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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1869

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Nr. 102-114 (2. September - 30. September)
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M. 106.

Samstag den 11. September

1869.

Zwanzigste Generalversammlung der katholischen
Vereine Deutschlands.
(Kölnische Volkszeitung.)
Düffeldorf, 5. Sept. Am heutigen Nachmittage hatte in
dem Locale der Gesellschaft „Constantia" (einer dem „Neuen
Bürgerverein" zu Köln in ihrer Tendenz entsprechenden Gesell-
schaft) eine Vorversammlung stattgefunden, welche von dem Herrn
Pfarrer Heggen aus Erkrath und Caplan Schi n as aus Aachen
veranlaßt worden war. Der Zweck dieser Besprechung, an
welcher etwa dreißig Mitglieder der Versammlung Theil nahmen,
ging dahin, die Bildung einer speciellen Abtheilung für die sociale
Frage bei der General-Versammlung anzuregen. An den Debatten
nahmen außer den genannten beiden Herren die Herren Lehrer
Becker aus Elberfeld, der den Vorsitz führte, Niedermayer aus
Frankfurt, Majunke aus Breslau, Pleß aus Elberfeld, Branden
bürg aus Lendersdorf rc. Antheil. Der Vorschlag wurde einstim-
mig angenommen. Es fand im Uebrigen ein Meinungsaustausch
nach verschiedenen Richtungen hin statt; unter anderm wurde die
Ansicht ausgesprochen, daß um eins christliche Richtung der socialen
Wissenschaften anzubahnen, es nöthig fein werde, zunächst einen
Fond zusammenzuschießen, um einen oder mehrere Geistliche, welche
die sociale Frage sich zur Lebensaufgabe machen, in den Stand
zu setzen, die verschiedenen praktischen Versuche, die Arbeitsfrage
zu ordnen, in Berlin, Kuchen, Hagendorn, Chur rc. an Ort und
Stelle zu studiren, ehe man zur definitiven Bildung eines socialen
Vereins auf christlicher Grundlage übergehen könne.
Bis heute Abend sind schon über 1200 Mitglieder der Ver-
sammlung eingeschrieben, so daß es bereits an Wohnungen zu
mangeln beginnt. Wir nennen unter den bis jetzt eingetroffenen
Gästen die Herren Bischöfe Baudri von Köln, Meurin von Bom-
bay, Prof. Sepp von München, Prof. Dr. Marx aus Trier, Dom-
capitular Heinrich und Regens Moufang aus Mainz, Graf Bran-
dts aus Linz, Fürst Löwenstein-Werthheim aus Heubach, Prinz
Dom Miguel ve Braganza aus Heubach, Fürst Isenburg, die
Grafen Cajus Stolberg, Droste-Erbdroste, Droste-Vischering, sieben
Grafen Galen, drei Grafen Spee, Graf Hoensbroech, Frhr. W. v.
Ketteler, v. Los-Wissen, v. Schaesberg, v. Steinlein, Frhr. v.
Scyornlemer-Alst, Frhr. Fel. v. Los, Adv. Adams von Coblenz,
Adv. Lingens von Aachen, Jakob Lindau aus Heidelberg, Graf
Apponyi aus Preßburg, die Schriftsteller Dr. Hülskamp, Holz-
warth, Ebeling, Niedermayer, Majunke rc. So wird die Versamm-
lung an Zahl und Bedeutung der Persönlichkeiten mindestens hin-
ter keiner der frühern zurückstehen.

