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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1869

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Nr. 115-127 (2. Oktober - 30. Oktober)
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und Land.

Preis vierteljährlich 4V kr. ohne
Trägerlohn und Postauffchlug.
Jns.-Geb. 2 kr. die Spaltzeil«.

^2125.

Dienstag den 26. October

I86S.

Resolutionen.
Die in Hardheim am 24. Oct. versammelten bad. Katho-
liken erklären:
1) Wir verwerfen das Bestreben der Großh. Regierung, unser
badisches Land entgegen dem Willen der Bevölkerung dem
preußischen Nordbunde einzuverleiben.
2) Die gegenwärtige Abgeordnetenkammer bringt den wahren
Willen des badischen Volkes nicht zur Geltung. Dies kann
nur geschehen durch eine nach dem Grundsätze des allgemei-
nen Stimmrechts mit direktem und geheimen Verfahren ge-
wählte Vertretung.
3) Das nach preußischem Vorbilde durchgeführte Militärsystem
entzieht dem Volke die besten Arbeitskräfte und untergräbt
den Wohlstand des Landes.
4) Die beabsichtigte Einführung der Zwangscivilehe verletzt die
religiöse Ueberzeugung und das Gewissen des christlichen
Volkes; sie widerspricht nicht minder den Grundsätzen der
Freiheit, als dem Geiste unserer Verfassung.
5) Die Gesetzesvorlage über das Stiftungsvermögen ist eine
Steigerung der bereits begonnenen unerhörten Eingriffe in
den völkerrechtlich gesicherten Bestand der kath. Kirche und
der schlagendste Beweis dafür, daß der gegenwärtigen Regie-
rung keine wohlerworbenen Rechte heilig sind, daß ihr die
angemaßten Befugnisse einer rücksichtslosen Staatsallgewalt
über Alles gehen, und daß solchen Grundsätzen gegenüber
keine rechtsschützende Bestimmung unserer Verfassung, über-
haupt kein Eigenthum mehr sicher ist.
Wir erwarten deßhalb von unseren Vertreten den äußer-
sten Widerstand gegen diese unverantwortliche Verletzung
der unantastbarsten Rechte sowohl der einzelnen Staatsbür-
ger als der Kirche.
6) Schließlich stimmen wir den Abgeordneten der kath. Volks-
partei vollständig bei, wenn dieselben erklären, daß das ge-
genwärtige Ministerium das Vertrauen des bad. Volkes nicht
besitzt. Wir fordern dieselben aus, diesem Ministerium kei-
nen Kreuzer und keinen Soldaten zu bewilligen.
Die Versammlung, über welche wir näher berichten werden,
fand im Freien im großen Hofe statt und war von über 4000
Personen besucht. Voü den Abgeordneten der kathol. Volkspartei

Em Frühstück in Malmaison.
Von H. M. Oe,ttinge.r.

(Fortsetzung.)
Fünf Stunden später begab er sich zur Kaiserin.
„Majestät", sprach er, den Schweiß von der Stirne, wischend, „Ihr Be-
fehl ist exsüllt. Ich eile ngch Walspaison, uw Anstalten zum morgigen Früh-
stück zu treffen."
„Haben Sie auch einen Strauß bekommen?"
„Ja, Majestät!"
„Und wie vlel Papageien ?"
„Dreiundzwanzig."
„Und werden wir daran genug haben? Ich habe alle, meine Hofdamen
eingeladen."
„Ich dachte mir das und habe zur Vorsorge fünf Dutzend Nachtigallen
aufgekauft."
„Fifns Dutzend ? Was kpsten die lieben Thierchen?"
„Das, Stück 2Ü, zusammen 15,000 Franken."
„Ld diön! machen Sie Ihre Sache gut, morgen Vormittag mit dem
Glockenschlage elf bin ich mit meinen Hofdamen in Malmaison. Ach, ich kann
Ihnen nicht sagen, Lqguipierre, wie. sehr ich mich auf dieses Frühstück freue.
Apropos, wir haben doch gsich Flstpungo?".
„Alle^, was Euere Majestät verlangt haben,"
„Nun, denn auf Wiedersehen!"
Laguipierre fuhr, bekleidet von sechs Unterköchen, ohne. Aufschub nach
Malmaison. Bald darauf kam auch die Menagerie aus dem ^uiäin ässplau-
tetz ay,
W andern Morgen, mit dem Glockenschlage elf, fuhr die Kaiserin, be-
gleitet von einem Schwarm von Hofdamen, in den Schloßhof von Malmai-
son ein. ' , ' "
„Zur Feier der, frohen. Siegesnachricht, die gestern eingelaufen ist, habe,
ich beschlossen, Ihnen h^ eine seltene Ueberraschuna zu bereiten", sagte die
Keserin. '.Erfahren Sie nun, meine Damen, daß'Ihrer ein Frühstück harrt,
das Ihre kühnsten Erwartungen übertreffen wird. Sie werden neüe, höchst
interessante Bekanntschaften machen. Wenn es Ihnen gefällig ist, so wollen

waren die Herren Baumstark und Lindau erschienen, während die
Herren Lender und Bissing dringender Berufsgeschäfte
halber Theil zu nehmen abgehalten waren.

