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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1869

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Nr. 128-140 (2. November - 30. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43880#0531

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Ps»I,cr
Erscheint wöchentlich dreimal: Dienstag.
Donnerstag und Samstag.

Preis vierteljährlich 40
IlllU LÄ.HÜ. Trägerlohn und Postausschl,
Jns .Geb. 2 kr. die Spalt,eile.

^Z, 132. Donnerstag den
Rede des Abg. Lender in der Wahlreformdebatte
am 28. Oktober.
Meine Herren! Ich will gleich meäiam in rem: ich bin
mit aller Entschiedenheit für die directe Wahl, und bei meinem
Votum leiten mich folgende Gründe: Erstens die Wahrnehmung,
daß den directen Wahlen, wie seither allgemein zugestanden worden
ist, die Zukunft gehört. Wenn das directe Wahlsystem, wie der
Herr Staatsminister bemerkte, auch noch kein europäisches Völker-
recht ist, so ist dasselbe doch so in das Bewußtsein von Millionen
eingedrungen, daß sie dieses Recht fordern als Bedingung bei Be-
tätigung ihrer Theilnahme am öffentlichen Leben und bei Aus-
übung ihrer staatsbürgerlichen Rechte. Der Abg. Conrad konnte
nicht umhin, zu bekennen, daß er nicht glaube, daß in Amerika,
wo dieses Wahlsystem sich eingebürgert hat, dasselbe je wieder wird
rückgängig gemacht werden können, und so wenig es in Amerika
möglich ist, so wenig wird es in Frankreich, Italien, Spanien, dem
norddeutschen Bunde und Württemberg möglich werden, dasselbe
zurückzudrängen. Ich erinnere Sie daran, daß nicht blos die Pa-
trioten in Bayern, sondern auch die Liberalen die directe Wahl
auf ihre Fahne geschrieben haben, ich erinnere Sie daran, daß erst
vor einigen Tagen auf mehreren Provinziallandtagen in Oesterreich
die directe Wahl angenommen worden ist.
Zweitens bestimmt mich dabei die Anschauung, daß die Ge-
währung der directen Wahl eine Sache der Consequenz ist. Wenn
man auf den übrigen Gebieten des öffentlichen Lebens sucht ein-
heitliche Einrichtungen zu schaffen in Deutschland, und namentlich,
wie von Ihrer Seite aus immer auf dem Gebiete der Gesetzgebung
lebhaft befürwortet wurde und wogegen auf unserer Seite keine
Anstände obwalten, so halte ich es für consequent, daß man auch
darin dem Nordbunde nachfolgt, und daß man wenigstens unsere
Abneigung gegen den Nordbund dadurch mindert, daß man uns
das gebe, was eine der ersten Berechtigungen der Bürger ist, die
dem norddeutschen Bunde angehören.
Drittens glaube ich, wäre die Bewilligung des directen allge-
meinen Wahlrechts in Conformität mit den Intentionen des Lan-
desfürsten und insbesondere im Geiste der Proklamation vom 7.
April 1860, und im Sinne einer neuesten bekannten öffentlichen

Gesetzentwurf,
die Rechtsverhältnisse und die Verwaltung der Stiftungen betreffend,
III. Allgemeine Bestimmungen über die Verwaltungssührung.
L. Ueber die Verwaltung der weltlichen Distrikts- und Landes-
stiftungen.
§ 31. Die weltl. Distrikts - und Landesstiftungen, worunter alle nicht
ausschließlich nur dem Vortheile von Angehörigen oder Bewohnern einer Ge-
meinde oder mehrerer Gemeinden eines und desselben Amtsbezirks gewidmeten
weltlichen Stiftungen zu verstehen und wozu auch die Stiftungen für Gelehrten-
schulen, Realgymnasien uNd höhere Bürgerschulen zu rechnen sind, bleiben, so-
weit über deren Verwaltung vom Stifter keine anderen nach diesem Gesetze
zulässigen Anordnungen getroffen wurden, vorbehaltlich der Bestimmung in 8 32
unter der unmittelbaren Verwaltung und Aufsicht von Staatsbehörden, wie
solche dermalen dazu berufen sind oder durch künftige Verordnungen werden
berufen werden.
Aus besonderen Gründen und auf Antrag der betheiligten Gemeinden
kann die oberste Staatsaufsichtsbehörde gestatten, daß auch Stiftungen, die
sich nicht ausschließlich auf Gemeinden eines und desselben Amtsbezirks be-
schränken, als örtliche Stiftungen behandelt und jenen betheiligten Gemeinden
zur Verwaltung überlassen werden.
§ 32. Stiftungen, welche ausdrücklich zu Gunsten der Angehörigen eines
der nach dem Gesetze vom 5. Oktober 1863 „über die Organisation der inne-
ren Verwaltung" gebildeten Kreisverbände oder eines innerhalb des Kreises
gebildeten Bezirksverbandes oder zu Gunsten eines dieser körperschaftlichen
Verbände selbst gemacht wurden, werden von den Organen der letzteren nach
Maßgabe der Bestimmungen des genannten Gesetzes und unter der darnach
angeordneten staatlichen Aufsicht verwaltet.
8 33. Für die übrigen Stiftungen dieser Kategorie (§ 31) sind auch in
Zukunft, wie seither, regelmäßig Verwaltungsräthe zu bestellen, welche im
Ramen und aus Auftrag der mit der unmittelbaren Verwaltung betrauten
Behörden die Verwaltungssührung zu besorgen haben.
Die näheren Bestimmungen über die Art und Weise der Zusammensetzung
dieser Verwaltungsräthe und über die denselben einzuräumenden Befugnisse
werden durch Verordnung erlassen werden.
, Vorhandensein der Voraussetzungen des 8 21 Abs. 1 kann
auch für Stiftungen dieser Art, wenn sie ausschließlich dem Vortheile von
Angehörigen einer bestimmten Confession gewidmet sind, von dem Stifter eine
onfestionelle Verwalt» ng angeordnet und zu diesem Ende verfügt werden.