Düffeldorf, 6. Sept.
Der heute Morgen um zehn Uhr eröffneten ersten ge-
schlossenen Generalversammlung, welcher ein vom Hrn.
Bischöfe Dr. Baudri gehaltenes feierliches Hochamt in der St.
Max-Pfarrkirche vorhergegangen war^ wohnte außer dem Herrn
Weihbischofe von Köln auch der Bischof von Bombay, Herr Meu-
rin bei. Durch das örtliche Comitö wurde Fürst Löwenstein
zum Präsidenten vorgefchlagen, der mit kurzen Dankesworten die-
ses Amt annahm und den Herrn Weihbischof von Köln um Er-
theilung des bischöflichen Segens ersuchte.
Der Herr Weihbifchof, Dr. Baudri, ertheilte nach kurzen
einleitenden Worten, worin er hervorhob, wie oft er schon „das
Glück und die Freude gehabt habe, den kathol. General-Versamm-
lungen beizuwohnen", der Versammlung den oberhirtlichen Segen,
den dieselbe kniend entgegennahm.
Der Präsident theilte darauf mit, daß er zu Vicepräsi-
denten Hrn. Director Dr. Kiesel und Frhrn. v. Schorlemer-Alst;
zu Schriftführern Capl. Brockhoff, Adv.-Anwalt Schiedges, Dr.
Hülskamp und Dr. jur. Lieber aus Camberg ernannt habe. Zu
Mitgliedern des Bureau's aus dem Schooße des örtlichen
Comits's sind gewählt die Herren Graf Spee, Rsgierungs-Schul-
rath Dreps und Adv.-Anw. Euler. Das Präsidium ernannte dann
zu Vorsitzenden der Ausschüsse folgende Herren: Domvicar
Schroeder aus Paderborn für Missionen, Prof. Dr. Marx aus
Trier für Charitas, Prof. Karl Müller aus Düsseldorf für Kunst,
Dir. Dr. Kiesel für Wissenschaft und Presse uno Regens Dr. Mou-
fang aus Mainz (Vertreter Hr. Domcapitular Heinrich) für For-
malien. DasComits hat es als nützlich erkannt, für die sociale
Frage einen eigenen sechsten Ausschuß zu bilden, da dieselbe in
keine der bisher bestehenden einzureihen ist, und Frhr. v. Schorle-
mer-Alst zum Vorsitzenden desselben zu ernennen. Dieser Vorschlag
wurde von der Versammlung mit Einstimmigkeit angenommen.
Als Secretär des permanenten Central-Comits's der kathol.
Generalversammlung berichtete vr. Hülskamp über die Thätigkeit
des Comits's seit der vorigjährigen Gen.-Vers.in Bamberg. Er theilte
mit, wie Fürst Löwenstein zum Präsidenten, Frhr. Felix v. Los zum
Vicepräsidenten, er selbst zum Secretär, und zu Mitgliedern die Hrn.
Graf Brandts, Advocat Freytag, Stadtpfarrer Ibach und Frhr.
v. Wambolt ernannt worden sind. Das Comits hat seine dritte
Berathung vorgestern und gestern hier in Düsseldorf gehalten.
Ein Bericht des Frhrn. v. Los über die in der Organisation zu
treffenden Aenderungen hat unter den Mitgliedern circulirt, und
es hat sich daraus ergeben, daß sowohl eine statutarische Verbin-
dung aller katholischen Vereine als ihre Verschmelzung in einer
einzigen großen Organisation, wie auch eine losere Verbindung
ohne Statuten überall mit den staatlichen Vereinsgesetzen in Col-
lision kommen würde. Demgemäß hatte man sich darauf beschränkt,

