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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1869

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Nr. 38-50 (1. April - 29. April)
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Erscheint wöchentlich dreimal: Dienstag,
Donnerstag und Samstag.





Preis vierteljährlich 40 kr. ohne
Trägerlohn und Postaufschlag.
Jns.-Geb. 2 kr. die Spaltzeile.


Anfrage an Se. Exc. Jolly.
Wie lange noch wird ein Schmähblatt, die Heidelberger Ztg.,
das sich erfrecht hat, die katholischen Geistlichen „ schwarz angestr i-
chene Bauernbursche" und neuestens „schwarzangestrichene
Buden" zu schimpfen, als amtliches Verkündigungsblatt des Kreises
Heidelberg sortbestehen? _
Herrn Adolph Emmerling!
In ebenso unwissender als arroganter Weise suchen
Sie in der Nummer 96 Ihres Amts- und Kreisverkündigungs-
blattes aus's Neue, über katholische Glaubenslehren abzuur-
theilen und die Handlungen des Papstes höhnisch zu machen. Es
darf Ihnen aber nicht gelingen, durch Verdrehungen und
Entstellungen Ihren Rückzug zu verdecken!
Ich halte Ihnen deßhalb wiederum vor: Sie haben den
Unsinn behauptet, der Papst habe einen Ablaß verkündet für
Sünden, die in den nächsten 7 Jahren begangen werden. Ich
freue rnrch, daß heute schon Sie sich schämen müssen, denselben
zu wiederholen.
Ich erklärte Ihnen, Sic müßten wissen, ehe Sie über kathol.
Einrichtungen spotten wollen, daß der Papst für Sünden keinen
Ablaß hat, weder für vergangene noch am allerwenigsten für zu
künftige. Und nun, Herr Emmerling, führen Sie gar den Papst
selbst gegen mich iu's Gefecht. Es soll Ihnen schlecht be-
kommen !
Vorerst die Frage: Was ist ein Ablaß?
„Ein Ablaß ist eine Nachlassung der zeitlichen Sünden-
strafen, welche uns die Kirche außerhalb des Bustsacramen-
tes ertheilt."
So lehrt unsre Kirche, der Papst, die Bischöfe, so lehrt es
jeder katholische Geistliche in all' unsren katholischen Schulen aus
dem Katechismus Seite 87, so glauben es die Katholiken. —
Hr. Emmerling, Sie sind ein unwissender Mensch in kathol.
Glaubenssachen, wenn Sie der Meinung sind, in der katholischen
Kirche könnte ein Ablaß für Sünden gegeben werden!
Aber der Papst? Hr. Emmerling, „Wuth macht blind",
ist ein altes Sprichwort! In Ihrer Ablaßverkündigung des Papstes
haben Sie Vieles übersehen, ich will gerne zugeben, als Ignorant
in solchen Dingen — übersehen, was ich als Katholik nicht über-
sehe ! Sie drucken ja ganz gemächlich ab, daß der Papst verlangt,
daß wer den von ihm gespendeten Ablaß erlangen will, vorher
seine Sünden beichten must!
Herr Emmerling, wenn Sie als Protestant sich erlauben wol-
len, über kathol. Glaubenslehren öffentlich zu belehren, müssen
Sie wissen, daß die Katholiken Vergebung ihrer Sün-
den nur im Bußsacramente erlangen.
Wären Sie nicht vollständig Ignorant in katholischen Dingen,
so hätten Sie den gesperrt gedruckten Satz, wornach der Papst
„mit dem Gegenwärtigen vollkommenen Nachlaß
und Ablaß all' ihrer S ünd e n" ertheile, sich doppelt überlegt.
Wenn der Papst verlangt, die Sünden müssen zuerst durch
die Beichte vergeben werden, ehe man den Ablaß erlangen kann,
so müssen diese Worte einen andren Sinn haben, als den von
Ihnen hinein gelegten! Und so ist es auch!
Jedenfalls hat der Papst den Erlaß in latei nischer Sprache
verkündet! Zufällig — ohne daß Sie es wissen, sie hätten das
Gute sonst nicht so weit geholt — es liegt ja so nahe — publi-
cirt das Anzeigeblatt für die Erzdiöcese Freiburg Nco. 5 vom 7.
April den päpstlichen Ablaß in lateinischer Sprache, oorr
heißt §s. „bllenArisw owrüura peeeatoi'um suorum irlstutAsrNiam et
remissiollem^ und nebenan sagt den Katholiken die deutsche
Uebersetzung officiell: „verleihen wir allen Gläubigen (welche wahr-
haft reumüthig beichten und communiciren und die übrigen Be-
dingungen erfüllen) einen vollkommenen Ablaß"!
Wenn Sie, Herr Emmerling, sich etwa auf den Ausdruck
peeeatoruva" berufen wollten, so würde dies nur um so mehr
Ihre Unfähigkeit, in tsteoIoAiais mitzusprechen, beweisen, indem Sie
wissen müßten, daß, wie aus sämmtlichen hieher bezüglichen päpst-
lichen L-chriftstücken zu ersehen ist, es von jeher wegen des
innigen, ursächlichen Zusammenhangs zwischenSünde
und Strafe kirchlicher Sprachgebrauch war, beide Be¬