Kammerverhandlungen.
* Karlsruhe, 21. Okt. Die heutige Sitzung der II. Kam-
mer war nicht ohne Interesse, die Galerie deßhalb auch ziemlich
stark besetzt. Indessen bewegte sich auf allen Seiten die DiScMsion
in sehr gemäßigten Schranken, wenn es auch an einzelnen piquan-
ten Bemerkungen nicht fehlte.
Zunächst widmete der Präsident dem dahingeschiedenen
Abgeordneten Böhme Worte der Anerkennung wegen seines lang-
jährigen Wirkens in der Ständeversammlung, an deren Schluß
sämmtliche Mitglieder des Hauses sich von ihren Plätzen erhoben.
Verschiedene Abgeordnete legten darauf Petitionen vor, insbe-
sondere mehrere von Wirthen gegen die Vorlage der Negierung, die.
Wirthschaftsverhältniffe betr.
Die Abgg. Näf und Roß Hirt zeigen druckfertige Be-
richte an.
Alsdann erstattet Kölle Bericht über den Schifffahrts-Ver-
trag des Norddeutschen Bundes mit Italien und den Freundschaft--
vertrag mit der Negerrepublik Liberia und verlangt hiefür die Zu-,
stinlmung der Stände, so weit Baden hievon berührt wird.
v. Feder hat nichts gegen derartige Verträge einzuwenden,
wünscht aber, daß die Größh. Negierung bei ähnlichen Fällen
künftig eine Landkarte beilege, dajnit auch die. Mitglieder der
Kammer wüßten, wo Länder wie Liberia lägen. (Heiterkeit.)
Der Abg. Kölle entwickelt hierauf zur Belehrung des Hau-
ses große geschichtliche und geographische Kenntnisse, indem er über
die Republik Liberia eingehende Aufschlüsse ertheilt, wofür ihm der:
Abg. v. Feder seinen Dank ausspricht. (Heiterkeit.)
Lamey bemerkt etwas ärgerlich gegen den Abg. v. Feder,
daß die Republik Liberia allen Denen längst bekannt sei, welche
sich für die Abschaffung des Sclavenhandels interessirten.
Hierauf erfolgt die Discussion über den Bericht des Abg.
Busch über den am 6. Juli d. I. zwischen Baden, dem Nordd.
Bund, Bayern, Württemberg und Hessen abgeschlossenen Vertrag
in Betreff der zukünftigen Behandlung des gemeinschaftlichen be-
wir ohne Aufschub an's Werk gehen; denn ich habe, aufrichtig gesagt, einen
heidnischen Appetit und kann das Frühstück kaum erwarten.".
Die Kaiserin und ihre Damen begaben sich zu Tische. Josephine klingelte
. . . und einen Augenblick später erschienen die zwei ersten Schüsseln. Ein
Page annoncirte:
„Nachtigallen- und Pfauenzungen."
„Sie erstaunen, meine Damen. Sagte ich Ihnen nicht gleich, Sie wür-
den neue interessante Bekanntschaften machen? Kommen Sie, meine Lieben,
und haßen Sie die Güte, sich dabei zu erinnern, daß sowohl diese als alle an-
dere Speisen, welche nachfolgen werden, ausgesuchte Lieblingsgerichte des gro-
ßen Heliogabalus waren."
„Heliogabalus?" wiederholte die jüngste Hofhame. „Der Name kommt
mir bekannt vor. Ich glaube ihn unlängst im Moniteur gelesen zu haben.
War dieser Heliogabalus nicht ein englischer General?"
„Wo denken Sie hin, meine Liebe?" sagte eine altere Hofdame mit einem
Schminkpflästerchen. „Heliogabalus war ein römischer Trauerspieldichter."
„Ich bitte um Entschuldigung, liebe Herzogin", entgegnete Josephine mit
atlasweichem Lächeln, „Heliogabalus hatte die Ehre, Kaiser von Rom zu sein."
„Richtig! richtig!" rief die Herzogin; „mein Gedächtnis! läßt mich dann
und wann im Stiche . . ."
„Essen Sie, meine Damen, sonst wird es kalt."
Die Damen fingen zu kosten an; aber keiner von allen wollten die Spei-
sen recht behagen; auch der Kaiserin schienen sie durchaus nicht zu mun-
den, obgleich sie sich die Miene gab, als ob sie dieselben, Gott weiß wie sehr,
delikat fände!
„Nun, mesne Damen-, fragte Josephine, „schmeckt es Jhnep?^
„Verzeihen Eure Majestät", sagte, die jüngste Hofdame, „wenn ich offen-
herzig bekenne, daß ich aus diesen Speisen nicht klug werden kann."
„Wie soll ich das verstehen, Marquise?"
» „Ich will damit sagen, daß diese Speisen, streng genommen, weder gut
noch schlecht schmecken."
„Der Geschmack, reizende Freundin, ist sehr verschieden."
„Ich finde namentlich die Nachtigallenzungen ganz excellent."
„Ich auch! ich auch!" riefen alle Uebrigen, der Kaiserin zu Liebe, schnit-
ten aber ein Gesicht dabei, als ob sie eine Dosis ColoauinteN hinabgewürgt
hätten.
In demselbeu Augenblick erschienen zwei neue Schüsseln.
(Schluß folgt.)
 
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