Netvyork, 2. Sept. (Republikanische Tortur.) Sam Hilde-
brand ist einer der berüchtigsten Räuber in Amerika, ein moderner Cartouche,
der 80 Menschen mit eigener Hand getödtet haben soll. Kein Wunder, daß
der Eiser den auf seinen Kopf ausgesetzten ansehnlichen Preis zu gewinnen,
ein sehr großer war, um so mehr, als auch noch der durch den letzten Bürger-
krieg erzeugte Haß hinzu kam, der bei jeder Veranlassung in gewissen Gegen-
den des Südostens immer von Neuem entbrennt. Daß dieser politische Haß
ein gewichtiger Factor bei der Verfolgurg Sam Hildebrand's war, beweist u.
A. die Erscheinung, daß z. B. in Washington unter der Herrschaft politischer
Sympathien der Sheriff Breckenridge, ein fanatischer Feind Hildebrands, nicht
im Stande war, einen einzigen Freiwilligen zur Verfolgung Hildebrands zu
gewinnen, Ueber den Verfolgungsftreifzug Col. Bowen's entnehmen wir dem
„Anzeiger des Westens" nachstehenden interessanten Bericht, der auch bezeugt,
welche Mittel die amerikanische Polizei anwendet. Am 20. brach Oberst Bowen
mit 10 Mann von dem Aufgebot des Sheriffs und den Polizisten Mc. Queen,
Schulster nnd Watson von St. Louis, zur Verfolgung von Hildebrand auf.
Um 10 Uhr Abends, an demselben Tage kamen sie in dem Hause eines gewis-
sen Hill an, eines loyalen Mannes, welcher verschiedene Unbilden von Hilde-
brand erlitten haben soll. Sie rasteten da bis 3 Uhr Morgens und marschir-
ten dann nach dem Hause von Hildebrand's Schwester, wo sich der Mörder
aushalten sollte. Bald nach Tagesanbruch erfuhren sie jedoch, daß er zwei
Stunden vor ihrer Ankunft sich entfernt habe. Die Familie weigerte sich An-
fangs hartnäckig, irgend welche Auskunft zu geben, und erst als sie die Dro-
hung ausstießen, zwei der jüngsten Knaben zu hängen, verrieth der kleinste
derselben, ein achtjähriges Kind das Geheimniß. Er erzählte, sein Onkel sei
zwei Tage dort gewesen, und seine Mutter habe ihm die Wunden verbunden.
Am Abend des 22. verhaftete die Expedition Wm. Harris, den Schwager Hilde-
brands. Derselbe hatte früher im 10. Missouri - Cavallerie - Regiment unter
Oberü Bowen gedient. Außer ihm wurde noch ein Mann Namens Casy und

ein dritter Namens Dunham verhaftet. Sie standen alle im Verdacht, an
viele Personen in jener Gegend Botschaften von Hildebrand ausgerichtet zu
haben, wenn auch nicht freiwillig, doch durch Drohungen gezwungen, Hilde-
brand hatte sich seit dem Ende des Krieges durch einschüchternde Drohungen
viele loyalen Bürger dienstbar zu machen gewußt. Bowen versuchte zuerst,
durch Bestechungen, dann durch Drohungen Geständnisse aus seinen Gefange-
nen herauszupressen, und als er damit nicht zum Ziele kam, ließ er sie hän-
gen. Nachdem sie eine Weile gehangen hatten und ihnen die Kehlen säst zu-
geschnürt waren, erklärten sie sich bereit, ein Geständniß abzulegen. Bowen
erfuhr von ihnen, daß Hildebrand in einer Höhle am Big River, auf dem Be-
sitzthum des Hrn. Wesley Murphy, lebe, etwa eine halbe Meile von seinem
früheren Wohnsitz. Dunham gestand, daß er den Befehlen Hildebrand's aus
Furcht, er würde ihn im Falftder Weigerung umbringen, Folge geleistet habe.
Harris theilte mit, daß er vor zwei Tagen ein Stück Speck und etwas Korn-
brod in Hildebrand's Höhle gebracht habe, und daß die Lebensmittel von der
Spitze des Felsens mit einem Stricke nach der Mündung der Höhle hinunter-
gelassen werden mußten. Die Gefangenen wurden in Haft gehalten und als
Führer benutzt. Am Morgen des 23. wurde die Höhle aufgesucht, in welcher
der Mörder verborgen sein sollte. Die Expedition brach um 2 Uhr Morgens
auf. Zwei Mann wurden beordert, auf dem Gipfel der Anhöhe entlang zu
gehen, bis zu einem Punkt, wo man ihnen sagen würde, daß die Mündung
der Höhle zu sehen sei. Die übrigen Leute marschirten iu der Niederung fort,
in der Absicht, von dort aus die Anhöhe hinaufzuklettern. Die Niederung war
mit dichtem Walde bedeckt und ein düsteres Schweigen herrschte in dieser ein-
samen Gegend. Die Expedition kam endlich in der Nähe der Höhle an. Die
überhängenden Klippen ragten gegen 300 Fuß über dem Flusse empor. Die
Mündung der Höhle befand sich etwa 200 Fuß über der Thalsohle und 100
Fuß unter dem Gipfel der Anhöhe.
(Schluß wlgt.)
 
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