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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1869

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Nr. 141-152 (2. Dezember - 30. Dezember)
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M145.

Samstag dm 11. December

Preis vierteljährlich
Trägerlohn und PosLausschlag.
* Jns.-Geb. 2 kr. die Spaltzrlle.

Erscheint wöchentlich dreimal:
Donnerstag und Samstag.

Kammerverhandlungen.
* Karlsruhe, 7. Dec. (Fortsetzung der Debatte über die
Gemeindereform.)
Abg. Mörstadt ist gegen das Dreiklaffensystem aus gleich-
heitlichen Rücksichten.
Abg. Heidenreich erklärt sich mit Eckhard einverstanden.
Renk: Die vorliegende Frage sei von einem allzu doctri-
nären Standpunkt erörtert worden; insbesondere dürfe man die
Gemeinde nicht zunächst als einen politischen Verband betrachten.
Redner hält nicht viel von den zu häufigen Wahlen in den Ge-
meinden.
Kirsner: Er sei in Gemeindefragen früher der Reaction
entgegengetreten, jetzt wirke er gern nach der andern Seite hin
mäßigend. Er sei heute noch nicht mit sich im Reinen, ob das
Dreiklaffensystem das Bessere sei oder nicht. Die Stimmen im
im Volk seien getheilt hierüber. In den reicheren Kreisen sei mehr
Intelligenz als in den ärmeren. Auf beiden Seiten seien vortreff
liche Gründe aufgeführt worden. Redner ist mit einzelnen Wün-
schen Schuster's einverstanden. Die Zahl der Gemeinderäthe sei
im Gesetz zu groß angenommen worden; er kenne eine Gemeinde
mit II Bürgern, — da seien dann 6 Gemeinderäthe, I Bürger-
meister, I Rathschreiber, I Polizeidiener, — wo seien die Bürger?
(Heiterkeit.)
Roder mit Eckhard einverstanden in Betreff des Klaffen-
systems. Redner will die Ausschüsse facultativ haben. Die
Amtsdauer eines octroyirten Bürgermeisters solle nicht 3 Jahre,
sondern nur eines umfassen.
Lender: Ein geistvoller Schriftsteller habe Angesichts der
amerikanischen Zustände gesagt, die Gemeindefreiheit sei die Quelle
der Freiheit für den Staat. Eine Vorlage über Reform der Ge-
meindeordnung sei die populärste. Redner geht den Inhalt des
Commissionsberichts durch und ist einverstanden mit Eckhard's An-
erkennung für dessen Werth. In einem Punkte sei er nicht ein¬

verstanden mit dem Berichterstatter: er halte dieBürger gemeinde
für die Basis der allgemeinen Wohlfahrt, während der Berichter-
statter für die Einwohnergemeinde sich ausspreche. Die ge-
heime Wahl in der Regierungsvorlage habe seinen Beifall. Redner
ist gegen die Ausschüsse, die nicht, wie man annehme, ein Ring
in der großen Kette des Staates seien, sondern eine autonome Ge-
staltung repräsentirten. Auch ist er gegen das Klaffensystem und
erörtert die verschiedenen Aeußerungen der Redner xro und eorrtra.
Er erkenne das Gute im Regierungsentwurf an, aber er halte fest
an dem Grundsatz: tivaeo Oauaos et äoua. tereutes. (Heiterkeit.)
Die Regierung biete und entziehe wieder, was sie geboten, so
bei § II, wo das Inkrafttreten des Gesetzes viel zu weit hinaus-
gezogen sei. Hier heiße es: „Wer schnell gibt, gibt doppelt." Im
Prinzip sei das Dreiklaffensystem verworfen, — es müsse
also ohne Bedenken abgeschafft werden.
Kiefer: Die Gemeindeordnung spiegle stets die jeweilige
Zeitströmung ab, so 1831, wo die hohen polnischen Aufgaben mit
idealem Anflug in die Berathungen über die Gemeindeordnung ge-
kommen seien; so 1851, wo der reactionäre Geist gewaltet habe.
Die Männer von 1831 seien Doctrinäre gewesen, die deßhalb so-
wohl an den reackionärm Ereignissen von 1848, wie an den reac-
tionären von 1851 viel verschuldet hätten. Die sociale Frage sei
für ihn kein Schreckmittel, um mm Census zu greifen, — er ver-
lange breiteste Grundlage für alles Volk und hoffe viel für die Reife
desselben von der Volksschule. Er sei gegen die Geldherrschaft, gegen die
ein Groll in den andern Volkstheilen bestehe. Keine Halbheiten,
— fort mit den reactionären Bestimmungen! Daß der Bürger-
meister aus der gesammten Bürgerschaft hervorgehen solle und in
andern Dingen doch Census beliebt werde, sei incorreet. Das Bild
der Gemeinde als einer Repräsentativform, als einer Parlaments-
nachbildung sei falsch; man könne die Größe des gothischen Domes
anstaunen, aber nicht das Dorfkirchlein damit in Vergleich brin-
gen. Ein geistreicher Engländer habe gesagt, unsere Zeit leide an
der Mittelmäßigkeit; das sei wahr, aber kein Tadel, — eine
mäßige Durchbildung gehe durch alle Schichten, auch durch die

