Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1869

DOI Kapitel:
Nr. 63-74 (3. Juni - 29. Juni)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43880#0273

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

für MM

Erscheint wöchentlich dreimal: Dienstag.
Donnerstag und Samstag.

Preis vierteljährlich 40 kr. ohne
NÄHlI. Trägerlohn und Postaufschlag.
Jns.-Geb. 2 kr. die Spaltzeile.



.W. 69.

Donnerstag den 17. Juni

1869.

163

58
85
41
127
135
275
27
23
33
36
82
46
, .>155
Stadelhofen (A. Oberr.) 92
123
212
112
51
130
86

Constitutionelle Zustände.
In Assamstadt schickt der Herr Bürgermeister die mit 275
Unterschriften bedeckte Adresse weder ab, noch gibt er sie
heraus, während er dieselbe thätig unterstützte. Anlaß zu die-
ser auffallenden Zurückhaltung soll ihm eine Aeußerung des Hrn.
Oberamtmann Offner in Boxberg gegeben haben, daß die Solda-
ten, welche in Urlaub sind, durch die Unterschriften einberufen
werden könnten. Einstweilen haben wir die Adresse mit 275
Unterschriften zu den abgesendeten einregistriren lassen und die
Bürger von Assamstadt werden damit wohl einverstanden sein.
Indessen dürfte es geboten erscheinen, wenn eine Anzahl Bürger
energisch die Absendung verlangen.
Was das System Jolly unter „freier Bewegung auf allen Ge-
bieten des öffentlichen Lebens" versteht und wie es getrieben wird,
den Staatsbürgern ihre constitutionellen Rechte zu verkümmern,
beweist folgender Erlaß:
„Steuerauffeher N. N. wird angewiesen, den Erhebern seines
Bezirks gegen Bescheinigung hierauf zu eröffnen, daß ich erwarte,
daß sie sich jeder Betheiligung an der gegen das bestehende Mini-
sterium gerichteten Agitation zu Gunsten des allgemeinen
u. direkten Wahlrechtes und der Auflösung der der-
maligen Ständekammer, namentlich auch aller Aeußerungen
enthalten, welche auch nur entfernt in regierungsfeindlichem Sinne
gedeutet werden könnten, indem sie sonst ernstliches Ein-
schreiten zu gewärtigen hätten.
Gegenwärtiges ist mir nach erfolgter Eröffnung wieder vor-
zulegen.
' N. N. den 24. Mai 1869.
Großh. Oberzoll-Jnspection.
N. N."
Wenn die „Großh. Oberzoll-Jnspection" erwartet, daß der
Bürger sich auf solche Weise einfchüchtern lasse, so erwarten wir,
daß jeder Bürger im Lande begreift, wie nothwendig es ist auf-
zuwachen und beizutragen, ein solches System des Terrorismus zu
beseitigen.
Das Centralronrite der kath. Volkspartei.

//
//
//
35,766 Staatsbürger.

-7
//
//
//
-7
Uedernag von letzter Nummer 33,304
Uebertrag:

Bühl von 121 Staatsbürgern.
68
130
51

Katholische Volkspartei.
Weitere Adressen an S. Kgl. Hoheit den Großherzog mit der
dringenden Bitte um Kammerauflösuna sind abgeaanaen:
Von Moos, Amt l"" "
Zarten
Thunsel
Norsingen
Vimbuch >
Oberbruch f
Oberweier i
Balzhofen 1
Sölden
Weier bei Offenburg
Siegelau
Munzingen
Oberrimsingen
Assamstadt s. oben
Attenbach
Wilhelmsfeld
Stetten (A. Engen)
Birnau
Großfchönach
Gurtweil
Grafenhausen A.Etterch
Stetten (A. Lörrach)
Sasbach
OLerfasbach
Sasbachried
Mahlberg
Orfch weier


