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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1869

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Nr. 128-140 (2. November - 30. November)
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Dienstag den 30. November


Rede des Abg. Roß Hirt in der Generaldebatte
über die Civilehe?)
Vor allem verspreche ich dem Hrn. Abg. Eckhard, in so fern
er vorhin auch mich gemeint Hot, nicht zu weinen, ich werde
ihm übrigens auch nicht folgen in der Art, in welcher er die Frage
behandelt hat. Er hat dies, wenn auch am Schluffe, mit Erreg-
ung, doch in feiner bekannten gewandten, beredten Weise so gethan,
daß er sie sozusagen aä koininsin besprach, ich werde, wie Sie
von mir gewöhnt sind, nur zur Sache selbst zurückkehren. Der
Kernpunkt, um den es sich heute handelt, ist die Einführung der
Civilehe, das ist die Schaffung einer rem bürgerlichen, rein staat-
lichen Form der Eheeingehung. Diese Sache ist nicht unbedeutend,
es hat mich einigermaßen gewundert, von der Regisrungsbank zu
hören, wenigstens im Anfänge des Vortrags, den wir von jener
Seite heute vernahmen, daß es sich eigentlich um etwas Kleines,
Untergeordnetes, Unbedeutendes handele. Am Ende der Rede, dis
wir von der Regierun^sbank gehört haben, scheint freilich die An-
schauung mehr hervorgetrelen zu sein, daß wir denn doch an einem
wichtigen Wendepunkt der Gesetzgebung stehen, und in der That
es ist so. Warum, frage ich, wäre denn diese Frage während so
langer Zeit, so ausgiebig, von so vielen Persönlichkeiten höchster
Bedeutung behandelt worden, wenn sie nicht in der Th,at eine so
bedeutende wäre, wie sie es ist? Ich verkenne nicht, daß die An-
schauung über die Hauptsache, die von der Regierungsbank vertre-
ten und die früher schon in diesem Hause beliebt wurde,
gewissermaßen die juristische Consequenz für sich haben könne, allein
ich betone auf der andern Seite, und hier trete ich dem Abg. Eck-
hard entgegen, daß diese Anschauung dem Volksbewußtsein wider-
spricht. Es ist dies auch vou verschiedenen Seitm wor der Rede
des Abg. Eckhard anerkannt worden. Der Abg. Eckhard sagt zwar:
Wir glauben, daß das Volk hinter uns steht. „Ihr glaubt, daß
es hinter Euch stehe, ein Jeder hat aber einen Theil des Volks-
willens hinter sich", dies ist ganz richtig, allein ich glaube, daß
jetzt in unserm Lande Diejenigen, welche hier eine geringe Mino
rirät bilden, nach der Volksanschauung doch die Majorität hinter
sich haben. Ich sage das nicht für alle Fragen, sondern für
diese specielle Fr^age. Ich glaube aber, das Volksbewußtsein
sollte hier in diesem Saale in den Vordergrund treten.
Ich bin in diesem Saale nichts anderes, als Volksvertreter;
*) Wir geben die Rede des Abg. Roßhirt wörtlich, weil sie uns als
die von allen am meisten sachlich gehaltene und namentlich juristisch bedeu-
tendste erscheint. Die Red. des Pfälzer Boten.

