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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1869

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Nr. 141-152 (2. Dezember - 30. Dezember)
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Md

Land


Preis vierteljährlich 40 kr. ohne
Trägerlohn und Postaufschlaz.
Jns.-Geb. 2 kr. die Spaltzeile.

Dienstag den 7. December


Kammerverhandlungen.
* Karlsruhe, 2. Dec. In der Nachmittags um 4 Uhr
wieder aufgenommenen Sitzung über den Bericht des Abg. Weber,
die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirthschafts-
genossenschaften betr., sucht von Gulat den Commissionsbe-
richt gegen die Angriffe des Abg. Roßhirt in mehreren Punk-
ten zu vertheidigen, allein die Kammer nimmt nach lebhafter Dis-
kussion, an welcher sich eine Reihe von Rednern betyeiligten, den
Antrag Roßhirt's an, den § 11 an die Commission zu besserer
Raffung verschiedener Bestimmungen über die Faustpfänder zurück-
luweisen, und zwar unter Zugrundlegung der HZ 309 bis 311
des deutschen Handelsgesetzes. Darauf zieht sich die Commission
zu neuer Berathung zurück. Nach Wiedereröffnung der Sitzung
verliest der Berichterstatter den neuen Antrag der Commission, in-
dessen wird auf Eisenlohr's allseitig unterstützten Wunsch be-
schlossen, die Berathung hierüber auf die nächste Sitzung zu ver-
schieben und einstweilen in der Berathung der weiteren Paragraphen
fortzufahren.
«u § 35 werden zwei Anträge gestellt: einer von Näf, der
eine andere Fassung des Abs. 1 verlangt, und ein anderer von
Feder, welcher den Z 35 ganz gestrichen haben will. v. Feder
führte nämlich aus, daß durch den vorliegenden Gesetzentwurf nur
die privatrechtliche Stellung der Genossenschaften geregelt
werden solle, während der § 35 in das öffentliche Recht über-
greife und also nicht in den Gesetzentwurf gehöre. Es sei auch
keineswegs am Platze, das Vereinsgesetz, namentlich in seinem
H 4, auf die Erwerbsgenoffenfchaften zur Anwendung zu
bringen. iEs handle sich dort um unsittliche oder staatsgefähr-
liche Absichten, was nicht auf die Genossenschaften passe, die, so-
bald sie andere Absichten als die statutengemäßen verfolgten, eben
aufhörten privatrechtliche Erwerbsgenossenschaften zu sein und
dann auch nicht mehr als solche betrachtet würden. Nehme man
aber eine Bestimmung wie die vorliegende au, so greife die Poli-
zei unter Umständen in Arbeiten ein, dis sie nichts angehe und
werde lästig, selbst gegen den Willen des Gesetzes.
Abg. Kiefer unterstützt Näf's Antrag, Abg. Baumstark den
Feder's, indem Redner den § 35 für nicht in's Gesetz passend bezeichnet.
Dagegen vertheidigt Ministerialpräsident Obkircher den fraglichen
Paragraphen, insbesondere weil er mit dem norddeutschen Gesetz
übereinstimme.
v. Gulat empfiehlt den Commissionsantrag zur Annahme;

