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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1869

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Nr. 38-50 (1. April - 29. April)
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und Lund.

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Trägerlohn und Postaufschlag.
Jns.-Geb. 2 kr. die Spaltzeile.

«N 45. Samstag

Anfrage.
Das amtliche Verkündigungsblatt in hiesiger Stadt, die im
Verlag von Emmerling erscheinend? Heidelberger Zeitung, schimpft
in einem die Universitätsstudien der katholischen Geistlichen behan-
delnden Artikel ihres gestrigen Blattes die jungen Pfarrverweser und
Kapläne unseres Landes „schwarz angestrichene Bauernbursche."
Wir wollen wegen dieser Rohheit und Unverschämtheit gegen einen
ganzen Stand von gebildeten Männern nicht mit dem Herausgeber
Emmerling uns befassen, da von dem Manne dergleichen Dinge
nicht anders erwartet werden können, aber die Regierung wol-
len wir fragen, ob sie in den ihr unbedingt zur Verfügung stehen-
den Organen derartige Ungezogenheiten hingehen läßt oder ob es
nicht vielmehr ihre Pflicht wäre, ihre Verkündigungen einem an-
deren Blatte (z. B. Heidelberger Journal) zuzuwenden, wo solche
Brutalitäten nicht vorzukommen pflegen? Wir glauben nicht, daß
die Regierung derartige Vorkommnisse in ihrem eigenen Interesse
erachten kann.
Ein kath. Priester, der, wenn nöthig,
mit seinem Namen hervortreten wird.
15. April 1869.

Katholikenversammlung in Ochsenfurt.
(Beob. am Main.)
Gestern halb 4 Uhr kam ich in das freundliche Städtchen.
Alles prangte in solch festlichem Schmucke schwarz roth-gold, blau-
weiß, und das päpstliche weiß-gelb — wie ich mich nicht zu ent-
sinnen vermag, je in demselben Grade gesehen zu haben.
Um die Festtribüne am Mainufer mögen c. 4000 kathol. Män-
ner versammelt gewesen sein, ein großer Theil derselben war an
seinen silbernen Knöpfen als Bewohner der Ortschaften des Gau's
zu erkennen. Als ich kam, hatte der Vorsitzende Graf Edgar Er-
bach-Fürstenau die Versammlung schon eröffnet und, wie ich von
andern Zuhörer später erfuhr, über die Bedeutung des heutigen
Festtages, also über Pius IX. gesprochen. Er soll durch seine zün-
denden Worte die Versammlung sehr electrisirt haben. Nach ihm
sprach Notariatspraktikant Roß in sehr gelungener Weise über das
Concil. Der erste Redner, den ich selbst hörte, war der Vorsteher
Englert aus Randersacker, berühmt durch seine Charakterfestigkeit,
durch die er in den Zollparlamentswahlen die Kniffe und Prak-
tiken der Liberalen zu Schanden machte. Er redete über den
Charakter unserer Zeit, der es nöthig mache, daß Jeder seine po-
litischen Rechte ausübe, um besonders das „Gesttzemachen" nicht den
Feinden der Religion und des Vaterlandes zu überlassen. Herr
Oekonom Wild aus Heidingsfeld behandelte in mebr humoristischer
Weise die Feiertagsfrage. Er zeigte die Nichtigkeit der Gründe,
mit denen man gegen die Feiertage losgehe. Ein Theil der Feier-
tage, wie Stephanus, 3 König, Maria Empf., Lichtmeß fallen in
den Winter, wo der Landmann nicht arbeiten könne — (ja wenn
die Feiertagsstürmer uns das Eis und den Frost von den Feldern
nehmen, Sommerwärme beischaffen könnten rc.) — aber die Som-
merseiertage ? Peter Paul, Johannes, Maria Himmelfahrt. —
Smd wir Bauern, sagt Redner, wegen dieser Feiertage etwa verarmt
oder etwa nicht mit unserer Arbeit fertig geworden und wenn's
Notharbeit ist, wird uns das Arbeiten nicht jedesmal von der Kirche
gestattet?! In schlagender Weise zeigte er sodann, wie von Feiertags -
und Sonntagsarbeit lediglich die reichen Fabrikanten, nicht die
Arbeiter einen Profit haben. Und soll denn Alles blos auf Profit,
auf materiellen Vortheil abgesehen sein? Soll die Religion gar
kernen Werth mehr haben? Wir Bauersleut' lassen den liberalen
Herrn in der Stadt ihre Theater, Concerte, Bälle, blaue Mon-
tage rc. — aber man lasse uns Bauern zur Erholung und zum
Ausruhen — unsere Feiertage. — Es ist lächerlich wegen acht
Feiertage ein ganzes nach Millionen zählendes Volk schikaniren zu
wollen! °
Herr Rechtscandidat Wolfenstetter aus Würzburg besprach
wohl einen der wichtigsten Gegenstände unserer Zeit — die Presse.
Er schilderte deren Macht auf die Gesinnungen der Menschen, auf
die sog. öffentl. Meinung und sagte dann: Wollen Sie, daß der
öffentl. Geist ein guter sei, dann sorgen Sie für eine gute Presse.

den 17. April 1869.