Der schwarze Dämon.
Erzählung aus dem Seemannsleben von L, Henry,
(Alte und Neue Welt.)

(Fortsetzung.)
Ein lebhafter Ausdruck der Beistimmung verkündigte ihren entschlossenen
Willen, den Kampf gegen die Piraten zu wagen. Ich ließ unter dem lauten
Hvrrahrufen meiner Mannschaft die englische Flagge hissen und wir trafen so-
fort alle Vorbereitungen zur Veptheidigung. Ich hatte im Geheimen von Ha-
vanna ein Paar Kanonen und xinen Vorrath an Waffen an Bord bringen
lassen. Von meiner Mannschaft -hatte ein Jeder sein Gewehr mit Bajonet,
ein Paar Pistolen, nebst Säbel, Dolch oder langem Bowiemesser. So bil-
deten wir eine nicht zu verachtende Schaar ppn fünfzehn muthigen Männern.
Ein Kanonenschuß und eine über uns wegfahrende Kugel waren das bün-
dige Signal des Seeräubers, daß wir beilegen sollten. Wir segelten dessen-
ungeachtet weiter, ohne jedoch zu ftuern, um so viel Zeit als möglich zu ge-
winnen und die Feinde glauben zu machen, daß wir in großer Unruhe seien.
Die beiden Kanonen wurden aber auf dem Hinterdeck aufgestellt, mit Kaxtät-
schen fast bis an die Mündung geladen und mit Segeltuch bedeckt. Ein zwei-
ter Schuß vom Schooner ging in unfer Takelwerk und riß ein Segel fort.
Da jedoch der Himmel sich bewölkte und mit Nebel umzog, setzten wir die
Flucht fort, ohne die geringste Hoffnung oder Aussicht, zu entkommen. In
der nächsten Viertelstunde legte sich das Schiff in unfern Wind und begrüßte
uns mit einer vollen Lage, die uns jedoch geringen Schaden zufügte, da die
Kugeln zu hoch gingen.
„Leesegel ein — klar zum Beidrehen!" commandirte ich nun; denn es war
nicht mehr zu entrinnen, wir mußten uns auf die List verlassen. Die Lee-
fegel verschwanden, die Untersetzet wurden gegeif, die Vorderraaen an den Wind,
die Hinterraaen back gebraßt und durch Anluven die Fahrt des Schiffes gehemmt.
Jetzt setzte der Schooner ein großes Boot aus, das sich mit etwa dreißig
bewaffneten Piraten füllte und auf uns zuruderte. Das Boot-kam mit gro-
ßer Geschwindigkeit aufgeschossen, um an Steuerbord anzulegen. Wir hatten
hur jedoch die Fallreepstreppe ausgehäyat. Amos stand dort und musterte
mit blitzenden Augen die Räuber. „Er ist darin", flüsterte er mir zu und ich
gab meinen Leuten einen Wink, sich fertig zu halten.
„Warum habt Ihr Hunde fo spät beigedreht?" schrie dann eine rauhe
Stimme aus dem bis auf dreißig Schritte nahe gekommenen Boote.
«Fever!" commandirte ich. Das Segeltuch flog von den Kanonen weg,
die auf das Boot einen fürchterlichen Kartätschenhagel sanftsten. Ein entsetzliches
Geheul folgte dem mörderischen Gruße.
«Feuer!" rief ich nun abermals und fünfzehn Gewehr- und Pistolenschüsse
krachten auf das Boot nieder und in todtbringender Nähe. Keine Kugel ging fehl.

