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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1869

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Nr. 14-25 (2. Feburar - 27. Februar)
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.HL 21.

SüddeuLschland.

Donnerstag den 18. Februar

Heidelberg. Die „Bamberger Neueste Nachrichten" bemerken:
„Wenn der norddeutsche Bundeskanzler die Anstrengung des depos-
sedirten Königs von Hannover, sein verlorenes Königreich wieder
zu gewinnen — auf welches er gerade so viel Recht hat, als der
König von Preußen auf das seine — ein frevelhaftes Spiel nennt
und von „erbärmlichen dynastischen Interessen" spricht, 10 macht
er sämmtlichen deutschen Fürsten ein eigsnthümlicheS Compliment;
— und wenn gar Bismarck, der Wallfahrer nach Biarritz und Be-
gründer des Bündnisses mit dem walschen König Victor Emanuel,
den entthronten König von Hannover der ConspiraNon mit dem
Ausland bezichtigt und vom Wohle des Vaterlandes redet, das
er selbst zur Vergrößerung Preußens in Stücke geschlagen, so weiß
man nicht, ob der Mann auf die Gutmüthigkeit oder auf die Bor-
nirtheit der antipreußischen Deutschen sündigen will. So viel ist
indeß gewiß, daß die preußische Regierung durch diesen Act der
Gewalt an einem bemitlerdenswerthen entthronten Fürsten sich
keine Freunde in Deutschland erworben, wie daß sich die preußische
Volksvertretung, mit Ausnahme weniger Mitglieder, durch die
Gutheißung des von der Regierung vorgelegten Gesetzentwurfs bei
allen rechtlich gesinnten Menschen Süddeutschlands um den letzten
Rest von Credit gebracht hat. Oder sollte etwa das an dem Pri-
vateigenthum eines waffenlosen blinden, außer Lands befindlichen
Fürsten verüble Unrecht zur Stärkung des preußischen Einflusses
rm Norden und Süden dienen? Wahrlich, ein Staat, von welchem
unsere Nationalliberalen die Wiedergeburt Deutschlands erwarten,
hätte seine Unsicherheit nicht greller documentiren können, als durch
dieses Gesetz! Die Hannoveraner und Kürhessen waren — wie
Jedermann weiß — ihren Fürsten zu keineswegs großem Danke
verpflichtet; aber dennoch wird diese an ihren entthronten Fürsten
neuerdmgs verübte GewulttlM mächtig dazu beitragen, die Anhäng,
lichkeit art die Vertriebenen neu aufzufrischen."
" Heidelberg, 16. Febr. Der protestantische Oberkirchen-
rath, unterzeichnet Nüßlin, beschwert sich in einer Bekanntmachung
darüber, daß auch in ungemischt protestantischen Gemeinden dem Grün-
donnerstag und Charfreitag der staatliche Schutz entzogen sei und
knüpft daran folgenden Tadel gegen das Ministerium: „Der Ent-
wurf dieser neuen Verordnung ist uns zwar seiner Zeit vom
Großh. Ministerium des Innern zur Armierung mitgetheilt wor-
den, und wir haben es nicht unterlassen, in dieser den Wunsch
dringend auszusprechen, es möchte bezüglich dieser F'sttage bei den
bisherigen schützenden Bestimmungen belassen werden; es ist aber
diesem Wunsch zu unserm lebhaften Bedauern in keiner Weise
eine Berücksichtigung zu Theil geworden."
* Heidelberg, 16. Febr. Die Constanzer Zeitung gönnt
uns von Herzen die Cönfiscation und Anklage des Boten, weil
unser Blatt „die Götter" am verwegensten angegriffen habe. Wenn
wir freilich so lahm und todesmatt unsere Opposition treiben
würden, wie die nun im Verenden liegende Offenburgerei, so hät-
ten wir allerdings nicht den Zorn der „Götter", sondern lediglich
ihr Hohngelächter zu erwarten. — Die Fehde der Constanzerin
mit dem edlen Organe unseres biedern Emmerling ist noch nicht
zu Ende, wobei wir als besonders bezeichnend hervorheben, daß
Seiner Excellenz Heidelberger Braß der ersteren höhnisch entgegnet,
es sei gar nicht nothwendrg, daß das „Land" über die Beziehun-
gen seines Blattes Aufklärung erhalte. Seitdem nämlich die
Landesbase wegen Coquetterie mit dem Recken Kiefer in halbe
Ungnad^ gefallen ist, nehmen die Inspirationen durch die Heidel-
berger Schiffgasse ihren Weg und werden von dort aus mit großer
Wichtigthuerei dem „Lande" zum Besten gegeben. Wie genau aber
dieses geistvolle Blatt über die Verhältnisse unseres Landes orien-
Urt ist, beweist am besten die Thatsache, daß es neulich Herrn Dr.
Maas unter die Domcapitulare gerechnet hat!
* Heidelberg, 16. Febr. Gestern war unser Drucker,
Herr Schweiß, vor den Amtsrichter Süpfle vorgeladen, um
wegen des ersten angeklagten Artikels seine Erklärung zu geben.
Pflicht, der Ocffenllichkeit mitzutheilen, wie Herr
L-upfte sich dabei benahm. Genannter Amtsrichter richtete näm-
lich an Herrn Schweiß die spöttische Frage: „Nun, wollen Sie
I^chsolger des Flaschon, wollen Sie der Strohmann des
Pfälzer Boten sein?" Wir haben d em Herrn Süpfle darauf zu