ebenso Huffs chmid und Kusel, während Roß Hirt sich für
Näf's Antrag ausspricht. Bei der Abstimmung werden die Anträge
von Feder und Näf abgelehnt und der Z 35 nach dem Anträge
der Commission angenommen.
Zu Z 70 stellt Kusel den Antrag, die bereits bestehenden
Vereine von den Bestimmungen des Gesetzes frei zu geben; das
Gesetz werde dadurch weniger hart. Dieser Antrag wird indessen,
nachdem er von mehreren Rednern bekämpft worden, mit großer
Mehrheit abgelehnt.
* Karlsruhe, 3. Dec. In der heutigen Sitzung wurde die
Berathung über Web er's Bericht zu Ende geführt. Es handelte
sich um den von der Kammer zur heutigen Discusston zurückgeleg-
ten Z 11, Abs. 4, welcher lauten soll: „Auf Faustpfandverträge
zwischen Vorschuß- und Creditvereinen und ihren Mitgliedern
findet die Vorschrift des Landrechtssatzes 2074, Abs. 1. keine An-
wendung ; jedoch müssen dieselben mit dem Tag des Abschlusses,
mit dem Namen des Entleihers, mit dem Betrag der Schuld, so-
wie mit der Gattung und Beschaffenheit des Pfandstückes in ein zu
diesem Behufs von dem Verein zu führendes Buch unter fortlau-
fenden Ordnungszahlen eingetragen und von dem Vorstand des
Vereins, oder wenn der Vorstand aus mehreren Mitgliedern be-
besteht, von wenigstens zwei derselben durch Unterschrift beurkundet
werden. Gedinge, durch welche der Verein ermächtigt wird, das
Faustpfand ohne Beobachtung der Form des Landrechtsatzes 2078
zu veräußern, sind gültig."
Dieser Antrag der Commission wird, nachdem mehrere andere
Vorschläge abgeworfen waren, zum Beschluß erhoben und darauf
das ganze Gesetz mit allen gegen 4 Stimmen (Baumstark,
Vissing, Lender und Lindau) angenommen.
Hierauf fand die Berathung über den Gesetzentwurf, das
Verfahren bei Ministeranklagen betr., statt. Der Be-
richterstatter v. Feder war verhindert zu erscheinen und der Abg.
Kusel trat als sein Stellvertreter ein. In der allgemeinen Dis-
cussion ergriff Niemand das Wort, in der Specialdebatte hatte die
Commission mehrfach Unglück mit ihren Anträgen, indem entgegen-
stehende Anträge anderer Abgeordneten oder auch die Bestimmun-
gen des Regierungsentwurfs die Genehmigung des Hanfes fanden.
Wir verzichten auf die Debatte im Einzelnen, und zwar aus dem
einfachen Grunde, weil das ganze Gesetz werthlos ist, so lange die
erste Kammer keine Reorganisation erlitten hat, d. h. so lange die
Krone 8 Mitglieder in das Oberhaus setzt, die selbstverständlich
die politische Richtung des jeweiligen Ministeriums theilen, so daß

Der schwarze Dämon.
Erzählung aus dem Seemannstehen von L, Henry.
(Alte und Neue Welt.)
(Fortsetzung.)
„Er trug eine Wachslarve und gab seine Befehle nur durch Zeichen. Ob
er wirklich taubstumm ist oder durch die Maske und das Schweigen um so
sicherer ein Wiedererkennen auf dem Festlande verhüten will, o wer weiß es?
Ich kann nur sagen, daß er von mittlerer Statur ist und daß jede Bewegung
große körperliche Gewandtheit und sogar einen gewissen äußeren Anstand ver-
räth. Ohne Zweifel ist er im Stande, in guter Gesellschaft den Gentleman
zu spielen."-
Drei Tage trieben wir auf dem amerikanischen Kauffahrer in den Strö-
mungen umher. Zuweilen frischte ein leichter Wind auf, doch bald erstarb er
wieder. Durch die Anweisung des Obersteuermanns Amos entdeckten wir zum
Glücke noch einen kleinen Vorrath von Lebensmitteln, welcher den Räubern
verborgen geblieben war; gleichwohl fand ich mich genöthigt, uns auf halbe
Rationen zu setzen. Dies war jedoch nicht das Schlimmste. Auch unser Vor-
rath an Wasser drohte bald zu Ende zu gehen, da die Wasserfässer zum Theil
zerstört waren. Am vierten Tag ward der Wind beständiger, und da die
Fregatte, „Der Blitz", nicht erschien, beschloß ich, nach Havanna zu steuern,
um dort Lebensmittel einzunehmen. Am andern Morgen lagen wir sicher vor
Anker bei dem Moro Castle. Unglücklicherweise hatte ich keine Papiere bei
mir, um mich damit als Befehlshaber des Schiffes legitimiren zu können. Doch
durch einen jener Zufälle, die eine höhere Macht leitet, war ich im Besitze
meines Taschenbuches, welches meine Ernennung zum Unterlieutenant in der
britischen Kriegsmarine enthielt, und diese verschaffte meiner Aussage nach
eidlicher Bestätigung Anerkennung im gegenwärtigen Falle. Die Spanier such
ten zwar unter mancherlei Vorwänden meine Angabe in Zweifel zu ziehen, da
sie den Argwohn hegten, daß wir uns des verlassenen Schiffes hätten bemäch-
tigen wollen. Allein die englischen und amerikanischen Residenten kamen uns
schnell zu Hilfe und man gestattete mir, ungestört zu verweilen. Für den

