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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1869

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Nr. 141-152 (2. Dezember - 30. Dezember)
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144. Donnerstag den 9. December 1868.


Ein Feldjäger nach München.
Berli», 2. Dec. Bekanntlich hat das Ministerium Hohenlohe
einen heftigen Stoß erlitten, der Apostel des Mainbrückenbaues
sieht sich in seiner Stellung erheblich erschüttert und ahnt, daß er
unter den heutigen Umständen nicht den Löwen des Liberalismus
und des Verpreußenthums im Lande Bayern weiter zu spielen im
Stande sein werde.
Der Mann, welcher seit dem Jahre 1866 alles that, um aus
seinem Heimathlande eine preußische Tetrarchie zu machen, der ge-
gen alle constitutiouellen Bedingungen sich soweit verflieg, dem
Winke eines Bismarck nachzugeben und die Wahlbezirke vor den
Wahlen zu ändern, um auf diese Weise seines großen Meisters in
Varzin Prophezeiung in Erfüllung gehen zu lassen, daß unter
diesen Umständen aus der „illoyal" denkenden Majorität schleunigst
eine schwarz und weiß colorirte werden würde, hat sich in seiner
astronomischen Berechnung arg geirrt und eine Niederlage erlitten,
welche den sonst so legeren und chevaleresken Herrn völlig kopflos
erscheinen läßt.
Der Cl-rus des Südens, welchen die preußische Regierung
durch ihre Eoncefsionen an die kathol. Kirche zum Standartenträ-
ger des Hohenzollernthums zu machen beabsichtigte, hat die Lockspeise
unberührt stehen lassen und erscheint nach wie vor als lebhafter
Kämpfer gegen die geheimnißvolle, aber systematisch betriebene Ver-
gewaltigungspraxis des nordischen Adlers, er flieht das ihm dar-
gebotene Danaergeschenk gleich einem diabolischen Spucke.
Bei solcher traurigen Lage des treuen Verbündeten im Bayern-
lande und der ihm allseitig gestellten Diagnose einer tödtlichen
Krankheit hat sich der Rauch unserer Annexionsphantasten plötzlich
erheblich gelegt. Die Männer der Wilhelmstraße lassen die Köpfe
hängen und glauben den Tag von Damascus nahe; denn geht
Hohenlohe zu seinen Vätern d. h. wird er als ein unmöglicher
Minister außer Dienst gesetzt, dann, dies weiß man hier mit Si-
cherheit, hört Bayern und mit ihm das ganze Süddentschland auf,
die Zielscheibe der preußischen Wundermänner zu sein, welche mit
ihrer Einheitsreligion die Herrlichkeiten eines klein-russischen Mos-
kowitenthums herzustellen sich bemühen.
Man ahnt, daß unter diesen Umständen eine autonomistisch-
vollsthümliche Partei das Erbe des großen „Liberalen" antreten
und Oesterreich die Hand zum Bunde gegen das Centralisirungs»
princip des Preußenthums reichen werde. Ja, man geht weiter
und fürchtet, daß hierdurch die im Jahre 1866 erworbenen Errun-

Der schwarze Dämon.
Erzählung aus dem 8eemannsteken von L, Henry.
(Alte und Neue Welt.)

(Fortsetzung.)
„Wie viel solcher Leute befinden sich auf der Fregatte ?" fragte er plötzlich.
„Dreihundert und zwanzig," antwortete ich.
„Da härtet ihr mehr, als hier in dem Iankee-Schiffe," erwiederte er lä-
chelnd ; „doch sind die Leute stark und willig und reichen wohl hin, das Schiff
den kurzen Weg zu führen."
„Es sind sehr gute Matrofen," versetzte ich ausweichend; „ihre Anzahl,
wenn auch nicht groß, ist mehr als hinlänglich, zumal da uns die Fregatte
ohne Zweifel in der Nähe erwarten wird, wenn der Pirat ihr entronnen ist".
Ein sarkastisches Lächeln schwebte auf seinen Lippen, verschwand aber so-
fort, als er mein Mißvergnügen bemerkte, und er nahm eine außerordentlich
freundliche Miene an, indem er mich fragte:
„Ich hätte große Lust, mit ihnen nach Jamaika zu segeln; der Gouver-
neur, denke ich, würde mir die Erlaubniß dazu nicht versagen, wenn Sie mir
die Ueberfahrt gestatten wollten. Wann gehen Sie unter Segel?"
„Wo möglich morgen," erwiederte ich, „und Sie werden als Passagier
willkommmen sein."
„Gut," sagte er, „ich will Urlaub zu erhalten suchen und morgen früh
an Bord kommen."
wir. Ich vollendete meine Anordnungen und vor Einbruch
der Nacht war Alles zum Absegeln bereit. Da ich beabsichtigte, den Landwind
m der frühen Morgendämmerung zu benutzen, um die hohe See zu gewinnen,
ließ ich vor Sonnenaufgang die Anker aufwinden. Schon war ich ärgerlich
darüber, auf den fremden Passagier warten zu müssen, als ein kleines Boot
an unsere Schlsfsfeite herankam und durch einen Neger, der aber augenblicklich
wieder davon ruderte, ein Zettel abgegeben wurde. Er kam von meinem Kaf-
seehausbekannten, der fein Ausbleiben mit verweigertem Urlaub entschuldigte