1869.

erwidern, daß wir es für hart genug halten, wenn Jemand eines
Preßvergehens wegen in Anklagestand versetzt wird, es ist daher
nichts weniger als gentil, ihn aus die angegebene Weise auf
dem Amtszimmer, wo er erscheinen muß, zu behandeln. Vor
allem aber hätte Herr Süpfle wissen sollen, daß das neue Gesetz
die Strohmänner abgeschafft hat und daß die Drucker durch das-
selbe zur Verantwortlichkeit gezwungen sind, so daß er also
mit jener Aeußerung sämmtliche Drucker des Landes schwer be-
leidigt, da ihnen das Gesetz aufnöthigt, was sie freiwillig nicht
thun würden. Auch ist es gewiß bis jetzt noch nie dagewesen, daß
der Amtsrichter, wie es hier geschehen ist, dem Drucker in's Ge-
sicht sagt: „Sie vertreten also den Artikel des Herrn S., denn
daß der ihn geschrieben hat, erkennen wir aus dem Styl." Wir
glauben nicht, daß Herr Süpfle im Stande ist, diese Mittheilun-
gen des tief hierdurch gekränkten Mannes in Abrede zu stellen,
— den Lesern aber überlassen wir es, über den Ueberfluß oder
Mangel an Takt des Herrn Süpfle sich ein Urtheil zu bilden.
Vom Unlerlande. Zufällig fiel uns kürzlich ein Acten-
stück aus der Zeit des Kirchenstreits vom Jahr 1853 in die Hände,
welches gerade jetzt von großem Interesse ist und daher von uns
zur Veröffentlichung gebracht wird; dasselbe lautet:
Hermann von Vicari,
durch Gottes Erbarmung und des heil, apostolischen Stuhles Gnade,
Erzbischof von Freiburg rc.
An die
Hochwürdigen Dekanate der Erzdiöeese Freiburg, badischen
Antheils.
Verordnen Wir zur sofortigen Zustellung an die Kapitelsgeisi-
lichkeit gegen Bescheinigung:
Im festen Vertrauen auf die Hilfe unseres Erlösers haben
Wir dem Beispiele der heiligen Apostel und Märtyrer folgend bis-
her nur gethan, was Unsers heiligen Amtes ist. Wir haben hie-
bei weder Gewalt gebraucht noch die weltlichen Rechte verletzt,
weil alles das, was Wir gethan, rein kirchliche Handlungen
waren. Wir wollten, und wollen keine weltliche Macht, sondern
nur unser kirchliches von Uns nie aufgegebenes, vom Staate nie
rechtlich besessenes, unveräußerliches Recht.
Ihr wißt, geliebteste Brüder! daß die Großherzogliche Regie-
rung es versucht hat, Uns und Unsere Priester in der Ausübung
Unseres heiligen Amtes zu hemmen, und in die Befugnisse unserer
heiligen Kirche einzugreifen. Der Herr hat es nicht zugelassen,
daß trotz der Uns und unserer heiligen Kirche in öffentlichen Blät-
tern und Schriften angethanen Schmähungen und Verläumdun-
gen) während uns die Freiheit der Presse nicht vergönnt war), die
Hirten wankend wurden.
Es liegen Beispiele so hohen Bekenner-Muthes vor Uns, daß
Wir das feste Vertrauen zum Herrn haben, er werde die in Thrä-
nen gesäete Saat der Freiheit der Kirche in Freude aufgehen las-
sen. Wenn auch Einige, bedaurungswürdige Priester durch ihren
Ungehorsam Unser Herz schwer betrübt haben; — der Gesamt-
clerus mit nur wenigen Ausnahmen hat „Golt mehr, als den
Menschen gehorcht."
So baben Einige von Uns neu eingesetzte Dekane lieber jeg-
liche Verfolgung ertragen, als daß sie nicht Unsere Anordnungen
vollzogen, und die beabsichtigte Spaltung niedergehalten hätten.
Wir schweigen über die vielen falschen Gerüchte, welche man,
um die Einheit unserer Kirche zu stören, verbreitet hat. Nur
Eines dürfen Wir, so sehr es auch Unseren! Herzen nahe gehet,
nicht unberührt lassen: ein Mitglied des Senates, dessen einstim-
mige treue Ergebenheit für unseren heiligen Kampf Uns so sehr
in demselben gestärkt, hat, wie aus der anliegenden Erklärung des
Hochwürdigsten Domcapitels hervorgeher, an demselben Tage, an
welchem er dem Ocoinariats - Beschlüsse, auch gegen die Gewalt
kirchlicher Pflichten zu erfüllen beistimmte, h e i m l i ch eine Er-
klärung an die weltliche Behörde abgegeben, welche dieser ersteren
einstimmig gefaßten Entschließung geraoezu entgegenläuft.
Er wurde hierüber von seinen Hochwürdigsten Herrn Collegen,
welche hievon Kenntuiß erhielten, zur Rede gestellt, läugnete an-
fänglich unter Verheurungen, gab aber, außer Stand, seinen be-
trübenden Schritt länger abzulaugnen, einen Theil seiner an den
G roßherzoglichen Stadtdirettor Burger gemachten Mittheilungen
 
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