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^2120.
Donnerstag den 14. October
1869.
Das Treiben des Protestantenvereins.
ix.
L Aus der Pfalz, im Okt. Die Hyänen graben bekannt-
lich Leichname aus und fressen sie, weßhalb sie in der Naturge-
schichte auch unter dem Namen „Todtengräber" figuriren. Das
nämliche Geschäft treibt auch der Protestantenverein, nur nicht im
wilden Afrika, sondern in der culüvirten Pfalz. Doch steht, unse-
res Erachtens, genannte Bestie in Ausübung ihres Erwerbszweiges
auf einem mehr universellen Standpunkt als unsere Vereinstodten-
gräber, die nur katholische Cadaver verzehren, während die Hyäne
auf die Confession keine Rücksicht nimmt. Auch darin unterscheiden
sich beide, daß die Hyäne möglichst frisches Fleisch aussucht, wäh-
rend der Protestantenverein vorzugsweise längst in Gestank und
Verwesung übergegangenen Aesern nachschleicht und auch mit den
letzten Knöchelchen noch ein leckeres Mal hält. Eine solche Aus-
grabung hat der Protestantenverein unter Mithilfe des Heidelber-
ger evangelischen süddeutschen Wochenblattes am 26. v. M., Nr.
40 vorgenommen, und zwar mit einer Leiche, die schon fast 50
Jahre eingescharrt gewesen. Im Jahre 1821, so erzählt das Blatt,
wurde in einem Benediktinerkloster des Städtchens Magilno in
Posen ein irrsinniger Mönch aufgefunden, Ulmanowsky, völlig nackt,
in einer Zelle, aus der den Beamten ein pestilenzialischer Geruch
— Lebenslust für unsere protestantische Hyäne — entgegenkam.
Da der Mönch auch im Irrenhaus, wohin er verbracht wurde,
irrsinnig blieb, so konnte „leider Näheres über das Verfahren
gegen ihn nicht ermittelt werden." Also eine männliche Barbara
Ubryk, beide unheilbar verrückt, beide nackt, beide in stinkenden Zellen,
beide eingesperrt wegen angeblicher Verbrechen u. in verbrecherischer
Absicht — nur bei beiden von Allem dem nichts wahr, als die
Verrücktheit, entstanden aus nicht nachweisbaren Ursachen, laut
amtlicher Bestätigung! Wie bitter muß die Enttäuschung des
Protestantenvereins und der Loge gewesen sein, daß der gewaltige
Strom, der in rauschenden Wogen aus der pestilenzialischen Zelle
der nackten Barbara Ubryk sich über die ganze deutsche Cultur-
welt ergoß, nicht den gesammten Ultramontanismus weggeschwemmt,
und wenigstens alle Klöster mit ihren Insassen beiderlei Geschlechts
elendiglich ersäuft hat! Statt dessen Alles so trübselig im Sand
verlaufen! Und das Unglücksnonnenkloster in Krakau steht noch,
und die verbrecherischen Nonnen gehen mit heiler Haut ein und
aus und werden von den vielen Freunden, die ihnen das Fast-
nachtsdrama erworben, Tausende von Gulden zusammengetragen,
um ihnen das Leben erst recht sorgenfrei zu machen; und das ge-
stürmte Jesuitenkloster steht auch noch, hat statt der eingeworfenen
alten Fenster deren neue bekommen, Alles auf Kosten der Commune
und der geprügelte Jesuit hat Schmerzensgeld und eine neue Kutte
erhalten, Alles aus gemeinen Kosten, und statt der Jesuiten sind
die Stürmer in die Patsche gekommen. Und in Moabit hat der
Berliner Stadtrach alle Schäden freudigen Herzens bezahlt, und
sind die wilden Ultramontanen in Berlin so frech geworden, daß
sie, obgleich nur zu Hunderten, doch Tausende von hochgebildeten
Theilnehmern einer Antiklösterversammlung mit blutigen Köpfen
auseinandergekeilt haben, und eben jetzt eine dritte noch größere
Versammlung zu einer so graußigen Schlägerei hinter einander
gehetzt wurde, daß die ganze Geschichte ein Ende nahm vor dem
Anfang. Wo soll das hinaus? Mit der lebenden Nonne Barbara
Ubryk ist man auf den Sand gerathen, drum nicht nachgelassen
und jetzt an die Mannsklöster, damit auch diese ihr Contingent zu
den Nonnengräueln liefern! Da aber mit frischen Thatsachen nichts
zu machen ist, die an den einfältigen amtlichen Untersuchungen
immer wieder so jämmerlich krepiren, so schaufelt man halbhundert-
jährige Leichen heraus und präparirt sie den nach derartigem
Hautgout hungrigen Haufen. Der arme Protestantenverein! Der
todte Mönch wird nicht mehr ausrichten wie die wüthende Nonne!
