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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1869

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Nr. 102-114 (2. September - 30. September)
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.HZ 109. Samstag den

Zum Concil
haben die in Fulda versammelt gewesenen Bischöfe eine Ansprache an ihre Gläu-
bigen erlassen, aus der wir Folgendes hervorheben:
„In diesem Jahre war selbstverständlich ein Hauptgegenstand
unserer Berathungen die Vorbereitung auf das allgemeine Concil.
Als die Berufung eines allgemeinen Concils zur Gewißheit gewor-
den war, erfüllte auf der einen Seite frohe Hoffnung die Herzen
der Gläubigen. Nicht als ob das Concil ein Zaubermittel wäre,
um alle Uebel und Gefahren von uns hinwegzunehmen, sondern
weil die Vereinigung der Nachfolger der Apostel um den Nachfol-
ger des hl. Petrus in einer allgemeinen Kirchenversammlung das
vorzüglichste Mittel ist, um die Wahrheit des Christenthums in ein
helleres Licht zn setzen und sein heiliges Gesetz wirksamer in's Le-
ben einzuführen. Dagegen können wir uns nicht verbergen, daß
auf der anderen Seite, selbst von warmen und treuen Gliedern
der Kirche Besorgnisse gehegt werden, welche geeignet sind, das
Vertrauen abzuschwächen. Hierzu kommt, daß von den Gegnern
der Kirche Beschuldigungen ausgesprochen werden, welche keinen
anderen Zweck haben, als weithin Argwohn und Abneigung gegen
das Concil zu erregen und selbst das Mißtrauen der Regierungen
wach zn rufen.
So werden Befürchtungen laut, als ob das Concil neue Glau-
benslehren verkündigen und Grundsätze aufsttllen könne und werde,
welche den Interessen des Christenthums und der Kirche nachtherlig,
mit den berechtigten Ansprüchen des Staates, der Civilisation und
der Wissenschaft, sowie mit der rechtmäßigen Freiheit und dem zeit-
lichen Wohl der Völker nicht verträglich seren. Man geht noch
weiter: man beschuldigt den Heiligen Vater, daß er unter dem
Einfluß erner Partei das Concil lediglich als Mittel benutzen wolle,
um die Macht des apostolischen Stuhles über Gebühr zu erhöhen,
die alte und echte Verfassung der Kirche zu ändern, eine mit der
christlichen. Freiheit unverträgliche geistliche Herrschaft aufzurichten.
Man scheut sich nicht, das Oberhaupt der Kirche und den Eplsco-
pat mit Parteinamen zu belegen, welche wir bisher nur im Munde
der erklärten Gegner der Kirche zu finden gewohnt waren. Dem-
gemäß spricht man denn ungescheut den Verdacht aus, es werde
den Bischöfen die volle Freiheit der Berathung nicht gegeben sein,
und es werde auch den Bischöfen selbst an der nothwendigen Er-
kenntniß und Freimüthigkeit fehlen, um ihre Pflicht anf dem Con-
cil zu erfüllen; und man stellt in Folge davon sogar oie Giltigkeit
des Concils und seiner Beschlüsse selbst in Frage. Wir wollen
Euch ausdrücklich ermahnen, durch solche Reden Euch in Euerem
Glauben und Vertrauen nicht erschüttern zu lassen.
Nie und nimmer wird und kann ein allgemeines Concil eine
neue Lehre aussprechen, welche in der heiligen Schrift oder der
apostolischen Ueberlieferung nicht enthalten ist, wie denn überhaupt
die Kirche, wenn sie in Glaubenssachen einen Ausspruch thut, nicht
neue Lehren verkündet, sondern die alte und ursprüngliche Wahr-
heit in klares Licht stellt und gegen neue Jrrthümer schützt.
Nie und nimmer wird und kann ein allgemeines Concil Leh-
ren verkünden, welche mit den Grundsätzen der Gerechtigkeit, mit
dem Rechte des Staates und seiner Obrigkeiten, mit der Gesittung
und dem wahren Interesse der Wissenschaft oder mit der rechtmäßi-
gen Freiheit und dem Wohle der Völker im Widerspruch stehen.
Ueberhaupt wird das Concil keine neuen und keine anderen Grund-
sätze aufstelleu, als diejenigen, welche Euch Allen durch den Glau-
ben und das Gewissen in's Herz geschrieben sind, welche die christ-
lichen Völker durch alle Jahrhunderte heilig gehallen haben, und
auf welchen jetzt und immer das Wohl der Staaten, die Amorttät
der Obrigkeiten, die Freiheit oer Völker beruht, und welche oie
Voraussetzung aller wahren Wissenschaft und Gesittung bilden.
Auch braucht Niemand zu besorgen, das allgemeine Concil
werde in Unbedachtsamkeit und Nebereilung Beschlüsse fassen, welche
ohne Noth mit den bestehenven Verhältnissen und den Beoürfnis-
sen der Gegenwart sich in Widerspruch setzen, oder nach Weise der
schwärmerischen Menschen Anschauungen, Sitten und Einrichtungen
vergangener Zeiten in die Gegenwart verpflanzen wollen. Wie
kann man auch nur vernünftiger Weise so etwas von einer Ver-
sammlung der Bischöfe der ganzen kathol. Welt befürchten, welche
mit den reichsten Lebenserfahrungen ausgestaltet, mit den Zustän-
den der verschiedenartigster'! Länder vertraut, mit der Verantrvort-

