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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1869

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Nr. 75-88 (1. Juli - 31. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43880#0305

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Jns.-Geb. 2 !r. dre Lpaltzelle.


.N 77. Dienstag

Constitutionelle Zustände.
In Billigheim, A. Mosbach, wurde die Unterzeichnung
"der Jolly-Adreffe auf folgende Weise betrieben: Der Polizeidiener
ging mit einer Liste, auf der eine Anzahl Bürger, meist abhängige
Leute — ausgezeichnet waren, von Haus zu Haus und forderte
dieselben zum sofortigen Erscheinen auf dem Rathhaus auf. Fast
keiner wußte, was er dort zu schaffen habe — der Polizeidiener
selber nicht —. Da wurden denn Einige gefragt, ob sie Krieg
oder Frieden wollten; wenn letzteres, so sollten sie da unterschrei-
ben; Andern stellte man diese und jene Arbeit in Aussicht, unter
— wenn auch nur stillschweigenden — Bedingung des Unter-
schreibens. Das Schönste ist, daß wenigstens Einer damit gefan-
gen wurde, daß man ihm Vormächte, die Geistlichen wollten das frühere
Zehniwesen wieder zurückrusen u. die Edelleute (die hiesige Standes-
hsrrschaft Leitungen gemeint) ihre alten Rechte — Leibeigenschaft
vielleicht? 0 Skmota siwxlioitu.d! Und nun hat man die Un—Vor-
sichtigkeit s. Z. im Odenwälder Boten auszuposaunen, wie freudig
die hiesigen Bürger beim Bekanntwerdm (!) der Adresse auf's Rath-
haus geeilt wären, um zu unterzeichnen und wurden diese Bürger
wegen ihres Strebens nach Freiheit andern als Muster hin-
gestellt.
(Wir müssen es dem Herrn Einsender überlassen, für ein so
unerhörtes Verfahren mit seinem Namen entstehen zu wollen. Dis
Redaktion.)
In Asbach boi Aglasterhausen wurde die Jolly-Adresse durch
den Gemeindediener in alle protestantischen Häuser (in kein kathol.)
getragen, um dieselbe unterschreiben zu lassen. Diejenigen Bürger,
und selbst junge Leute von 20 Jahren an, welche nicht zu Hause
angetroffen wurden, rief der dortige Rathschreiber bei ihrem Vor-
beigehen oder Fahren auf das Rathhaus, um sie da unterschreiben
zu lassen, natürlich mit Gutheißung oder aui Befehl des Bür-
germeisters.
Bescheidene Anfrage: Gehört dieses Verfahren zum Amt eines
badischen Bürgermeisters, schreibt solches sein Dienst vor und werden
Bürgermeister, Rathschreiber und Polizeidiener hiefür von der Ge-
meinde bezahlt?
Einer, der es gern wissen möchte.

den 6. Juli
1869.
Katholische Volkspartei.
Weitere Adressen an S. Kgl. Hoheit den Großherzog mit der
dringenden Bitte um Kammerauflösung sind abgegangen:
Von Schwarzach von
52 Lllaatsbürgern.
„ Gressern
107
„ Leiberstung
42
„ Hildmannsseld
27
„ Weingarten
124
„ Achern
43
„ Wehr
307
„ Ettlingenweier
80
,,
„ Pfaffenweiler
156
„ Görwihl
75
„ Notzingen
68
,,
„ Hartschwand
50
„ Strittmütt
43
„ Engelschwand
20
,,
„ Griesheim, A. Staufen
100
„ Reichenau u. Niederzell
93
„ Limpach, A. Ueberlmgen
28
„ Gailingen
158
„ Winseln, A. Schopfheim
100
„ Lohrbach
60
,, Fehrenbach
65
,,
„ Satteldach
50
„ Sandhosen
98
„ Grünsfeld
166
„ GrünSfeldhamen
26
„ Paimar
42
„ Urnau
36
,,
Uebertrag von letzter Nummer
UeberLrag:
55,046
57,262 Staatsbürger.

(0 Düs m GfferBMH.

