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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1869

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Nr. 75-88 (1. Juli - 31. Juli)
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Donnerstag den 22. Juli

1869.


Bürger von Tauberbischofsheim!
Wieder wird Euch zugemuthcl, Ihr Bürger von Tauber-
dischofsheim, eineu Abgeordneten zu wählen, den die Regierung
Euch vorschlägt, wieder sollt Ihr einen Mann m die Kammer
wählen, der gerade Das wollen wird, was Ihr nicht wollt.
Man setzt Alles in Bewegung, um dieses durchzusetzen, man ver-
sucht wieder das alte beliebte Mittel der Versprechung, man wird
wieder mit Kreisgericht und Gott weiß mit was sonst zu locken
versuchen. Bürger, Ihr wißt, was diese Versprechen für Bedeutung
haben!
Bürger, Ihr werdet Standhaftigkeit und Muth zeigen, Ihr
werdet den Mann wählen, der Eure Gesinnung kennt , der will,
was Ihr wollt, der es sich angelegen sein läßt, mit allen Kräften
dahin Zu arbeiten, daß Eurem Wollen Erfüllung werde.
Die „Tauber" erklärt in einer ihrer letzten Nummern, für
den nächsten Landtag seien Abgeordnete von juristischer und com-
mercieller Bildung nöthig u. nur einen Solchen sollet Ihr wählen.
Mitbürger, für das, was wir wollen, brauchen wir keinen Juristen,
d. h. Beamten. Unsere Forderungen kann jeder vernünftige, —
und leider müssen wir bei unseren ZeitvechältmsM beisetzen —
muthige Mann vertreten.
Wie eine Menge Beamte und Professoren den Volkswiüen
vertreten, Mitbürger, davon Zu reden ist nicht mehr nöthig. Wir
brauchen nicht mehr zu erinnern an das, was wir bereits haben:
an den gesteigerten Militäraufwand, das enorme BemmLnheer, die
stets sich mehrenden Steuern. Wir erinnern Euch bloß au das,
was wir schon längst fürchten und was bei der fortschreitenden
Verpreufmng kommen muß; wir erinnern an das, was wir er-
streben müssen: die Selbstverwaltung des Volkes statt der seitheri-
gen büreaukratischen Bevormundung, direcre geheime Wahlen, Reli-
gionsfreiheit für Alle, Unterrichtsfreihett, Verminderung des
Beamten - und Soldatenheeres. Mitbürger! das wollen' wir!
Darum zeigt, daß Ihr Männer seid, die reden und handeln, wie
sie denken. Em seiger Wicht ist, oer anders handelt, als er
denkt.
Bürger Man erinnert Euch an Mathy. Wü wollen die
Tosten ruhen lassen, aber wir wollen sehen, ob die Geschichte ihm
den Namen eines großen Mannes zuerkennt. Man wirst Euch
Undank gegen die Regierung vor. Doch Ihr wißt selbst, in wel-
chem Verhältmß sie 30,000 st. standen zu jener Summe, die Ihr
bezahlen mußtet über den Voranschlag für die Wiesenwässerung,
die Ihr auf Antrag des Oberamtmannes unternähmet; Ihr wißt

auch, zu welchem Zwecke bisse 30,000 fl. Euch damals gegeben
wurden. Ihr kennt selbst die große Schuldenlast, in die seit letzter
Zeit die Gemeinde gerathen ist.
Bürger! Man ermahnt Euch, sm Ruhm Bischofsheims durch
Eure Wahl Zu wahren; 'aber, Bürger einer katholischen Stadt!
denkt daran,' in welchen Rus Euch das Treiben ver „Tauber" und
der NaüonaLibemlm von hier in der ganzen Umgegend ge-
bracht hat!
'Bürger, es ist Euere Pflicht, msgesÄMMÄ zu wählen! Laßt
Euch nicht einschüchtern, seid Männer von selbständigem Willen
und wähl! nur Die Zu Wahlmännern, von denen Ihr überzeugt
seid, daß sie keinem Andern ihre Stimme geben werden, als dem
Manne Euerer Gesinnung!
Mitbürger, wählt:
David Rudolf, Landwrrth.
Balthasar SchLittinger, Landwirtb.
Max Berberich, Caplan.
Genedikt Seelmarm, Lanswirth.
Stefan Nenmeier, Lrmdwirth.
Johann Josef Senders Landwmh.
Katholische Bolkspartei,
Weitere Aoressm au S. Kgl. Hohek den Grüßherzog mit der

Uebertrag: 65,210 Staatsbürgern.

dringenden Bitte um Kammer attflöiun g sind übgegemgen
Von Beuggen von
36 Staatsomgern.
--
Thunsel
44 „
NeäarelZ
5kl
Bühlerihkl
384 „
--
Zell r. W.
112
Gberstemberg
44
WaldprechisWeier der Malsch
75
Uebertrag WR letzter Nmamer 64,461 „

Die Versammlung in Werbach.
Wie unser Telegramm mitgetheilr hat, war die Versammlung
der katholischen Volkspartei m Werbach sine der> schönsten und
begeistertsten, die in unserem Lande stattgemnoen haben. Das
Volk an der Tauber ist em kräftiger Schlag von entschiedenen, ge-
sunden Gesinnungen, Vas seiner eigenen Ueberzmgung folgend
wenig auf die Einflüsterungen der Beamten hört, die sich dorr
Vielfach durch übertriebenen Eifer am meisten selbst schaden und
durch die Taktlosigkeit ihrer Wahlmanöver auch noch den letzten