schwerleidenden, doch langsam von seinen vielen Wunden genesenden Amos er-
langten wir geschickte ärztliche Pflege.
Eines Morgens früh fuhr ich an's Land, um die Stadt zu besichtigen.
Die Hitze war außerordentlich groß und ich trat in ein Kaffeehaus und trank
ein Glas Limonade mit Cognac. Während ich an einem der vielen runden
Marmortischchen des Salons saß, nahte sich mir ein junger Mann in ein-
facher spanischer Seeuniform, der steif grüßend mir gegenüber Platz nahm.
Er schien etwas über 25 Jahre alt; sein Gesicht war auffallend hübsch und
in seinem Blick lag eine Art unbekümmerter Sorglosigkeit, welche ich mehr bei
Seeleuten britischer und amerikanischer Abkunft, als bei den heißblütigen Söhnen
Spaniens zu beobachten gewohnt war. In der That war außer der Uniform
nichts Spanisches an ihm. Er verlangte ein Glas Brandy mit Wasser, und
als er das Glas zu den Lippen führte, sprach er in gutem Englisch, obgleich
mit irländischem Accent: „Sir, I ärinlr ^onr üealtü!"
Ich verbeugte mich zum Danke; es entspann sich eine Unterhaltung, m
welcher der spanische Seeofficier sich mir als Irländer von Geburt ankündigte,
daß er aber fast sein ganzes Leben in den Vereinigten Staaten und in dem
spanischen Amerika zugebracht habe. Er befinde sich nun in dem persönlichen
Gefolge des Gouverneurs von Cuba mit dem Rang eines ersten Lieutenants
in der Flotte. Sein Benehmen war außerordentlich einnehmend; doch zuwei-
len zeigte er eine gewisse Spottsucht, welche mit seiner sonst gebildeten Haltung
herb contrastirte.
Wir sprachen von den nationalen Unterschieden im Dienste und seine Be-
merkungen zeugten von Scharfsinn und Verstand. Die Wegnahme des Dankee-
Schiffes durch die Piraten und meine Besitznahme desselben machte natürlich
einen großen Theil unserer Unterhaltung aus. Es mar dies damals ein
Hauptthema der Conversation in Havanna. Dec irländische Spanier schien
mit vieler Aufmerkfamkeit das Nähere hierüber anzuhören. Endlich schlug er
mir einen Spaziergang durch die Stadt vor, den ich jedoch unter dem Vor-
wande, meine Abreise nach Jamaika beschleunigen zu müssen, höflich ablehnte.
Der eigentliche Grund jedoch war, daß ich mich nicht mit einem mir völlig
fremden Manne in den Straßen fehen lassen und vertraut machen wollte. Auch
war es mir wirklich nicht erfreulich, ihn in einer andern Uniform, als der
seines Seimathlandes zu sehen. Er begleitete mich jedoch an Bord meines Schiffes
und lobte die Thätigkeit und gute Haltung der darauf befindlichen Matrosen.
(Fortsetzung folgt.)
 
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