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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1869

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Nr. 14-25 (2. Feburar - 27. Februar)
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für Stadt

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M 14.

Dienstag den 2. Februar

1869.

* Der Recurs an das Großh. Staatsmini-
sterium wegen Aufhebung des Vereines katholischer
Jungfrauen auf dem Lindenberg.
Den Entscheidungsgründen des Ministeriums des Innern bei
Auflösung der Genossenschaft auf dem Lindenberg liegt eine völlige
Unkenntniß katholischer Einrichtungen sowohl in dogmatischer wie
in kanonischer und kirchengeschichtlicher Beziehung zu Grunde. Dies
zeigt sich um so schlagender, wenn man die Recurs-Ausführung
des Herrn Dr. v. Wänker liest, die keinem Unbefangenen den
mindesten Zweifel hierüber lasten kann. Sehen wir näher zu.
„Seit 14 Jahren", beginnt die Recursschrist, „besteht auf
dem Lindenberg bei St. Peter, Gemarkung Unteribenihal, ein
Verein kath. Jungfrauen, alle dem Bauernstands angehörig. Sie
führen ein rauhes, lediglich der Arbeit und der Andacht gewid-
metes Leben zur Erbauung der benachbarten Gemeinden, deren
Achtung sie sich erfreuen. Das Hofgut, dessen Felder sie bestellen
und dessen Haus sie bewohnen, ist Privateigentum. Ihre Exi-
stenz war notorisch und ist in Regierungsakten schon längst con-
statirt; doch blieben sie bislang unbehelligt. Das Recht selbst-
ständiger Personen, freiwillig in Gemeinschaft zu leben, ohne
Störung der öffentlichen Ordnung, selbst ohne Gefährdung der In-
teressen Anderer schien unanfechtbar."
Trotzdem erfolgte die Aufhebung, deren Einzelheiten wir als
bekannt voraussetzen und deßhalb übergehen.
Wenn das Ministerium sich auf Z. 11 des Gesetzes vom 9.
Oct. 1860 beruft, um die Gesetzwidrigkeit des Vereins zu bewei-
sen, indem derselbe seit dem Jahr 1860 den Charakter eines
religiösen Ordens angenommen habe, so antwortet der Herr Ver-
teidiger hierauf in folgender schlagender Weise:
Man ersieht sofort, daß diese Behauptung nicht genügen
kann und daß sie tatsächlich nicht begründet werden konnte. Das
Gesetz erschien im Regierungsblatt vom 16. Oct. j. I. und es
hätte somit nachgewiesen werden müssen, daß erst nach Verkündi-
gung des Gesetzes die fragliche Veränderung vorgenommen worden
sei; denn hinsichtlich früherer Vorgänge kann man sich auf das
angeführte Gesetz unmöglich berufen.
Die Wahrheit aber ist, daß der auf dem Lindenberg gebildete
Verein so wie jetzt schon seit October 1 858 unverändert
besteht.
Im Jahr 1852 kaufte Katharina Ruf zu St. Peter ein Haus
mit 8 Morgen Feld, Wiesen und Garten; zu ihr zog Veronika
Benitz aus Breitnau, welche bis dahin in Freiburg gelebt, und
um sie schaarten sich gleichgesinnte Jungfrauen, welche sich mit
Bebauung des Feldes und Andachtsübungen beschäftigten und sich
durch Sittlichkeit auszeichneten. Im folgenden Jahre zählte der
Verein schon zwölf Mitglieder und ein zum Grundbuch eingetrage-
ner Vertrag sichert ihnen im Haus ein Wohnungsrecht auf zwanzig
Jahre. Schon 1854 fand sich Großh. Kreisregierung veranlaßt
Erhebungen über den Verein anzuordnen, die zu besten Gunsten^
ausgefallen sind.
Am 5. Juni 1855 wurde von Veronika Benitz und Katha-
rina Wangler das ganz nahe bei der Kapelle auf dem Lindenberg
gelegene alte Bauernhaus angekauft, und nachdem hiezu durch
Kreisregierungserlaß vom 31. December die Genehmigung ertheili
worden, entsprechend hergestellt und erweitert, sooann 1856 von
der inzwischen mehr angewachsenen schwesterlichen Gemeinschaft be-
zogen.
Vom 20. December 1857 bis 3. October 1858 hielten sich
Veronika Benitz und Magdalena Pfändler auf dem Gubel im Con-
ton Zug auf, legten dort die Gelübde ab und traten in den dritten
Orden des hl. Franciskus ein, kehrten sodann im Geleite der Ida
Hubman, welche heute noch die Vorsteherin ist, auf den Linden-
berg zurück. Vierzehn weitere Jungfrauen legten ebenfalls die Ge-
lübde ab.
Mit dem 8. October 1858 erhielt der Verein seine Ge-
staltung, die bis jetzt unverändert geblieben ist, und begann die
ewige Anbetung des hl. Altariacraments, worin hauptsächlich der
religlö'e Zweck der Vereins besteht. Von jener Znt an ist auch
die gemeinsame Tracht eingefüyrt. In demselben Jahre erwarb
Veronika Benitz durch Tausch gegen ihr elterliches Hosgru zu Breit-