18. September 1869.

lichkeit des heiligsten Berufes belastet, hauptsächlich zu dem Zweck
vom Oberhaupte der Kirche versammelt werden, um mit ihm zu
berathen, wie am Besten die ewigen Wahrheiten der Religion in
der Gegenwart zu verwirklichen und die Wohlthat des Christenthums
den gegenwärtigen und künftigen Geschlechtern zu erhalten und zu
übermitteln sei.
Unbegründet ist auch und überaus ungerecht der Verdacht, es
werde auf dem Concil dis Freiheit der Berathung beeinträchtigt
sei. Wir wissen es auf das Bestimmteste, daß es oer erklärte
Wille des heiligen Vaters ist, weder der Freiheit noch der Zeit
der Berathungen eine Schranke zu setzen, und das liegt auch in
der Natur der Sache. Denn in einem Concil der Kirche ringen
nicht verschiedene Parteien mit allen Mitteln der Ueberredung um
den Sieg. Alle sind bei aller Verschiedenheit sonstiger Meinungen
von vornherein einig in den Principien des Glaubens und streben
nur nach Einem Ziele, dem Heile der Seelen und dem Wohle der
Christenheit, und Erörterungen finden da nicht statt, um den Geg-
ner zu überwinden oder ein Sonder-Interesse zu fördern, sondern
um die Wahrheit von allen Seiten zu beleuchten und nicht eher
zu entscheiden, als bis jede Schwierigkeit erledigt, jede Dunkelheit
aufgehellt ist. Besonders, wo es sich um die ewigen Wahrheiten
des Glaubens handelt, wird das Concil auch nicht das Mindeste
beschließen, ohne zuvor die Mittel der Wissenschaft und der reif-
lichsten Überlegung erschöpft zu haben. Und was sollen wir zu
jener so unwürdigen Verdächtigung sagen, daß es den Bischöfen
aus Menschenfurcht an der pflichtmäßigen Freimüthigkett auf dem
Concil gebrechen werde? Die Bischöfe der katholischen Kirche wer-
den auf dem allgemeinen Concile in diesem wichtigsten Geschäfte
ihres ganzen bischöfl. Amtes und Wirkens der heiligsten aller ihrer
Pflichten, der Pflicht, der Wahrheit Zeugmß zu g .ven, nie und
nimmer vergessen, sie werden eingedenk des Apostolischen Wortes:
daß, wer den Menschen gefallen will, nicht Christi Diener ist, ein-
gedenk der Rechenschaft, die sie bald vor dem göttlichen Richter-
stuhle ablegen müssen, keine andere Richtschnur kennen, als ihren
Glauben und ihr Gewissen.
Wenn man aber gar die Absicht des Heiligen Vaters, den
heiligen apostolischen Stuhl selbst anschwärzt und lästert, wenn
man ihn, als Partei und als Werkzeug einer Partei oarstellt, wenn
man ihn herrschsüchtiger urm ehrgeiziger Absichten anklagte, so feh-
len uns die Worte, um unfern ganzen Schmerz über solche Reden
und gegen den Geist auszusprechen, aus dem sie entspringen. Nichts
ist dem Wesen der katholischen Kirche so fremd und so entgegen-
gesetzt, als Parteiwesen und gerade um alles Derartige auszuschlre-
ßen, hat Christus unter allen Aposteln Einen zum Mittelpunkte
der Einheit gesetzt. Wohl umschließt die Kirche eine unermeßliche
Mannigfaltigkeit nationaler und menschlicher Eigenthümlichkeiten;
sie duldet, ja sie schützt die Verschiedenheiten theoretischer und prac-
tischer Meinungen; aber nie und nimmer duldet und billigt sie
Parteien, oder ist sie gar selbst Partei. Wie Petrus und die Apo-
stel aus dem ersten Concil zu Jerusalem nur einer Meinung waren
und nur eine Sprache führten, so wird es auch heute der Kall
sein und es wird der ganzen Welt offenbar werden, daß, wie in
der ersten Christen-Gemeinde, so auch heute noch in der katholischen
Kirche Alle eines Herzens und einer Seele sind.
Wenn in unsern Zeiten so manche Schäden früherer Tage
geheilt werden, wenn das kirchliche und religiöse Leben erstarkt ist
und vieles Gute zum Heile dec Seelen und zum Tröste der Armen
und Leidenden geschah, wenn unter Geistlichen und Laren der Glau-
bensmuth und die Liebe zur Kirche sich gehoben hat, wenn selbst
alle Angriffe auf die Kirche und alle Leiden ihr nur zum Besten
gereichten, so zweifeln wir nicht daran, daß solches hauptsächlich
jener innigen Eintracht zu danken ist, welche, einige traurige und
unbedeutende Störungen abgerechnet, in der ganzen kathol. Welt
herrscht. Die Noth und dis Stürme der Zeiten habe diese Ein-
tracht nur erhöht und namentlich hat das liebende Zusammenwir-
ken aller Nationen zum Schutze des hartbsdrängten heiligen Vaters
dieses Band der Einheit enger und enger geknüpft. Im Gerste
dieser Einheit als Gesandte bitten und beschwören wir Alle, vor
allem unsere Mitarbeiter im Priesterthum und im heiligen Lehr-
amte, daß sie durch Wort, Schrift und Beffpree jene vollkommene
Emtracht des Geistes unter gänzlicher Beseitigung aller etwaigen
hier oder dort vorauSgegangenM Stteittgkettsn pflegen uns ve-
 
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