jeder
Landwirth noch Kenmniß und Vortheil ziehen kann. Besonders
wird noch bemerkt, daß die stimmlichen Schwestern und Bewohnerin-
nen auf dem Lindenberg in jeder Beziehung das volle Zutrauen
bei den Bewohnern in St. Peter genießen."

Der Gemeinderath von Eschbach erklärt:
„Auf Verlangen der Bewohnerinnen des Lindenbergs stellen
wir denselben das wahrheitsgetreue Zeugniß aus, daß dieselben
seit dem Jahr 1858 im Spätjahr auf dem Lindenberg wohnen und
seit dieser Zeit diesen Hof umgetrieben haben. Als er in ihre
Hände kam, war er in einem sehr üblen Zustande, durch
sie aber wurde er so bearbeitet und umgetrieben, daß er jetzt zu
den bestbewirthschafteten Höfen gerechnet werden kann. Diese Jung-
frauen besorgen mit Hilfe von 3 oder 4 Dienstboten den Hof selbst,
d. h. sie arbeiten auf dem Feld und den Wiesen, sie machen Heu,
schneiden die Frucht, tragen die Garben auf die Wagen, setzen
Kartoffeln, hacken dieselben, machen sie aus, lesen die Steine
auf u. s. w.
Wegen ihres fleißigen und fröhlichen Arbeitens und beim Ver-
kehren wegen ihres freundlichen Betragens, sowie wegen ihres ganz
untadelhaften Lebens sind sie in der ganzen Umgegend beliebt,
deswegen würde man es in der ganzen Umgebung, besonders hier,
gar ungern sehen, wenn diese Leute fortgejagt würden, besonders
auch wegen ihres so schönen Gottesdienstes; sie haben nämlich je-
den Tag jedesmal zur bestimmten Stunde in der Kapelle Gottes-
dienst, in welchen mehrere Bewohner der hiesigen Gemeinde gar
nicht weit haben. Wenn nun dieser Gottesdienst nicht mehr wäre,
so müßten diese empfindlich darunter leiden".

* Die Selbstverwaltung in Baden.
„Baden ist der bestregierte Staat diesseits des Oceans." Trotz
dieser pompösen Ankündigung hat nicht einmal das servilste badische
Blatt gewagt, die Behauptung der Nationalzeitung abzudrucken;
wohl aber finden wir in allen unabhängigen Organen die bitterste
Ironie über solchen Bären.
Auch die Offenburger machten starke Grimassen ob dieser Lob-
hudelei und bestätigten in ihrem Programm, so weit es die innere
Verwaltung zum Gegenstand hat, alles Dasjenige, was so oft von
uns in dieser Beziehung vorgebracht wurde.
Darüber, was die Selbstverwaltung der Kreise und Bezirke
ist, sind längst alle Gelehrten und Ungelehrten einig. Nicht ein
einziges Land hat dies große Experiment, wofür einst ver lorbeer-
bekränzte Lamey schon bei Lebzeiten in den hohen Olymp versetzt
wurde, vom Musterstaat sich angeeignet.
Doch es fällt uns heute schwer, mit Worten unsere Selbst-
verwaltung zu feiern, denn es liegt uns eine herrliche Thatsache
vor, die von selbst spricht, also keines gelehrten Commentars be-
darf. Sie betrifft nicht die Selbstverwaltung der Kreise und Be-
zirke, sondern die Selbstverwaltung der Gemeinden.
Und in dieser Beziehung ist doch das Gesetz klar, denn es sagt
sehr bestimmt: „die Verwaltung in jeder Gemeinde ist
dem Gemeinderath anvertraut." Das Aussichtsrecht
des Staates ist nur auf gewisse Fälle, die das Gesetz specia-
lisirt, beschränkt. Vergebens wird man aber ein Recht der
Staatsverwaltung in so weit aufgeführt suchen, als das Bezirks-
amt sich in die Gemeindeverwaltung dergestalt mischen darf, daß
es den Gemeinden vorschreibt, Ausgaben für Zeitschriften und
Bücher zu machen, die für sie gar nicht nothwendig sind.
Wir wollen deutlicher reden. Bekanntlich genießt Buchhändler
Emmerling in Heioelberg das Wohlwollen Sr. Excellenz Jolly in
der ausgedehntesten Weise. Daß sein Winkelblatt, die Heidelberger
Zeitung, zum Kreisverkündigungsblatt avancirt ist, haben wir be-
reits früher mitgetheilt. Nun gibt aber dieser Ehrenmann an
Stelle des Bad. Centralblattes vom Neujahr an eine Zeitschrift
für Bad. Verwaltung heraus. Daß solche sofort von oben herun-
ter eindringlichst zur Anschaffung empfohlen wurde, war aus mehr
als einem Grunde zu erwarten. Daß aber ihre Anschaffung
den Gemeinden gleichsam im Zwangswege zugemuthet wird, das
ist wohl das Stärkste, was die berühmte bad. Selbstverwaltung
aufzuweisen hat. Oder ist wohl nachstehender bezirksamtlicher im
Amtsverkündigungsblatt veröffentlichter Erlaß anders auszulegen?
Man lese und staune:
„Die Zeitschrift für die bad. Verwaltung
und Verwaltungsrechtspflege betr.
„Mit Bezug auf diesseitige Bekanntmachung vom 27. Nov.
1868 haben die Gemeiuderathe binnen 8 Tagen anzuzeigen, ob
 
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