nau die zur Gemarkung Eschbach gehörigen Güter, welche die
Schwestern bebauen.
Die Richtigkeit dieser Darstellung wird durch die angeschlosse«
nen auf eigener Wahrnehmung beruhenden Zeugnisse der Gemeinde-
behörde von Unteribenthal, Eichbach und St. Peter bestätigt, mit
denen das weitere des Medicinalraths Dr. Weber, Hausarzt seit
Entstehen des Vereins, übereinstimmt.
Wenn in dem Protocoll vom 18. December die Abreise nach
dem Gubel als im Jahr 1859 statt im Jahr 1857 geschehen,
angegeben wird, so beruht dieses auf einem Schreibfehler oder
sonstigem Versehen; die Angabe ist jedenfalls irrthümlich, was auch
in anderer Weise als durch die vorgelegten Zeugnisse leicht zucon-
statiren ist.
Die Genossenschaft zählt nunmehr 46 Schwestern; die ganze
Nachbarschaft zu St. Peter, Jbenthal und Eschbach ist ihres Lobes
voll, das sie durch ihren musterhaften Wandel, ihr erbauliches
Leben und ihre Leistungen in vollem Maße verdienen; den beiden
letzteren Gemeinden ist namentlich der ermöglichte Mitgebrauch der
Kirche von großem Werth.
Das merkwürdige Gedeihen dieser Anstalt beweist neuerdings,
daß es eben Viele gibt, welche zu einem derartigen Leben berufen
sind, welche das Bevürfniß fühlen, diesem Berufe nachzukommen,
solches um jeden Preis befriedigen wollen unv darin ihr Glück
finven. Schon Hunderte sind deßhalb ausgewandert.
(Fortsetzung folgt.

SüddeutschLand.
* Heidelberg, 30. Jan. Mit der Offenburgerei steht es herz-
lich schlecht; um davon unfern Lesern den schlagendsten Beweis zu
geben, wollen wir nicht selbst uns in lange Ausführungen ergehen,
sondern wir wollen das Organ der Offenburger selbst reden lassen.
Die Constanzer Zeitung schreibt in ihrer gestrigen Nummer folgenden
Lerdartikel:
„Nothwendig und lehrreich für das badische Volk ist die Beo-
bachtung, welche Haltung seine Zeitungen in dem Offenburger Handel
eingenommen haben. So lange Alles in schönster Eintracht Hand
in Hand durch's Leben wallte, die liberale Partei mit dem Ministerium
solidarisch verbunden war, da war es eine leichte und angenehme
Aufgabe, liberale Zeitungen zu schreiben. Die große und kleine Presse
in Baden wetteiferte und überbot sich gegenseitig an Freisinnigkeit
und unabhängiger Gesinnung, so daß es dem geübtesten Auge un-
möglich war, irgend einen dunkeln Flecken irgendwo aufzufinden.
Aber wie bei einem Kaleidoscop der geringste Ruck hinreicht, um ein
vollständig anderes Bild zu zeigen, so auch hier. Der in Offenburg
gegebene Anstoß hat eine ganz neue Gruppirung der Zeitungen her-
vorgerufen. Viele der sogenannten Amtsverkündigungsblätter fangen
an sich zu ängstigen, ihre bisherige Unabhängigkeit könne doch nur
eine scheinbare gewesen sein und die Regierung könne ihnen die Zügel
wieder etwas schärfer anziehen. Ist diese Furcht zum großen Theil
auch unbegründet, insofern diese Blätter auch ohne die amtlichen
Verkündigungen, freilich mit einem kleinen Opfer, recht wohl bestehen
könnten, so ist die Furcht eben doch einmal da und äußert sich viel
unverhüllter, als im eigenen Interesse der Betheiligten zu wünschen
wäre. Ein anderer Bruchtheil der Presse, der seiner reicheren Aus-
stattung nach zu schließen sehr wohl in der Lage wäre, seine unab-
hängige Stellung zu behaupten, wirft sich mit unverkennbarem Dienst-
eifer auf die Offenburger und setzt das traurige Werk der Benerge-
lung mit ungeschwächten Mitteln fort, nachdem das offiziöse Regier-
ungsorgan bereits wieder mildere Saiten aufgezogen hat. Ein anderer
Theil, der doch mehr auf die öffentliche Meinung achtet, aber gleich-
wohl nach Oben nichts verderben möchte, macht einige Zeit das
Wagmännchen, bis man sieht, wohin die Schale sich neigt: und als-
dann müssen dieselben Leitern überzeugend nachweisen, daß und warum
Alles so kommen mußte, welche noch wenige Tage zuvor nichts
ahnend in dem gegenwärtigen Ministerium den Inbegriff der badischen
Volkswünsche erblicken mußten. So sind die schönen liberalen Zeit-
ungen entzweit und zerfahren, und wenn man noch vor Kurzem sich
in dem Wahne wiegen konnte, es existirte eine achtunggebietende,
unabhängige nationalliberale Presse in Baden, so fit man plötzlich
in die nacüe Wirklichkeit versetzt und erblickt, wohin das Auge schweift,
nichts als Trümmer und Ruinen. Es ist dies eine etwas herab-
stnnmende Thalsache, daß wir es trotz unseres unläugbar regsamen
 
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