Noch war jedoch der Sieg für uns sehr zweifelhaft. Zwar hatte unser
wohlgezieltes Feuer die meisten Piraten im Boote theils getddtet, theils kampf-
unfähig gemacht, so daß sie, nachdem die Ueberlebenden uns eine Gewehrsalve
gegeben hatten, die nur Einige von uns leicht verwundete, eiligst zurückruder-
ten. Aber schon ward ein zweites Boot vom Schooner ausgesetzt, zugleich quoll
eine Dampfwolke an dessen Bord auf und unser Schiff empfing eine vofle
Lage. Zwei meiner Mannschaft wurden getödtet.
Nun gab es keine Hoffnung mehr für uns: — der Schooner konnte uns
wehrlos in den Grund bohren. In der That wendete er bereits wieder, um
uns eine zweite Lage zu geben.
Aber was bedeutet das? Die Piratenhoote kehren wieder zum Schooner
zurück, die Bewaffneten steigen eilig an Bord und die Kanonen schweigen, statt
uns einen neuen Todesgruß zu senden.
„Segel voraus!" meldete plötzlich der Ausguck unsers Schiffes. Meine
Blicke richteten sich nach der angezeigten Richtung — ein allem Anschein nach
großes Fahrzeug lief uns gerade entgegen. In der Hitze des Kampfes hqtten
wir und die Piraden es Anfangs nicht bemerkt. Jetzt suchte der „Dämon" zu
entschlüpfen.
Rasch ließ ich unsere beiden Kanonen mit doppelter Ladung versehen, ich
selbst richtete eines der Geschütze, an dem andern stand Amos, mit düster
glühenden Augen auf den fliehenden Schooner starrend.
„Jn's Takelwerk?" fragte er mit heiserer Stimme.
Ich nickte beistimmend. Der Pirat war schon fast außer Schußweite.
Gelang es uns jetzt nicht, durch einen glücklichen Schuß sein Segelwerk zu
perkrüppeln, so entrann er, denn das fremde Schiff war noch zu weit ent-
fernt.
„Feuer!" commandirte ich. Ein doppelter Knall antwortete — eine Se-
cunde peinlicher Spannung trat ein. Da — unbeschreiblicher Jubel unserer
Leute — das Obertheil des Hauptmastes des Schooners stürzte über Bord.
Obwohl nun die Segelsähigkeit des „Dämon" gemindert war, so setzte er doch
Alles daran, zu entwischen. Wir fuhren fort, zu feuern, obwohl wir wußten,
daß er aus dem Bereich unserer Geschütze gelangt war. Es geschah das, um
das fremde Schiff zu alarmiren.
Unterdessen hatte dies offenbar ein Stück an das fliehende Piradenschiff
gewonnen. Schnell wuchs sein Rumpf aus dem Wasser. Hurrah! Es war
„der Blitz." T>ie Fregatte hatte alle ihre Segel auf, sie jagte bereits das
Piratenschiff.
Jetzt — jetzt flammte ein Blitz in der Bugpforde der Fregatte auf, der
Donner eines schweren Geschützes rollte majestätisch zu uns herüber.
„Ah! der Capitän beginnt mit dem Piraten die Unterhaltung", lachte
O'Bren, der Seecadett.
Mieder blitzte es an Bord der Fregatte und eine zweiunddreißigpfündcr
Vollkugel sauste in das Takelwerk des Schooners und nahm dessen Fockmast
mit ferner gauzen Segelpyramide mit über Boxd.
Das Piratenschiff lag da wie ein Wrack. (Schluß folgt.)
 
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