genschaften äußerst problematisch werden dürften, und wer kann
es wissen, sagte kürzlich im Abgeordnetenhause der Herr Minister
des Innern, sonst nur ein Papierpolitiker, ob nicht die Zeit ein-
treten könnte, in welcher, falls Hohenlohe resignirt, eine Liga zwi-
schen dem Süden und einigen andern nicht ganz festen Cantonisten
des Nordbundes sich bilden und dadurch der neugebackene Bundes-
brei auseinander gehen dürfte. Alles hat nämlich nichts genützt,
um den äikL iras äiss illa in Bayern fern zu halten, nichts ver-
mochte das bayerische Volk durch wohl bezahlte Preßphantasten von
der Glückseligkeit zu überzeugen, welche es zu erwarten har, wenn
es, vereint mit Hannoveranern, Nassauern und Hessen, einst den
Bundestempel des allgemeinen deutschen Reichstages beziehen würde,
selbst nicht einmal der jüngst ««geordnete Bettag des Hrn. v. Wüh-
ler ist im Stande gewesen, die Abfallstücke der „Bierstaatler" zu
hemmen oder sie gar zu beschwören. Je mehr Hr. v. Wühler betet,
desto düsterer wird der preußische Horizont, und da geistige Mitwl
nichts mehr helfen zu wollen scheinen, hat man zu materielleren
seine Zuflucht genommen. König Wilhelm selbst, von Varzin
aus auf die Gefahr aufmerksam gemacht, welche dem Preußenthume
durch den Abfall Bayerns droht, der sich Hand in Hand mit der
drohenden Depossedirung des Fürsten Hohenlohe sofort einstellen
würde, hat sich demnach veranlaßt gesehen, ein vertrauliches Schrei-
ben an den König von Bayern zu richten, und ihm zu verstehen
gegeben, daß es im eigenen Interesse der bayerischen Dynastie lie-
gen müsse, den Minister auf einem bisherigen Posten zu belassen;
und wen« dieser Mahnung in München Folge gegeben werde«
sollte, so ist daraus der Schluß zu ziehen, daß der König Ludwig II.
selbst davon überzeugt ist, daß es unmöglich sei, sich auf die Dauer
der Zeit dem preußischen Einflüsse zu entziehen. Nebenher soll
aber auch von Varzin aus ein Senfteig nach Bayern abgeschickt
worden seins, um die entstandenen Unionsschmerzen vorläufig zu
beseitigen. Nach der Therapie des pommerschen Wunderdoctovs
soll übrigens der Moment noch keineswegs nahe bevorstehen, in
welchem die Proclamation der deutschen Reconvalescenz stattfinden
könne, und die wiederholte Versicherung, oatz Preußen nicht daran
denke, irgend welche usurpatorische Gelüste bezüglich des Südens
in's Werk zu setzen, wird nicht verfehlen, in gewissen Kreisen Bayerns
einen tiefen Eindruck zu machen. Bleibt also Fürst HohenlohL
am Ruder, so ist seine Fortexistenz nicht etwa de» vereinten Cen-
suren der bayerischen Liberalen zu danken, sondern wie bereit
oben angedeutet, einem Berliner Briefe. Derartige Schriften schei-
nen in der letzten Zeit ihren Zweck selten zu verfehlen, und begin-
und mir eine glückliche Ueberfahrt wünschte. Erfreut, den Zudringlichen auf
gute Art los zu fein, gab ich den Befehl zum Auslaufen aus dem Hafen.
Wir umschifften Cap St. Antonio und steuerten Jamaika zu; doch hatten
wir wechselnde und schwache Winde und Windstillen dis in die Nähe der Fich-
teninsel, wo sie beständiger wurden. Ich verbrachte meine Zeit gerne mit dem
früheren Obersteuermann Amos, den ich sorgsam verpflegt hielt. Glücklicher-
weise waren die meisten feiner Wunden nicht gefährlich, und da er eine sehr
gesunde Natur besaß, so thaten die von dem Arzte verordneten Mittel gute
und rasche Dienste. Er erholte sich zusehends; seine körperliche Kraft hatte
nicht gelitten, allein sein Gemüth mar vow den schrecklichen Erinnerungen um-
düstert.
Die Morgendämmerung des zweiten Tages nach unserer Abfahrt war
kaum angebrochen und mein erster Steuermann, der Seecadett O'Brien, ein
irischer Jüngling voll Muth und Entschlossenheit, hatte die Wache. Ich schlief
auf einer Matratze in der Kajüte, neben Amos und meinem zweiten Steuer-
mann, dem Schiffszimmermann Jackson, der nebenbei als Steward, Segel-
meister und Oberkoch an Bord des „Nordsterns" die nützlichsten Dienste leistete.
Ich träumte von der Heimath und den Lieben, die ich dort gelassen, als ich
auf einmal unsanft geschüttelt wurde und O'Brien mit leuchtendem Blicke vor
mir stand.
„Beim Himmel, er ist wieder da, Sir!" rief er heftig.
„Wer denn?" erwiederte ich, eilig aufspringend. Auch meine Gefährten
waren in einem Angenblicke auf den Beinen.
„Der schwarze Dämon!" — rief der Seecadett.
„Es ist nicht möglich, O'Brien!" erwiederte ich erstaunt.
„Entweder er oder der Teufel selbst!« versetzte ich erstaunt.
„Entweder er oder der Teufel selbst!" versetzte er in großer Auf-
legung.
Ich eilte auf's Deck, ergriff mein Fernglas und bemerkte gegen den Wind
einen dunkeln Punkt am fernen Horizont. Um eine größere Fernsicht zu er-
langen, stieg ich die Wanten hinauf. Es war kein Zweifel: — der schwarze
Dämon!
Ich rief dann meine Leute zusammen und fragte, ob sie mir im tapfern
Widerstand gegen die Piraten beistehen und mit mir ihr Leben theuer ver-
kaufen wollten.
(Fortsetzung folgt.)
 
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