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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1869

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Nr. 38-50 (1. April - 29. April)
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Erscheint wöchentlich dreimal: Dienstag,
Donnerstag und Samstag.






und Land.

Preis vierteljährlich 40 kr. ohne
Trägerlohn und Poftaufschlag.
Jns.-Geb. 2 kr. dis Spaltzeile.


Bestellungen auf den Pfälzer Boten für die Monate
Mai und Juni nebmen noch alle Großh. Postanstalten oder
Postboten an.
Ebenso diene auch den Lesern des Boten im Taubergrunde
zur Nachricht, daß Hr. Weinberner in Dittigheim Bestellun-
gen a 15 k-.. per Monat entgegennimmt. Die Expedition.
Anfrage an Se. Exc. Jolly.
Wie lange noch wirb ein Schmähblatt, die Heidelberger Ztg.,
das sich erfrecht hat, die katholischen Geistlichen „ schw a rz an gs st r ck
chene Bauernbursche" und neuestens „schwarzangestrichene
Buben" zu schimpfen, als amtliches VsrkündigungsblatL des Kreises
Heidelberg fortbest-chen? ___ _
Freiburg i. B. 26. April. Die bereits von einigen Blät-
tern veröffentlichte Entscheidung des Mannheimer Oberhofgerichts
gegen den Bisthumsverrveser Dr. Kübel und den Pfarrverweser
Burger in Constanz wird durch die heute Seitens des hiesigen Kreis-
und Hofgenchts erfolgte Publicirung als richtig b- stättgt. Das
Urtheck erklärt, daß der Bisthumsverweser Kübel und der Pfarr-
verweser Burger unter Aufhebung des Verweisungsbeschlusses der
Raths - und Anklagekammer Freiburg von der Anschuldigung des
Mißbrauchs des geistlichen Amts rssp. der Theilnahme daran, an-
läßlich der Excommnmcation des Bürgermeisters Stromeper ent-
bunden werden.
Wichtige Enthüllungen.
(N. Freie Presse.)
Wien, 16. April. Der vierte Band des officiellen österreichi-
schen Generalsiabswerkes über den Feldzug von 1866 wird dem-
nächst die Presse verlassen. Wenn wir denselben einer Besprechung
unterziehen, so geschieht es vor Allem, um unsere Leser mit einem
Schriftstück bekannt zu machen, welches zum erstenmals in die
OcsteutlichkeiL gelangt und wohl geeignet ist, die allgemeinste Sen-
sation zu erregen. Wir meinen die von dem Grafen Bismarck
am 20. Juli 1866 an den preußischen Gesandten in Paris, Gra-
fen v. d. Goltz gerichtete Note. Dieselbe lautet:
„Der König hat zu dem Waffenstillstands seine Genehmigung ertheilt.
Barral, der ebenfalls hier ist, erbittet sich Instruction und Vollmacht von Flo-
renz. Es ist zweifelhaft, ob diese so rasch eintreffen können. Der König hat
sich nur sehr schwer und aus Rücksicht auf den Kaiser Napoleon hiezu entschlos-
sen , und zwar in der bestimmten Voraussetzung, daß für den Frieden ein
bedeutender Territorial - Erwerb im Norden Deutschlands gesichert sei. Der
König schlägt die Bedeutung eines norddeutschen Bundesstaates geringer an
als ich und legt demgemäß vor Allem Werth aus Annexionen, die ich allen-
falls neben der Reform als Bedürfniß ansehe, weil sonst Sachsen u. Hannover
für ein intimes Verhältniß zu groß blieben. Der König bedauert, daß Euer
Excellenz nicht an dieser Alternative des Programmes vom 9. nach dem Schluß-
sätze der Depesche bis auf Weiteres festgehalten haben. Er hat, wie ich zu
Ihrer ganz intimen persönlichen Directive mittheile, geäußert: „Er werde lie-
ber abdanlen , als ohne bedeutenden Ländererwerb für Preußen zurückzukehren«,
und hat heute den Kronprinzen hieher gerufen. Ich bitte Euer Excellenz, auf
diese Stimmung des Königs Rücksicht zu nehmen.
Noch bemerke ich, die französischen Punkte würben uns, vorausgesetzt eine
Grenzregulirung mit Oesterreich, auch als Präliminarien für den Separatfrie-
den mit Oesterreich genügen, wenn Oesterreich einen solchen schließen will —
sie genügen nicht für den frieden mit unseren übrigen Gegnern, besonders in
Lmddeutschland, ihnen müssen wir besondere Bedingungen machen, und die
Medmtwn des Kaisers, die sie nicht angerufen, bezieht sich nur aus Oester-
reich. Wenn auch wir Italien gegenüber frei würden durch Cession Venedigs,
so können wir doch Italien nicht freilaffen, bevor das im Tractate für uns
stipulirte Aequwalent Venetiens uns gewährt fft."
Aulch deess Depesche sollte vor Allem die zweckentsvrechende
Pression auf das französische Cabmet ausgeübt werden. Um die
Anuexiol^-Lehnsucht des Königs so grell als möglich barzustellen,
wurde für den Fall deren Nichterfüllung sogar dessen Abdankung
au welche er nach den eben errungenen Erfolgen sicher auch
mchl emen Augenblick dachte — in Aussicht gestellt. Der preuß.
D-plvnur: würbe von dieser Stimmung seines Regenten zwar nur
zur „ganz mumm persönlichen Directive" in Kenuturß, aber oa-
dmrh uoch auch gleichzeitig m die Lage gesetzt, das dieser Sachlage
Mtfprell-cnoe Dadleau in transparenter Beleuchtung dem Auge des
Kaisers Napoleon vorzurühren.