die Volksanschauung glaube ich vertreten zu sollen bei solchen
Fragen, bei denen so das Bewußtsein des Volks entscheiden muß,
wie in der vorliegenden. Durch die Einführung der Civilehe wird
das Volk genöthigt, von Jahrhunderte alten, von den Vätern
vererbten Gewohnheiten abzugehen, was nach unserer jetzigen
Gesetzgebung nicht der Fall gewesen ist. In der Schlußgesetzgebung
ist das nicht der Fall gewesen, wo man die Confessionsschule
aufrecht erhielt, und jetzt selbst in einem Gesetze, mit dem ich mich
noch viel weniger einverstanden erklären kann, als mit dem heute
vorliegenden, in dem Stfftungsgesetze, hat man noch einen letzten
Anklang an die confeffionellen Elemente der Volksmeinung conce-
dirt. Der beste Beweis, wie wenig die Civilehe im Volke gilt,
ist offenbar der, daß von ihm so wenig Gebrauch gemacht wird,
wie Professor Gneist in seinem uns mitgetheilten Vortrage ent-
wickelt hat. Warum, frage ich, soll man denn zu Gunsten einer
winzigen Minorität, welche der Civilehe bedarf, vis übrige große
Majorität dem Zwange jener Civilehe unterwerfen? Ich frage,
warum soll man dieser Majorität eine Form aufnöthigen, die ihr
zuwider ist, die sie für unnöthig hält, die sie für einen leere Form
ansieht? Warum denn die doppelte Eheeingehung? Ich frage
weiter, welche Art der Eheeingehung, welche Form wird man als
die wesentliche, welche als die wesenlose ansehen? — Blicken Sie
auf die Erfahrungen, die man in Frankreich und in den Rhein-
provinzen gemacht hat, so werden Sie daraus entnehmen, daß das
Volk nur die kirchliche Eheeingehung als die wesentliche betrachtet.
Das folgt daraus, wett das Volk staatlich und rechtlich nicht gezwun-
gen ist, die kirchliche Form einzuhalten, wett es aber dennoch die
Ehe kirchlich eingeht. Ich glaube, daß kein gl ä nz en der er Beweis
zu Gunsten kirchlicher Ehen aus den Verhältnissen entnommen wer-
den kann, als der, daß die reine Civilehe so selten vorzukommen
pflegt. Wenn aber die bürgerliche Eheeingehungsform geringschätzig
behandelt wird, so sehe ich keinen Vortheil für den Staat.
Es ist eine uralte Anschauung des Volkes, welche dem Christen-
thum weit vorangsht, daß man die Ehe religiös eingehen solle.
Ich verweise auf die ältesten Eheformen im alten Rom, sie war
eine rein religiöse und erst später, zur Zeit des Sittenverfalls, hat
sich die leichte oder laxe Ehe eingebürgert. Ich erinnere an die
ältesten heidnischen Völker, welche alle bei der Ehe religiöse For-
men hatten. Abgesehen von diesem Grunde aber, der in dem Be-
wußtsein des Volkes liegt, habe ich noch einen andern Grund gegen
die Einführung der Civilehe, und das ist der, daß ich darin einer-
ffeits einen weitern Schritt gegen die Kirche, gegen beide Kirchen
«erblicke. Der Abgeordnete v. Gulat hat davon gesprochen, daß

Krr schwarze Dämon.
Erzählung aus dem 8eemannste6en von P, Henry,
(Alte und Neue Welt.)

(Fortsetzung.)
Wir richteten uns, so gut es ging, auf dem Schiffe ein und suchten
nach Le bensmitteln, da wir in der Eile nur wenige Vorräthe mit in's Boot
genommen hatten. Zu unserer nicht geringen Bestürzung fanden wir, daß
unsere Bemühungen vergeblich waren, weil die Piraden sämmtliche Mundvor-
rathe wcggenommen hatten. Einige Flaschen Claret und ein Vierteleimer
Madeira war Alles, was unsere emsigen Nachforschungen in einem Versteck
des Obersteuermannes zu Tage brachten. Genöthigt, uns mit unserm kleinen
Vorräthe zu begnügen, übergab ich ihn Jackson mit dem Auftrag,, denselben
sorgfältig zu bewahren und in kleinen Rationen gleichmäßig zu Vertheilen, so
daß wer ewige Tage damit ausreichen konnten.
Nachdem die Leichen in's Meer versenkt und das Verdeck gewaschen war,
w.s ..es? Mühe an, um den armen Leidenden zu beruhigen, der sich
allmalig erholte. Er sagte, daß er erster Steuermann und Bruder des Capi-
tans sei, welcher durch die Piraten ermordet worden. Der Mann zeigte eine
nrcht gewöhnliche Intelligenz und eine bewunderungswürdige Standhaftigkeit
m fernen Leiden, welche nahezu unerträglich waren. Alles, was aethan wer-
um seine Qualen zu lindern, wurde versucht; wir bereiteten ihm
An, und wuschen ferne vielen Wunden mit frischem Wasser aus. Jetzt
stch heraus, daß der Unglückliche stellenweise fürchterlich verschwollen
war. Der.Leser wird mir gestatten, die entsetzlichen Nachrichten im Zusammen-
und^nach^müthettte"' der Steuermann uns in abgerissenen Sätzen nach
^ahlt er, „von New-York ab, und da der Capitän, mein
Bruder, eure Pflanzung in Jamaika gekauft hatte, nahmen wir den Curs nach
Montego-Bay, wo er mit ferner Frau und zwei Töchtern, die eine sechszehn,
die andere dreizehn Jahre alt, landen wollte." '
„Sagtet Ihr nicht, daß eure Familie ebenfalls an Bord war?" fragte ich.