11. November 1869.

Kundgebung, wonach ein freiheitliches inneres Staatsleben Hoch-
dessen ernstes Streben ist.
Es scheint mir aber auch das directe Wahlrecht eine Folge-
rung, eine aufrichtige Interpretation der Verfassung zu sein. Der
§ 7 der Verfassung sagt: „die staatsbürgerlichen Rechte der Ba-
dener sind gleich in jeder Hinsicht." Dieser Satz ist so lange
nicht richtig, als nicht alle Staatsbürger in der gleichen Weise
sich bei der Wahl der Abgeordneten dieses Hauses betheiligen kön-
nen. Desgleichen scheint mir der H 8 das directe Wahlrecht zu
befürworten: dieser sagt: „alle Badner tragen ohne Unterschied
zu allen öffentlichen Lasten bei." Wenn man keinen Unterschied
machen konnte in der Tragung der Lasten, so soll man auch
keinen Unterschied machen in der Bethätigung der bürgerlichen
Rechte.
Ganz besonders aber möchte das directe Wahlrecht befürwor-
tet werden in Hinsicht auf die großen Opfer, die man in der neue-
sten Zeit vom Volke gefordert hat. Ich erinnere an das Contin-
gentgesetz, ich erinnere an die damit verbundenen Steuern und
Abgaben. „Geben ist seliger als Nehmen" hat der Abg. Eckhard
ausgerufen; es scheint mir dieser Grundsatz hier im umgekehrten
Sinne von der Seite in Anspruch genommen werden zu wollen,
welche dem Volke das directe Wahlrecht verweigern will. Das di-
recte Wahlrecht scheint mir auch eine Consequenz zu sein der Vor-
lage für die Gemeindeordnung; es ist hier für die Gemeinden daS
directe Wahlrecht angenommen; wozu denn aber so viele verschie-
dene Wahlsysteme, warum nicht durch alle Wahlen hindurch ein
und dasselbe System?
Dann aber scheint mir das directe Wahlrecht besonders be-
fürwortet zu sein, und darauf hat noch kein Redner aufmerksam
gemacht, durch die große sociale Bewegung. Sie ist vielleicht die
bedeutendste in Europa, und diese Bewegung zurückzudrängen, wird
keiner menschlichen Macht gelingen. Der Arbeiterstand will nicht
blos höhern Lohn, höhere Verwerthung seiner Arbeitskraft, er will
auch eine Erhöhung seiner staatsbürgerlichen Rechte. In einer
Hinsicht sind Sie der socialen Bewegung entgegengekommen, als
Sie nun alle Staatsbürger zur Wahl berechtigen; glauben Sie
aber nicht, daß die Arbeiter damit zufrieden sind, sie werden nicht
ruhen, bis sie auch das directe Wahlrecht sich errungen haben,
daß die Bestellung des mit der Verwaltungsführung betrauten Verwaltungs-
rathes nur aus Angehörigen der betreffenden Consession zu geschehen habe.
0. Ueber die bezüglich einiger besonderen Arten von Stiftungen,
der Familien-, Stipendien- und Aussteuer-Stiftungen den Stiftern
zustehendeu Rechte.
§ 35. Die Gründer von Stiftungen, welche ausschließlich dem Vortheile
von Angehörigen einer oder mehrerer Familien gewidmet sind, können sich
selbst oder einzelnen Mitgliedern dieser Familien das Recht zur Verwaltung
des Stiftungsvermögens vorbehalten. Auch sind sie befugt zu bestimmen,
welchen Zweigen oder Mitgliedern der genußberechtigten Familien das Ver-
waltungsrecht in der Folge im Wege des Erbganges zufallen soll.
In Hinsicht auf die Verleihung der Stiftungsgenüsse haben dieselben die
gleichen Rechte, welche nach ß 36 den Gründern sonstiger nicht auf Familien
beschränkter Stipendien- oder Aussteuerstiftungen eingeräumt sind.
8 36. Bezüglich der Stiftungen zu Stipendien oder Aussteuergaben,
welche nicht ausschließlich sür die Angehörigen bestimmt bezeichneter Familien
gewidmet sind, können die Stifter:
1) sich selbst oder andere Personen die jeweilige Verleihung der Stiftungs-
genüsse Vorbehalten,
oder:
2) verfügen, daß und welchen inländischen Staats-, Kreis oder Gemeinde-
behörden — und bei ausschließlich nur für Studirende der Theologie
gewidmeten Stiftungen auch welchen Kirchenbehörden — an Stelle der
durch Gesetz oder Verordnung berufenen Behörden dieses Recht zu über-
tragen sei.
§ 37. Die nach den vorstehenden Bestimmungen zur Verwaltung von
Familienstistungen oder zur Verleihung von Stistungsgenüssen berufenen Per-
sonen müssen, um diese Rechte wirklich ausüben zu können, volljährig und im
unbeschränkten Besitze der bürgerlichen Rechte sein. Die Verwaltung des Ver-
mögens einer Familienstiftung kann nebstdem nur von solchen Personen über-
nommen werden, welche im Lande selbst ihren Wohnsitz haben.
^",'iDi« Autzübüng der genannten Rechte ist denjenigen zq versagen, welche,
aus einem der in § 20 Abs. 4 bezeichneten Gründe von der Ausnahme in di«
Vorschlagsliste für die Ernennung der Mitglieder des örtlichen Stiftungs«
rathes ausgeschlossen wären.
(Schluß folgt.)
 
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