Ein Manifest des Herzogs von Mnvri'd
enthält umer Anderm folgende Stellen:
„Ich kann vor dem spanischen Volke nicht als Prätendent für die Krone
auftreten; ich tun überzeugt und muß überzeugt sein, daß die Krone Spaniens
schon auf meinem Haupte sitzt kraft eines geheiligten Rechtes. Ich Lin geboren
mit ernem Rechte, das eine heilige Verpflichtung in sich schließt, aber ich Wünschte,
daß dieses Recht durch dre Liebe meines Volkes bestätigt würde. Meine Pflicht
ifl überdres, diesem Volke all mein Denken, alle meine Kräfte zu weihen es
zu retten oder für dieselbe zu sterben. Wollte ich sagen, daß ich danach strebe,
Konrg von Dpanren zu sein und nicht König von einer Partei, so wäre sas
nur etwas Selbstverständliches; denn welcher Mann, der werty ist, Könm -u
herßen, würde sich daran genügen lassen, Uber eine Partei zu herrschen « '
Ich muß und wrll König aller Spanier sein, ich weise keinen zurück, auch nicht
tuezemgen, welche sich meine Feinde nennen, denn ein König hat keine Feinde.
Mein Aufruf geht an alle, auch diejenigen nicht ausgenommen, welche feind.-
selig scheinen; ich wende mich an sie mit herzlichem ^Wohlwollen im Namen
unseres Vaterlandes. Wenn ich nicht aller bedarf, um auf den Thron zu ge-
langen, ss werde ich wenigstens aller benöthigt sein, um aus festen und uner-
schütterlichen Grundlagen die Staatsregierung zu begründen und meinem viel-
geliebten Spanien segensreichen Frieden und wahre Freiheit zu geben
Wohl fühle ich in mir das feurige Verlangen, dieses Werk zu beginnen und
den festen Willen, dasselbe zu vollenden; aber ich verhehle mir nichr, daß die
Schwierigkeiten unberechenbar sind und daß es unmöglich wäre, dieselben zu
üverwmden ohne dir Beihilfe der unparteiischsten und ehrenhaftesten Männer
ves Königreichs und vor Allem ohne den wirksamen Beistand des Landes
se sp, vertreten in einer Cortesversammlung, welche alle lebendigen Kräfte und
alle irhaitenden Elemente der Nation in sich begreisen müßte. Mit Hilfs die-
ser Lories werde ich Spanien em Grundgesetz geben, welches, wie ich'mich m
an die europäischen Souveräne äußerte, endgütig und spanisch
. ' Spanien bedurfte sehr der Rrfnm, das mooerm Spanien
emen ümsiurz erfahren. Vieles ist zerstört, wenig verbessert würden. Alt-

ehrwürdige Einrichtungen sind über den Haufen geworfen,und mehrere der-
selben können nie wieder aufgerichtet werden; man hat versucht, sie durch neu-
zeitliche Erfindungen zu ersetzen, welche gestern kaum entstanden, schon wieder
m Nichts gesunken find. Trotz Allem, was man unternommen hat, ist doch,
man möchte sagen, Alles noch zu thun. Wir stehen vor einer ungeheuren Aus-
gabe, einem gesellschaftlichen und staatlichen Wiederaufbau; es handelt sich da-
rum, in diesem schrecklich heimgesuchten Lande und aus Grundlagen, deren
Festigkeit durch die Erfahrung vergangener Jahrhunderte bewiesen ist, ein groß-
artiges Gebäude aufzusühren, in welchem alle berechtigten Interessen und alle
vernünftigen Meinungen ihre Besnedigung finden können. Ich glaube mich
nicht zu täuschen, wenn ich sie Versicherung gebe, daß Spanien Hunger und
Durst nach der Gerechtigkeit hat, das Land fühlt das dringendste Bedürsniß
nach einer würdigen und tatkräftigen, festen und ehrenhaften Regierung; kurz,
Spanien wünscht nichts sehnlicher, als ohne Widerspruch ein Gesetz herrschen
zu sehen, das uns Alle bindet. Große wie Kleine.
Das manische Volk will nicht sehen, wie dem Gmuben seiner Väter Hohn
gesprochen wird, glücklich, die katholische Wahrheit zu besitzen, erkennt es, daß
die Kirche, um ihre göttliche Aufgabe zu erfülle«, frei sein muß. Spanien
weiß und es vergiß: nicht, daß sas neunzehnte Zahrhuu'oert nicht Las sechs -
zehnte ist, ist aber fest entschlossen, um jeden Preis die katholische Einheit zu
wahren, das Symbol unserer ruhmbedeckten Helden, die Seele unserer Gesetze,
das Ssgensband, das alle seine Kinder umschlingt. Während dsr revolutio-
nären Stürme find unheilvolle Thaten begangen worden; aber seitdem find
Loncordate geschlossen. dis wir aussührcn und gewissenhaft beobachten
müssen.
Belehrt durch eine schmerzüche Erfahrung, will das spanische Volk keme
Lügen mehr: es will, daß sein König in Wahrheit ein König uns nicht der
Schatten eines Königs sei; das spanische Volk will Eortes, welche eine regel-
mäßige und friedliche Versammlung anhängiger und unbestechlicher Vertreter
darsteüen und nicht eine lärmende und unfruchtbare Vereinigung von Beamter,
oder von Ehrgeizigen, »an servilen Mehrheiten und meuterischen Mmder-
heitm
(Schluß folgt.)
 
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