Auch abgesehen von dieser Depesche, enthält der vierte Band
des officiellen Werkes viel des Neuen und Interessanten. Wir
finden da beispielsweise gleich im ersten Abschnitte die Details
der am 2. Juli 1866 eingeleiteten Unterhandlungen, um Kaiser
Napoleon zur Vermittlung eines Waffenstillstandes mit Italien zu
veranlassen, ferner dis Gründe, welche die beiden Missionen des
FML. Baron Gablenz am 4. und 8. Juli in das preußische Haupt-
quartier scheitern ließen. Vor seiner zwecken Sendung hatte FML.
Baron Gablenz eine sechs Punkte enthaltende Jnstructwn vom Mi-
nister des Aeußern, Grafen Meusdorfs, erhalten, auf osren Grund-
lagen er einen Waffenstillstand vermitteln sollte. Der König von
Preußen weigerte sich aber, oen österreichischen General zu empfan-
gen, und in einem, von dem Generalstabs-Ehef der preußtscyen
Armee, General-Lieutenant v. Moltke, gefertigten Schreiben wird
erklärt, einen Waffenstillstand auf Grund der vorgelegten Propo-
sition nicht eingeheu zu können, wobei auf Preußens Verhältniß
zu Italien mit'den Worten hingewiesen wckd: „Ueberdies fordert
unser Verhältmß zu Italien eine Verständigung mck Vieler Macht,
bevor wir defimtivs Entschließungen fassen." Dem Grafen Bis-
marck war die mzwlschen. vom Kaiser Napoleon in Florenz ange-
bahute Vermittlung sehr unbequem, er gedachte die Italiener nicht
so wohlfeilen Kaufes aus ihrem Bundesverhältmsse zu Preußen
zu entlassen. Er „forderte daher, mdem er die Transactton be-
züglich des Venetiunischen als für Jtack.cn unannehmbar hinstellte,
diesen Staat, unter Verweisung auf die von ihm eingcgungenen
Verpflichtungen, zur energischer: Fortsetzung des Kriegs aus." Als
dennoch am "9. Juli Italien sich bereit zeigte, die Zustimmung
Preußens immer vorausgesetzt, einen Waffenstillstand umer gewis-
sen Bedingungen eingehen zu wollen, da ließ „die preußische Re-
gierung durch ihren Gesandten in Florenz, Grafen Usedom, am
11. und 13. Juli und auch mehrere Tage später erklären, daß sie
Italien das Recht zu einem Separatfrieden auf Grund der Abtre-
tung des Venetiarüschcn nicht zugestehen könne, vielmehr die Fort-
setzung des Krieges von Italien fordern müsse, da sie selbst ent-
schlossen sei, denselben mit aller Energie fortznführen." Doch am
selben Lage, da Graf Bismarck den projecürten Schritt des italie-
nischen Cabinsts verwarf, wurden im preußischen Hauptquartier
die Bedingungen ausgesetzt, unter welchen man preußischerseits —
ohne Rücksicht auf Italien — den Frieden mit negociiren wollte.
Am 11. Juli überbrachte Fürst Reuß das fragliche Schriftstück
nach Paris. Das in Folge dessen vom französischen Minister des
Aeußern, Drouin de Lhups, an den Fürsten Meckermch gerichtete
Schreiben, d. 12. Juli, lautete:
„Die Instructionen, welche ich dem Herzog von Grammont sende, taffen
sich in Folgendem zusammenfassen: 1. Der Kaiser weiß, daß Preußen, um
den Waffenstillstand zu unterzeichnen, Friedens-Präliminarien verlangt. 2. Wir
kennen die Präliminarien nicht im Detail, aber der Austritt Oesterreichs aus
dem (deutschen) Bunde ist offenbar eine Oonckäio ckno guu non; die anderen
Bedingungen sind — sagt man uns — ohne Bedeutung. Z. Der Kaiser denkt,
daß der Waffenstillstand und Verhandlungen zum Zwecke des Friedensab-
schluffes allein eine günstige Wendung für Sie in Aussicht stellen. 4. Se.
Majestät ist entschlossen, bei der gegenwärtigen Krisis dis französische Nation
nicht in einen Krieg zu stürzen. 5. Oesterreich hat somit ohne Zögern zu ent-
scheiden, ob es den Kampf bis zum Aeußersten fortsetzen oder ob es die Ver-
handlungs-Grundlage feines Austrittes aus dem Bunde annehmen wolle. 6.
Der Kaiser wünscht über diesen Punkt so schnell als möglich in's Klare gefetzt
zu fein. Dies ist der Sinn dessen, was ich an Herrn von Grammont schrieb.
Was die Sendung des Prinzen Reuß anbelangt, so bestand sie in der Ueber-
gabe eines Briefes des Königs von Preußen, welcher die Vorschläge nicht ge-
nau formulirte; einige mündliche Erläuterungen wurde« gegeben; wir besitzen
jedoch — ich wiederhole es — keine krare Auseinandersetzung der Prälimi-
narien, welche Preußen vettangr, um Len Waffenstillstand zu unterschreiben;
wir wissen nur, daß der Austritt Oesterreichs aus dem deutschen Bunde das
Lino Mu von bildet. Damit wäre der Waffenstillstand möglich > ich glaube
sogar gewiß; ohne dieses ist er unmöglich. . .
Ju Wien wollte man natürlich auch die anderen Bedingungen
Preußens kennen lernen. „Wenn sich unter denselben einige un-
annehmbare Forderungen fänden, wie z. B. eine Gebietsabtretung,
so zwhi Oestelreich vor, die Waffen weiters entscheiden zu lassen
und, wenn es sein muß, mck Ehren uMerzugehen, als sem Heil
um emeu solchen Prclö zu erkaufen." So lautete die markanteste
' Stelle der nach Paris expedittcu Am wort. Kaiser Napoleon ent-
 
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