„Ja, Sir", erwiederte er, „meine beiden Kinder. Das waren zwei liebe Wesen
— sie gehörten mir allein — ihre Mutter starb kurz vorher, ehe wir New-
York verließen, und sie sollten bei ihrem "Onkel, dem Capitän, in Jamaika
bleiben."
„Eure Töchter waren ,wvhl jünger, als diejenigen dts Capitäns", bemerkte
ich nicht ohne Bezug auf zwei Mädchenleichen, die wir fürchterlich entstellt auf
dem Verdeck gefunden hatten. . .
Der arme Mann schluchzte vor Schmerz laut aus und verbarg sein Ge-
sicht mit beiden Händen. „Ich brauche nicht zu kragen", sagte er nach einer
Weile, „woher Ihr wißt, daß sie sich an Bord befanden, denn der fürchter-
liche Mord steht noch lebhaft vor meinen Augen. Gott! könnte ich die Er-
innerung daran für immer aus meinem Gedächtniß löschen!" — „Doch nein!"
fuhr er nach schmerzlicher Pause mit erhobener Stimme fort, „allmächtiger
Gott — gerechter Richter im Himmel! gewähre mir, daß die Stunde der Ver-
geltung kommen möge, und gerne will ich bis dahin meine Leiden ertragen!"
„Unsere Reise ging glücklich von Statten, als sich gestern Nachmittags
ein Schooner zeigte, der sehr schnell auf uns zuhielt. Das Schiff kam uns
verdächtig vor und wir suchten ihm zu entwischen. Aber es war ein Schnell-
segler ersten Ranges und wie ein Raubvogel, der seiner Beute gewiß rst, schoß
es auf uns heran. Nach einer halben Stunde lag uns der Schoomr gegen-
über und im nächsten Augenblick sprühte seine ganze Breitseite ihre Kugeln in
unser MzWwetk — unser Hauptmast stürzte mit furchtbarem Krachen über
Bord. Zugleich stieg von dem Deck des SchoonerZ ein schwarzer Knäuels aufl
der sich,als schwarze Flagge in der Höhe entwickelte und wie ein Todesgruß
für uns an der Mastspitze flatterte. An Widerstand war mcht zu denken ;
unser unbewaffnetes Schiff lag da wie ein Wrack. Unter brüllendem Hurrah
ward von den Piraten ein Boot ausgesetzt, das mit Bewaffneten vollgepfropft
an uns heranruderte." c
,„Jn diesem verhängnißvollen Momente kam mein Bruder, der Eapltan, aus
mich zu und erfaßte mit einem konvulsivischen Drucke meine Hand. „„Amos"",
sagte er mit einer Stimme, die keinen menschlichen Klang mehr hatte, „„Amos,
wäre es nicht besser, daß mein Weib — unsere Kinder stürben, als daß sie
in die Gewalt jener Ungeheuer sielen? Einige Pistolenschüsse, von unserer
Hand abgefeuert, würden sie vor Entehrung —""
(Fortsetzung folgt.)
 
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