griffe mit demselben Worte zu bezeichnen, gerade wie dies
die hl. Schrift selber schon im alten Testamente, besonders im 2.
Buche der Maccabäer thut.
Für diese Behauptung finde ich einen trefflichen Beleg auch noch
in Wilmers „Lehrbuch der Religion" (Bd. 4, S. 553, II. Aust.),
ein Buch, welches schon im I. 1856 u. nicht erst gestern verfaßt ist:
„Durchaus unrichtig ist die Behauptung, die katholische Kirche
ertheile schon für zukünftige Sünden Ablaß! Nie ist es ihr
in den Sinn gekommen, irgendwie eine Sünde vergeben zu wollen,
die man nicht bereuet hätte; daß aber Jemand etwas,
das er nicht begangen hat, auch nicht bereuen könn e,
ist doch allzu klar. Ja nicht einmal für die begangenen Sünden,
sondern nur für die nach Tilgung derselben noch fortbestehenden
Strafen will sie Ablaß ertheilen; bedient sie sichzuweilen bei Er-
theilung von Ablässen des Ausdruckes Sünde, so ist hier, wie an
so vielen andern Stellen und in der heiligen Schrift selbst, das
Wort in der Bedeutung von Sündenstrafe zu nehmen. Fänden
sich Ablässe ertheilt fürchte Schuld und die Strafe, so wäre, was
von Verzeihung der Schuld oder der Sünde gesagt wird, auf das
Bußsacrament zu beziehen, und dadurch etwa auf eine ausgedehn-
tere Vollmacht rücksichtlich einzelner Fälle hingedeutet."
So Hr. Emmerling ist die katholische Lehre in dieser Frage,
so ist die Ansicht der Katholiken! An Worte anzuklammern genügt
nicht und vorerst ist wohl jedem denkenden Manne Folgendes klar
geworden:
1) Den Unsinn, den Sie ihrem Leserkreise vorsührtsn, der
Papst habe zukünftige Sünden im Voraus vergeben,
wagen Sie gar nicht mehr zu erwähnen.
2) Kein Katholik glaubt, daß der Papst einen Ablaß für
Sünden hat.
3) Jeder Katholik weiß, daß Vergebung der Sünden nur durch
eine aufrichtige Reue und Beichte erlangt werden kann.
4) Der Ablaß ist etwas ganz anderes als Vergebung der
Sünden.
5) Hr. Emmerling erlaubt sich ohne Kenntniß kath. Glau-
benslehren, ohne Kenntniß kirchl. Sprachge-
bräuche über kathol. Dinge Urtheile zu füllen, die als
Arroganz zu bezeichnen sind.
6) Eine Belehrung in kathol. Dingen durch Hrn. Emmerling
weisen die Katholiken jederzeit zurück.
7) Hr. Emmerling wird im Interesse wahrer Aufklä-
rung von jetzt ab scharf auf's Korn zu nehmen sein.
Es trägt nicht zur Erhaltung des consessionellen Friedens
bei, wenn ein „Nicht Katholik" seine Unwissenheit so
weit treibt, die Katholiken in ihren religiösen Ansichten
zu verhöhnen.
Soviel zur Sache!
Was Ihre Person betrifft, Hr. Emmerling, so kann ich mich
im Hinblicke auf Ihre Erwiderung kurz fassen.
Ihre „Bildung" bestätigen Sie neuerdings durch den Ausdruck
„schwarz angestrichene Buben". Es wird hierauf, wie auf die be-
hauptete „perfide Lüge" eine officielle Zurückweisung von der Seite,
an die sie gerichtet ist, nicht ausbleiben!
Nur das seien Sie überzeugt: So lange es „Buben" gibt,
welche mit der größten Unwissenheit die Anmaßung verbin-
den, ihre Mitbürger in ihren heiligsten religiösen Gefühlen zu be-
leidigen, — so lange werden sich auch stets „Männer" finden diese
„Buben" zu züchtigen.
Heidelberg, 26. April 1869.
Jakob Lindau.
:: Constanzer Zustände.
Die Landesschulkrankheit tritt vielleicht kaum irgend-
wo so grell hervor wre in der badischen Seestadt. Welchen
Verlauf die Schulzustände in dieser Stadt genommen haben, soll
in gegenwärtigem Capitel etwas eingehend beleuchtet werden.
Als im Jahr 1864 im Herbst die Ortsschulrathswahl stattfand,
brachten die Schultitanen trotz aller Kraftanstrengung blos 220 Wäh-
ler zur Urne. Wir selbst sahen eine Schaar Eiseubahnbediensteter,
den Wahlzettel in der Hand, unter Bedeckung aufmarschiren. Da-
gegen betheiligten sich 266 Bürger an den Adressen gegen
die Schulreform, welche von einer 5 Mann starken Dsputm
 
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