Dre lebendige Barbara war ein saftigerer Braten als der schon
vor 50 Jahren abgethane Ulmanowsky — vorausgesetzt, dag er
kerne Logenmythe ist —; wenn erstere einem heißhungrigen Pub-
lrkum so unbarmherzig aus den Zähnen gerissen wurde; wie wird
sich das Monchsscelett auf dem Reff halten können und alle die
tendenziösen Klosterspectakel, wie sie jetzt zu Dutzenden fabricirt
werden. Die protestantischen Massen sind zwar gewöhnt, starke
Dmge von den Katholiken und der katholischen Kirche zu glauben
und lassen sich in dieser Beziehung Ungeheuerliches aufbinden, aber
ein gebranntes Kind fürchtet das Feuer und das so oft gefoppte
und genarrte protestantische Publicum könnte doch einmal stutzig
werden, die aufgebundenen Bären abschütteln und den Bärenführern
das Handwerk verleiden. Lügen haben von jeher kurze Beine ge-
habt; in unserer schnelllebigen Zeit des raschen Verkehrs, der Gleich-
berechtigung der Person und des Wortes laufen sie sich um so
schneller ab, und was am Morgen so stolz and siegesgewiß, so
prächtig aufgeputzt in die Welt hinausgeschwirrt, liegt schon am
Abend zerrissen, zerzaust und entseelt auf dem Blachfeld. — Heute
roth. Morgen todt! Wir glauben, daß die Zeit der Bethörung
des protestantischen Volkes in Beziehung auf katholische Dinge zu
Ende gehl, und ihm allmählig das bessere Verständniß kommt.
Von einem desfallsigen Ereignisse werden wir unfern Lesern näch-
stens berichten.
Das Heidelberger protestantische Wochenblatt meint mit dem
ausgegrabenen Ulmanowsky „einen Beleg mehr für die Nothwendig-
keit der Aufhebung der Klöster" geliefert zu haben. Nun wenn
dem Protestantenverein für die von ihm angestrebte Klösterauf-
hebung keine bessere Belege zu Gebote stehen, als diese erlogenen
Klosterscandale, dann werden ihm Mönche und Nonnen noch lange
als Pfahl im Fleische stecken, vorausgesetzt, daß er nicht selber vor
ihnen das Zeitliche segnet. Aber wir fragen: was gehen die Prote-
stanten und den Protestantenverein die kathol. Klöster überhaupt
an? Die geistlichen Orden, die in den Klöstern zusammenwohnen,
sind Vereine freier Menschen, die freiwillig eingetreten sind und
zu jeder Zeit ohne Gefährde wieder austretsn können, wie eben
Pater Hyazinth in Paris gethan. Jede Klostergemeinde bildet
eine Familie, die sich selbst ihre Gesetze zu geben und nach ihnen
zu leben befugt ist, so lange dadurch keine höheren Gesetze verletzt
werden. Wenn ein Mitglied einer solchen Klostergemeinde das
Unglück hat geisteskrank zu werden, und diese will es keiner öffent-
lichen Irrenanstalt übergeben, sondern selbst verpflegen, wer wird
ihr das verwehren wollen? Wir kennen kein Gesetz, das eine Fa-
milie zwingt ihre geisteskranken Angehörigen dem Jrrenhause zu
übergeben, so lange sie dieselben zu überwachen im Stande ist.
Wenn einer der Redakteure des Heidelberger evangelischen Kirchen-
blattes das Unglück hätte verrückt zu werden, und seine Angehöri-
gen wollten ihn im Hause verpflegen, wen würde das etwas an-
gehen? Und wenn sein Uebel sich derart steigerte, daß er sich die
Kleider vom Leibe risse und allerlei Unflätherei beginge, sodann
nackt im Kothe säße und in pestilenzialischer Luft, was könnte seine
Familie dafür? Und wenn sie ihn in dieser Situation den Blicken
der Neugierigen entzöge und Thüre und Fenster zuhielte, wer
würde das nicht für ganz natürlich und zweckmäßig finden? Und
etwas Anderes hat man bis jetzt weder in der vielgenannten Ubryk
noch bei dem ausgescharrten Ulmanowsky amtlich ausfindig machen
können und wird auch nichts weiter zu Tage gefördert werden.
Ueber was lamentirt denn nun der Protestantenverein? Sind ihm
diese klösterlichen Institute zuwider, weil Stätten christlichen Lebens
und christlicher Thätigkeit? Gut, dann sagen wir: der Protestan-
tenverein ist uns auch zuwider, und zwar aus dem umgekehrten
Grunde. Es fällt uns aber nicht ein den Protestantenverein deß-
wegen zur Verfolgung zu denunciren; er mag sich austurnen, die
Erfahrung wird zeigen, was er werth ist. Wenn wir von Zeit zu
Zeit don seinen Manövern Notiz nehmen, so geschieht das nur um
die Katholiken von der freundlichen Gesinnung des Protestantis-
mus und von dessen Niedergang auf dem Laufenden zu halten.
Will der Protestantenverein leben und das Recht seiner Existenz
beanspruchen, so muß er Andere in Ruhe lassen, die nicht von
Heut und Gestern, sondern von vielhundertjähriger Abstammung
und Bewährung sind und andere Bürgschaft für ein dauerndes
Leben in sich tragen, als sie der Protestantenverein bis jetzt aufzu-
weisen hat. Weiß der Protestantenverein nichts Besseres zu thun
als sich in fremde Händel zu mischen und in anderer Leute Häuser
herumzustänkern, statt seine eigenen Angelegenheiten zu besorgen,
so muß er sichs gefallen lassen, wenn man ihn mit gleicher Münze
ausbczahlt und ihm die Wege gewiesen werden.
Es scheint, als ob der Protestantenverein mit seinen Reise-
predigern, Posaunenpläsern und in der Presse die nämliche Rolle
sich angeeignet habe wie der Pöbel in Krakau und Moabit, wie
die Juden- und Protestantenversammlungen in Wien und Berlin,