Herr Salmenwirth, bring' er uns Wein,
Richt' er bas Allerbest' !
Wir feiern heute im Verein
Hier das Versöhnungsfest.
Was dachten wir nur vorig's Jahr
Bei jener Nergelei?
Nur Dummheit war, glaubt mir auf's Haar,
Die Offenburgerei!
Der National- und Liberal,
(Wir thun's dem Erdball kund)
Mit Pauken- und Trompetenschall
Schließt hier auf's Neu den Bund.
Der Meister mög' uns gnädig sein;
Wir nah'n ihm voller Scheu!
Drum Pereat hier im Verein
Der Offenburgerei.
Du Sonne, die in Kaclsruh' scheint,
(Ihr Licht kommt aus Berlin)
Es war vor'm Jahr nicht bös gemeint,
Nimm uns're Sünden hm.
Wir büßen jetzt in Asch und Sack,
Und machen Leid und Reu;
Verlassen auch mit Sack und Pack
Die Offenburgerei.
Drum nimm uns ;etzr in Gnaden an,
Wend' nicht dein Angesicht.
Vergiß, was wir dir angethan.
Wir aberlegten's nicht.
Wir wollen nicht geheime Wahl,
Und bleiben auch dir treu.
Vergib uns nur von dazumal
Die Offenburgerei.

Die Gegner, die dich jetzt bedräu'n.
Wie sind sie siegbewußt,
Den' zeigen wir jetzt im Verein
Zum offnen Kampf die Brust.
Verpreußung Badens, hoch! auf's Neu
Sei unser Feldgeschrei.
Ein schallend Hoch heut Allen bei
Der Offenburgerei.

(j §Zu was die Blattern gut sind.) In dem Orte K. des Amts -
bezirks B. sollte ein Mann gepfändet werden. Was thut er in der Noth?
Er geht Nachts an das Haus eines Blatternkranten, nimmt das bezirksärztlrche
Plakat fort und heftet es an seins Hausthüre. Als Morgens der Diener der
Gerechtigkeit anklopfen will, fallen ihm die schrecklichen Worte in's Auge:
Hier herrschen die Blattern. Ümkehren und Reißausnehmen war Eins. Wie
lange indessen das Mittel, sich „mit fremden Federn zu schmücken" vorhalten
wird, kann sich der Pseudoblatterntranke wohl am besten vorstellen.

(Mangel an Orthographie alsHelferin in der Noth.j
Ein Jügdler, der zugleich ein abgesagter Feind aller Hundstaxen ist, wird von
einem zudringlichen Steuermenschen vertraulich erinnert, seinen Hund zu ver-
taxen. Schon „verdachst"! war die barsche Antwort des weisen Nimrod, der
einige Tage zuvor seinen Hühnerhund an einen dachssüßigen Waidmann ver-
handelt hatte.
(Anton v. Leis.) Am 20. Mai d. I. starb in Hopfgarten (Tyrol) als
pensionirter k. k. Jägerhauptmann der 92jährige Veteran Anton v. Leis zu
Paschlach. Mit ihm ist ein ächter Tyroler zu Grabe gegangen; ein fabelhafter
) Schütze, eine Lurch und durch kräftige und gesunde Natur, welche dem Vater-
land mit Leib und Seele ergeben. Geboren im Jahre 1777 zu Niederrahen,
hatte v. Leis schon in den neunziger Jahren als Student im Veltlin gekämpft,
dann feine Studien in Graz fortgesetzt, war jedoch bald genug wieder in die
kaiserliche Armee eingetreten. Jur Jahre 1804 war er 'Oberlieutenant, im
Jahre 1805 bestand er gegen die Bayern ein heftiges Gefecht bei Kiefersfelden
und zog dann nach dem unglücklichen Ausgong des Krieges mit den Oester-
reichern ab. Im Jahre 1809 warb v. Leis die berühmten Schützsncompagnieen
aus dem Unter - und Oberpufterthal und nahm mir denselben einen hervorra-
genden Anthei! an dem denkwürdigen Befreiungskampf. Er zeichnete sich be-
sonders aus in der Schlacht am Berge Jsel und Oer Haller Brücke. Im Jahre
1813 wurde er bayerischer Schloßhauptmann in Sal-burg; im Jahre I8!ll,
als Tyrol wieder österreichisch wurde, kam er als Lmuptnw.nn zu den Tyroler
Jägern, was er auch bis zu seiner Pensionirung blieb.
 
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