Gut sei die Presse zu nennen nicht etwa schon dann, wenn sie
die Tagesneuigkeiten bald bringe, sondern dazu gehöre mehr. Näm-
lich dies, daß sie die höchsten Güter des Menschen nicht angreife,
in Mißcredit zu bringen suche, sondern daß sie diese Güter vertei-
dige. Die Güter der Menschheit sind aber: Religion, Sitte (Moral)
Vqterland und Freiheit!
Daß bei einem Blicke auf die vorhandene Presse nur wenige
Zeitungen als gute empfohlen werden könnten, kann sich jeder den-
ken, der weiß, mit welcher verstockten Raffinirtheit die meisten Zei-
tungen religiöse Anschauungen untergraben.
Es geschieht dies zwar gewöhnlich nicht so offen. Häufig
blos durch kurze nicht mißzuverstehende Ausrufungen und dgl. —
Nehmen Sie ein solches Blatt in's Haus auf, was geschieht?
gutta eavat laxiäeln: (ein Tropfen höhlt einen Stein aus durch
öfteres Fallen.) Anfangs findet man es unbegreiflich, wie man
diese und jene Anschauung angreisen — oder dies und jenes be-
haupten kann, später gewöhnt man sich daran und findet dieselben
dann natürlich nicht mehr so sonderbar. Lies Jahr und Tag diese
Zeitung und du bist um das gekommen, was du von Jugend auf
heilig gehalten und was du als das beste Erbe deinen Nachkom-
men hättest weiter überliefern sollen. Du bist, ehe du es merkst,
deiner religiösen Gesinnung entfremdet, du bist hinsichtlich der re-
ligiösen Grundsätze und des religiösen Handelns ruinirt.
Bezüglich der Sitte erwähnte der Redner, daß man hier nicht
offen vorgehe; — denn das Böse müsse in anständiger Form ge-
tragen werden, weil es sonst abstoße. Die schlechte Presse spricht
nicht selten sehr viel von Moral, während sie die öffentlichen Zu-
stände nicht nach den Grundsätzen der Moral beurtheilt und na-
mentlich durch die Unterhaltungslektüre Leidenschaften in der Brust
der Jugend erwecke, welche so schädlich auf unser sittliches Leben
wirken.
Das Vaterland wird von der schlechten Presse immer in den
Vordergrund geschoben; sie habe aber einen ganz eigenen Patrio-
tismus. Sie spricht von Freiheit; diese Freiheit besteht aber im
Bedrücken jeder anderen Meinung, damit die eigene Meinung nur
allein sich breitmache.
Der Redner fragt sich, wie weit ist denn die schlechte Presse
verbreitet? Diese Frage beantwortet er sich also: Die schlechte
Presse kann die Hand aus den Erdglobus legen und sagen: Du
gehörst mir.
Wie ist das gekommen? Die Guten haben geschlafen,
und als sie aufwachten, war das ganze Feld mit Unkraut über-
wachsen.
Was zu thun? Natürlich nicht mehr schlafen, sondern mit der
schlechten Presse energisch brechen.
Wie ich nicht eine gesundheitsschädliche Nahrung öfters kaufe,
sondern an dem einmaligen Kaufe genug habe, also auch mit die-
ser geistigen Vergiftung der Presse. Die Blätter sind Hausfreunde,
aber Hausfreunden, die nur das Verderben in das Haus tragen,
werde ich die Thüre weisen.
Man setze an die Stelle der schlechten Presse die gute Presse;
— es ist das die heiligste Pflicht, Naturgebot, für die größten
Güter des Menschen durch das in unserer Zeit so wirksame Mittel
der Presse zu kämpfen. —
Herr Lindau aus Heidelberg wurde bei seinem Erscheinen
mit enthusiastischen Hochs begrüßt. Er dankte für diesen Zuruf,
weil er ihm ein Beweis ist, daß man in Bayern sich um oie Schick-
sale der Katholiken Badens bekümmert. In Baden habe man gar
ost aus Bayern geblickt, und sich gefragt, ob es sich denn in dem
schönen kathol. Bayernland nicht bald rege?
In Baden steht man in der Mitte des Kampfes — in Bayern
beginnt der Kampf. Er weist dann auf die Vergangenheit und
Gegenwart Badens hin, daraus werde man erkennen, daß, soll
in Bayern die Zukunft eine bessere werden, dieselben Unterlassun-
gen und Fehler zu meiden sinv, welche Baden diesen Zustand ge-
bracht haben.
Brs 1860 Ruhe und Frieden im Lande. Es kam dann eine
Partei an's Ruder, welche diesen Frieden störte. Man lebt jetzt
in erbittertem Kampfe. Anfangs zeigte man den Bocksfuß nicht
vollständig, man ging, in dem Schulstreile besonders, Schritt für
Schritt. Man machte zuerst die Oberschulbehörde confesftonslos.
Das Vock protestiere, aber man fragte nicht mehr nach den Eltern,
 
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