An die Commission des Bürgervereins
in Bruchsal.
x Bruchsal, 13. Juni. Im Aufruf der Kraichgauer Zei-
tung zur heutigen nationalliberalen Versammlung im Saale der
Fortuna dahier ist als Hauptzweck angegeben, „der undeutfchen und
Haß gegen die Regierung predigenden kathol. Volkspartei entgegen-
zutreten."
Wir sehen uns veranlaßt hierauf der unterzeichneten „Com-
mission des Bürgervereins" eine Erwiederung zu geben. Ihr be-
schuldigt die kath. Volkspartei „undeutscher Umtriebe." Ihr sprecht
die Unwahrheit und begeht eine Ungerechtigkeit. Worin besteht
denn eigentlich Euer angebliches Deutschthum? In der Vorliebe
für Großpreußen, wie solches durch „Blut und Eisen" sich seit
Königgrätz mit Ausstoßung von acht Millionen Deutschen gebildet
hat. Darin nun besteht Euere Unredlichkeit, diese Euere großpreußi-
schen Umtriebe für ächt deutsche auszugeben und Jeden „undeutsch"
zu nennen, der anderer Ansicht ist und der das Großherzogthum
Baden der hohenzollernschen Ländergier nicht zum Opfer bringen
will. Ist diese Anstemmung gegen die Verpreußung Badens un-
deutsch?
Die katholische Volkspartei hat kein Vertrauen zu Preußens
Politik als einer die deutsche Nation schützenden. Ist das undeutsch?
O was Ihr für Männer seid! Wo ist eine Erinnerung an das,
was Ihr früher als Ausfluß ächt deutscher Gesinnung in eben
diesem Euerem Organ, in welchem Ihr der katholischen Partei
jetzt undeutsche Gesinnung vorwerft, geschrieben habt? Hört ein-
mal. „Wer kann" — heißt es im Kraichgauboten Nr. 43 vom
12. April 1866 — „von Preußen den Schutz der deut-
schen Nationalität erwarten, das vor nicht viel
Ja hren Schleswig-Holstein an Dänemark auslieferte,
weil es dasselbe nicht für sich behalten durfte? Das-
selbe Schleswig-Holstein, das als erobertes Land und Volk be-
ansprucht wird — ein erobertes Land, das nicht feind war! —
erobert — nicht von einer deutschen Flotte (denn die haben wir
ja nicht!), nicht von einem Normannenheere, nein, von dem con-
stitutionellen Kriegerstaate mit nationalen Waffen"!!
So schriebet Ihr vor Königgrätz und jetzt nachher rufen
wir Euch irtts Gedächtniß: Wer kann von Preußen den Schutz
der deutschen Nationalität erwarten, das vor drei Jahren im
Bunde mit Napoleon, Italien, Garibaldi, Koßuth rc. Deutschland
zertrümmerte, Luxemburg preisgab, weil es dasselbe nicht behalten
durfte und nach den neuesten Enthüllungen mit ebendenselben deut-
schen Erbfeinden durch den „Stoß in's Herz" von Oesterreich auf
neuen Länderraub lauert, um das Haus Hohenzollern zu ver-
größern? All diese Thatsachen existiren für Euch, Nationalliberale,
nicht, die Ihr kriechend vor Bismarcks Politik liegt, eines Mannes,
von dem Ihr ebenfalls anno 1866 am 12. April sagtet, daß durch
seine diplomatischen Kniffe und Verfassungsverlstzungen Preußens
Regierung das Vertrauen verwirkt habe.
Bei solcher Sachlage habt Ihr nirgends einen Anhaltspunkt,
der katholischen Volkspartei „undeutsche Umtriebe" vorzuwerfen,
Ihr, die Ihr jetzt für Preußens die deutsche Nationalität ver-
nichtende Politik Mann für Mann einsteht und Euer lärmendes
Gaukelspiel als Deutschthum bezeichnet!
Ihr beschuldigt die kathol. Volkspartei der Erregung von Haß
gegen die Regierung. Es ist dies nichts weiteres als die matte,
unwahre und ungerechte Phrase der servilen Partei, die sich aus
den Nationalliberalen rekrutirt. Hört! In religiöser Beziehung
hat die katholische Volkspartei wohlbegründete Beschwerden gegen
ein Regiment, das die katholischen Interessen erwiesener
Maßen schädigt. Ist das Erregung von Haß? Dann hat Senior
Dr. Haase aus Bieliz ebenfalls zu Worms Haß gegen manche
Regierung m Deutschland gepredigt mit seinem Vorwurf der Ver-
letzung protestantischer Interessen. Leset nur dessen Rede
im protestantischen Wochenblatts Nr. 24 nach; sie könnte zu Euerer
Belehrung dienen, wenn Ihr überhaupt für eine solche noch irgend
wie empfänglich wäret.
Die kath. Volkspartei macht endlich Hinweis auf Mißstände
im Staats- und Gememdeleden. Wie? Soll dies Erregung von
Haß genannt werden können? Alsdann gehört eben in diese Kate-
gorie auch die sogenannte Offenburger Partei, der Ihr jetzt mit Leib
 
Annotationen